Ellen Streitbörger zu TOP 40: Landesweite Umsetzung von Inklusion in den Schulen
Jannine Menger-Hamilton Rede von Ellen Streitbörger zu TOP 40: Landesweite Pressesprecherin Umsetzung von Inklusion in der Schule DIE LINKE Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag 339/2011 Düsternbrooker Weg 70 24105 Kiel Es gilt das gesprochene Wort. Telefon: 0431 / 9 88 16 02 Telefax: 0431 / 9 88 16 18 Mobil: 0160 / 90 55 65 09Kiel, 16. September 2011 presse@linke.ltsh.de www. linksfraktion-sh.deEllen Streitbörger zu TOP 40: Landesweite Umsetzung von Inklusion in den Schulen„Herr Präsident, meine Damen und Herren,Auch ich möchte mich bei den MitarbeiterInnen des Ministeriums für die Erstellung des Berichtes zur Umsetzung von Inklusion an unseren Schulen bedanken. Sicherlich hat der Bericht einiges an Arbeit gekostet und er gibt uns einen guten Überblick über die Entwicklung und den Stand der Integration an unseren Schulen.Ganz grundsätzlich denke ich aber: am Thema vorbei. Und das liegt nicht an den VerfasserInnen des Berichts. Die ganze Debatte um die Inklusion bei uns im Land erinnert mich an die alte Werbekampagne „Raider heißt jetzt Twix“.Es reicht nicht hin, alle Bemühungen aufzuzählen, die unter dem Namen „Integration“ gelaufen sind oder laufen, und denen jetzt das neue Etikett „Inklusion“ aufzukleben. Integration und Inklusion sind nicht einfach umetikettierbar. Beide Ansätze gehen von ganz unterschiedlichen Überlegungen aus.Der integrative Ansatz erkennt die Ausgrenzung bestimmter Gruppen und ist bestrebt, die Ausgegrenzten zu integrieren. Inklusion beschreibt das Recht aller auf gleichberechtigte Teilhabe an Bildung und allen anderen gesellschaftlichen Prozessen.Und daraus ergibt sich in logischer Konsequenz, dass es eine „Teil-Inklusion“ nicht geben kann. Und ein Satz wie: es ... „werden schon 53,8 Prozent aller Schülerinnen und Schüler inklusiv … beschult“, ist ein Widerspruch in sich. Inklusion ist eben mehr als nur eine nette neue Idee. Es ist geltendes Recht.Durch die Ratifizierung der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen haben wir es uns zur Pflicht gemacht, ein inklusives Bildungssystem - und das auf allen Ebenen - aufzubauen. Ich bin mir nicht sicher, ob unsere Landesregierung die Dringlichkeit dieser Verpflichtung verstanden hat. Diese und alle weiteren Presseinformationen der Fraktion DIE LINKE finden Sie auf http://www.linksfraktion-sh.de Auch sehe ich die Situation bei uns im Land nicht so euphorisch, wie sie der Bericht des Ministeriums darstellt. Wenn nach den Zahlen des Berichts 53,8 Prozent der Schülerinnen und Schüler „inklusiv“ beschult werden, dann heißt das eben auch, dass immer noch 46,2 Prozent der Schülerinnen und Schüler mit Behinderungen ausgegrenzt sind. Da kann von inklusiver Beschulung nicht die Rede sein.Ich habe viele Jahre lang mit Unterstützung von Kolleginnen und Kollegen der Förderschule integrativ an meiner Grundschule gearbeitet, deshalb weiß ich sehr genau, welche großen Probleme es bei der Integration zu bewältigen gab und immer noch gibt.Die zugewiesenen Stunden der Förderschul-KollegInnen waren immer zu wenig und im Winterhalbjahr verringerten sie sich durch Krankheitsvertretungen noch weiter.Fortbildungsveranstaltungen waren für den Einzelfall wenig hilfreich, so dass die Integration für die meisten Grundschul-KollegInnen „learning by doing“ war und einen erheblichen zusätzlichen Zeitaufwand bedeutete. Ob da jetzt ein Modul zur Inklusion in der 2. Phase der LehrerInnenausbildung zu einer deutlichen Qualitätssteigerung beiträgt, wage ich zu bezweifeln.Am meisten verwundert hat mich aber, dass der Bericht zu der Einschätzung kommt, „dass sich die inklusive Beschulung im Rahmen der vorhandenen Ressourcen verwirklichen lässt“. Den Regelschulen sind gerade Ressourcen weggekürzt worden und weitere Streichungen von Lehrerstellen stehen zum nächsten Schuljahr bevor.Schon jetzt fallen Förder- und Differenzierungsstunden weg, die Klassen sind viel zu groß, um die einzelne Schülerin und den einzelnen Schüler ihren bzw. seinen Fähigkeiten entsprechend zu fördern und es gibt jede Menge Unterrichtsausfall an allen Schularten. Und da soll Inklusion ohne zusätzliche personelle Ressourcen umgesetzt werden können?Ein weiteres großes Problem ist, dass es kaum Schulen in Schleswig-Holstein gibt, die barrierefrei gebaut sind. Selbst die im Bericht als „inklusive Schule mit Vorbildcharakter“ beschriebene Geschwister-Prenski-Schule in Lübeck ist nicht barrierefrei.Der Bericht macht uns im Wesentlichen deutlich, wie viel noch zu tun ist, um das Ziel Inklusion bei uns im Land zu erreichen. Umso dringlicher ist daher auch die Forderung, dass uns das Bildungsministerium endlich ein Gesamtkonzept für die Umsetzung der Inklusion im Sinne der Behindertenrechtskonvention an unseren Schulen vorlegt. Einzelne Projekte und Runde Tische sind da zu wenig! Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.“ Diese und alle weiteren Presseinformationen der Fraktion DIE LINKE finden Sie auf http://www.linksfraktion-sh.de