Birte Pauls zu TOP 32: Pflegeberuf aufwerten - ohne wahltaktische Manöver!
Es gilt das gesprochene Wort! Kiel, 16. September 2011TOP 32, Berufsordnung für Pflegeberufe (Drucksache 17/993 und 17/1725)Birte Pauls:Pflegeberuf aufwerten – ohne wahltaktische Manöver!Viele von Ihnen denken jetzt wahrscheinlich „Oh, schon wieder Pflege". Ich will Sie auch nicht mit den Statistiken langweilen, wie viele Millionen Pflegebedürftige wir in Zukunft haben werden und wie viele hunderttausende Pflegefachkräfte dann fehlen. Ich hoffe, die Dramatik ist allen bekannt. Obwohl ich mir da nicht immer sicher bin. Die regierungstragenden Fraktionen haben bisher jedenfalls wenig getan. Sie lehnen eher alle Anträge, die eine Verbesserung der Pflegesituation zum Ziel haben, ab. So auch diesen zur Berufsordnung.Wir haben eine Anhörung durchgeführt. Die vielen Stellungnahmen ergaben eine durchweg positive Bewertung für unseren Vorstoß. Uns geht es nicht darum, die Pflege mit noch mehr Kontrollinstanzen und Bürokratie zu belasten; ganz und gar nicht. Wir wollen da ja reduzieren, aber die entsprechenden Anträge zum Bürokratieabbau in der Pflege haben CDU und FDP gerade erst abgelehnt.Uns geht es darum, den Pflegeberuf aufzuwerten. Andere akademische Heilberufe haben selbstverständlich seit Jahrzehnten erlassene Berufsordnungen. Die Fachverbände der Pflegeberufe erhoffen sich durch eine Berufsordnung, dass die Qualität der beruflichen Tätigkeit und damit auch die Qualität der Pflege gefördert wird, ethische Standards festgelegt werden und helfen, die Sicherheit für die Patienten zu erhöhen.Eine Berufsordnung in Schleswig-Holstein fördert ergänzend die Vernetzung und Adaption der Pflegeprofession an den europäischen Standard. Nach Artikel 22 Buchstabe b der Richtlinie 2005/36/EG über die Anerkennung von Berufsqualifikationen besteht für Gesundheits- und Krankenpflegerinnen / Gesundheits- und Krankenpfleger sowie für Hebammen / Entbindungspfleger eine Fortbildungspflicht. Diese Fortbildungspflicht und deren Nachweis gilt 2es nun umzusetzen, auch wir müssen ihr nachkommen. Eine Berufsordnung wird unter den Fachleuten als ein geeignetes Instrument gesehen, den Anforderungen dieser EU-Richtlinie nachzukommen.Die Anforderungen an die Berufsangehörigen der Pflegeberufe werden insbesondere aufgrund der demografischen Entwicklung sowie der medizinischen und pflegewissenschaftlichen Erkenntnisse immer größer. Eine Berufsordnung ist daher ein geeignetes Instrument zur deutlichen Aufwertung und gesellschaftlicher Anerkennung der Pflegeberufe. Ein Faktor der Unzufriedenheit im Beruf ist auch die mangelnde Anerkennung durch die Gesellschaft. Ich meine nicht das freundliche Danke von Patienten oder Angehörigen, sondern hier geht es um die Anerkennung des Pflegeberufs auf Augenhöhe mit anderen Heilberufen.Daher kann die Berufsordnung ein Baustein zur Attraktivitätssteigerung der Gesundheits- und Pflegeberufe sein. Allerdings nur einer von vielen, die noch bewegt werden müssen.Pflege braucht auch Solidarität. Nett, dass Frau Klahn nach einem vierwöchigen bedauernswerten Aufenthalt in einer Klinik meint, ein besseres Verständnis für die Pflegesituation zu haben als die Pflegenden selber, aber trotzdem gegen jegliche Verbesserungsvorschläge stimmt. Frau Sassen scheint es zwar verstanden zu haben, beschränkt sich dann aber doch auf das, was der Minister möchte. Merkwürdig auch die Grünen, die unseren Antrag zwar unterstützt haben, aber jetzt, nachdem durch die Anhörung die Stellungnahmen auf dem Tisch liegen, in einer Veranstaltung fragen wollen, ob die Berufsordnung der richtige Weg ist. Da macht man sich echt mal vorher schlau. So wie wir es mit den Fachverbänden rechtzeitig getan haben, bevor wir diesen Antrag auf den Weg gebracht haben.Ich muss gestehen, ich war fassungslos, dass Minister Dr. Garg sich vor dem demonstrierenden Krankhauspersonal am 26. August hinstellt und ihnen vorschlägt, sie sollten lieber in München demonstrieren als hier. Kein Wort des Verständnisses für ihre schwierige Arbeitssituation! Und vor allem keine Entscheidungen, die ihren schwierigen Beruf attraktiver machen können. Und was haben Sie getönt, was Sie alles für die Pflege machen wollten! Eigentlich finde ich es sehr unpassend, Familien ins Plenum zu ziehen. Aber Sie hätten wirklich mal lieber auf Ihre von Ihnen selbst viel zitierte Mutter hören sollen!Aber erst jetzt, nach zweieinhalb Jahren und so kurz vor der Wahl, rufen Sie, Herr Minister Garg, mal kurzfristig einen Beirat ein, der pünktlich zur Wahl Ergebnisse für die Sicherstellung der Gesundheits- und Pflegeversorgung in Schleswig-Holstein vorlegen soll. Ein Schelm, der Böses dabei denkt. 3Ich finde es immer gut, Fachleute sektoren- und parteiübergreifend an einen Tisch zu holen. Und bedanke mich schon mal im Voraus bei allen Beteiligten, die daran mitwirken. Apotheker, Ärzte, Zahnärzte, private Einrichtungen, Krankenkassen usw. sind im erlauchten Kreis. Aber die Pflegefachkräfte sind nur minimal beteiligt. Das ist also Ihre Form der Wertschätzung. Das ist wirklich das allerletzte was Pflege gebrauchen kann, so eine durchsichtige Wahltaktik. Wir haben hier eine gesamtgesellschaftliche, fraktionsübergreifende Aufgabe zu erledigen und keine Veräppelung.Herr Minister, Sie haben im Sozialausschuss gesagt, „Berufsordnung und Pflegekammer sind zu diesem Zeitpunkt viel zu früh“. Ich sage Ihnen, es ist schon reichlich spät!