Detlef Buder zu TOP 24: Eine Reform des öffentlichen Dienstrechts ist dringend geboten
Es gilt das gesprochene Wort! Kiel, 16. September 2011TOP 24, Streikrecht neu gestalten – Anerkennung europäischer Rechtssprechung (Drucksache 17/1776)Detlef Buder:Eine Reform des öffentlichen Dienstrechts ist dringend gebotenNach dem Warnstreik vom 03. Juni 2010 hat das Bildungsministerium gegen rund 2.000 Lehrkräfte Disziplinarverfahren eingeleitet. Es hat sich damals sehr weit aus dem Fenster gelehnt und erklärt, es gehe davon aus, dass „angesichts der Rechtswidrigkeit des Streiks gerichtliche Verfahren zugunsten des Landes entschieden werden und damit kostenfrei sind“.Wenn irgendetwas in diesen Tagen unklar ist, ist es die tatsächliche Rechtslage. Bundesweit jagt ein Urteil das nächste. Die Verwaltungsgerichte in Düsseldorf und in Kassel kamen zu dem Ergebnis, dass die Gewährung des Streikrechts aufgrund des dienstlichen Status als Angestellter oder als Beamter kein angemessenes Kriterium sein könne, weil im Lehrerbereich beide dieselbe Tätigkeit erfüllen. Demgegenüber hat das Verwaltungsgericht Osnabrück festgestellt, dass der Kernbestand des Grundgesetzes eine solche Unterscheidung sehr wohl rechtfertige.Selbstverständlich sind diese ganzen Verfahren jetzt bei den Oberverwaltungsgerichten und danach vermutlich auch bei den zuständigen Verfassungsgerichten anhängig; die GEW Schleswig-Holstein hat bereits angekündigt, notfalls bis zum Europäischen Menschenrechtsgerichtshof zu ziehen. Aber auch die GEW hat ihre ursprüngliche 2Rechtsaufassung mittlerweile geändert und für die Inhaber von Funktionsstellen die Klagen gegen die Disziplinarmaßnahmen mangels Erfolgsaussicht zurückgezogen.In dieser ganzen Auseinandersetzung haben wir dem Minister dringend geraten, sich auf seine eigenen Maßstäbe zu besinnen, mit denen er noch im Frühjahr 2009 seiner sozialdemokratischen Amtsvorgängerin nahe gelegt hatte, auf jede Form von vorbeugender Rechtsbelehrung zu verzichten.Und falls Sie nicht wissen, welcher Tätigkeit Sie nachgehen sollen oder wollen, bemühen Sie sich lieber darum, dass Deutschland und Schleswig-Holstein nicht auf Dauer so blamabel abschneiden wie im jüngsten OECD-Jahresbericht mit nur 4,8 % Bildungsausgaben vom Bruttoinlandsprodukt. Also: Stemmen Sie sich mit Ihrem ganzen politischen Gewicht gegen weitere Kürzungen im Bildungsbereich, die Sie hier so probat verteidigen!Die rechtliche Auseinandersetzung um den Warnstreik zeigt, dass das öffentliche Dienstrecht in Deutschland antiquiert und nicht europatauglich ist. Man kommt ja schon ins Schleudern, wenn man Ausländern auf Englisch den Unterschied zwischen Beamten und Angestellten im öffentlichen Dienst erklären soll. Es gehört zu den Versäumnissen der Bundesregierungen, gleich welcher Koalitionszusammensetzung, noch immer keinen Vorstoß unternommen zu haben, um diese historisch gewachsene Unterscheidung, die inhaltlich immer obsoleter wird, endlich zu überwinden.Diese Frage werden wir aber auf Länderebene nicht lösen können. Der Versuch der Regierung Simonis, den Angestelltenstatus im Lehrerberuf durchzusetzen, musste scheitern, weil man in den anderen Bundesländern zu träge war, diese Frage endlich anzugehen.Wir haben als Landtag aber nicht die Kompetenz, anstelle von Gerichten und Verfassungsgerichtshöfen über die Vereinbarkeit von deutschem Recht mit europäischem Recht zu urteilen. Wir sind kein Organ der Normenkontrolle. Wir sind aus diesem Grund bereit, den Punkten 4 und 5 des Antrages der Linken zuzustimmen. Dabei ist aus unserer Sicht der wichtigste Punkt, dass die Teilnahme an den Aktionen vom 3. Juni 2010 für niemanden einen Karriereknick bedeuten darf. Ein, wenn auch befristeter, Beförderungsausschluss wäre eine sehr viel schwerwiegendere Maßnahme als die Verweise und moderaten Geldbußen, die 3das Ministerium bisher verhängt hat, wobei sich der Minister dennoch an seinen eigenen Worten messen lassen muss, auch wenn sie aus Ihrer damaligen Oppositionsrolle heraus gesprochen wurden.Eine Reform des öffentlichen Dienstrechtes in Deutschland sollte wieder auf die Agenda der Politik im Bund und in den Ländern gesetzt werden.Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit und hoffe auf Besserung.