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16.09.11
12:47 Uhr
SSW

Anke Spoorendonk zu TOP 24 - Streikrecht neu gestalten

Presseinformation Kiel, den 16. September 2011 Es gilt das gesprochene Wort



Anke Spoorendonk

TOP 24 Streikrecht neu gestalten Drs. 17/1704

Der Europäische Menschenrechtsgerichtshof hat in zwei Entscheidungen in den Jahren 2008
und 2009 festgestellt, dass das Streikrecht nicht für den öffentlichen Dienst insgesamt
eingeschränkt werden dürfe, sondern nur für bestimmte Gruppen. Zudem ist eine
Unterscheidung zwischen Beamten und sonstigen Angestellten des öffentlichen Dienstes
unzulässig, da sie häufig dieselbe Arbeit machen, heißt es weiter.


Das Verwaltungsgericht Kassel sieht das genauso und hat kürzlich eine Klage einer Lehrerin in
Sachen Streikrecht positiv beschieden. Nur Beamten mit hoheitlichen Aufgaben darf nach
Auffassung des Gerichts das Menschenrecht auf Streik verwehrt werden. Allen anderen darf es
nicht versagt werden. Das ist auch der Kern des vorliegenden Antrags.


Das Beamtenrecht ist schon lange nicht mehr sakrosankt in Stein gehauen, sondern ist bereits
im Zuge der Föderalismusreform gründlich überarbeitet worden. Dieser Prozess ist aber längst
nicht abgeschlossen. Dass jetzt über die europäische Ebene diese Modernisierung
vorangetrieben wird, ist ausdrücklich zu begrüßen. Das Berufsbeamtentum als Institution ist in 2
Deutschland so tief verwurzelt, dass aus Berlin oder den Bundesländern keine ernsthaften
Bestrebungen zu erwarten sind, den Beamtenstatus zu verändern.


Wir sollten uns allerdings nicht auf den Weg der Modernisierung des Beamtenrechts
beschränken, sondern bereits vorher tätig werden und mittelfristig Beamte ausschließlich in
hoheitlichen Bereichen einsetzen, also die Zahl der Beamten reduzieren. Beamten sollten die
Ausnahme bleiben und nicht die Regel. In allen nicht-hoheitlichen Bereichen reichen
Angestellte zur Aufgabenerfüllung völlig aus. Der Einwand, dass durch die Schulpflicht der
Unterricht gewährleistet werden muss und das ginge nun einmal nur durch ein faktisches
Streikverbot der Lehrerinnen und Lehrer, hat bereits das Kassler Gericht verworfen. Lehrkräfte
müssen nicht zwangsläufig Beamte sein, was dem Land auch noch enorme Pensionskosten
sparen würde.


Der Antrag der Linken enthält konkret auch die Forderung, alle laufenden Disziplinarverfahren
gegen die am Bildungsstreik beteiligten Lehrerinnen und Lehrer einzustellen - mit allen damit
zusammenhängenden Rechten hinsichtlich möglicher Beförderungen oder der Übernahme von
Leitungspositionen.


Bei aller Sympathie für diese Perspektive wird die Aufforderung ins Leere laufen, wenn nicht
Vorab geklärt ist, wie weiter mit dem Kasseler Urteil verfahren wird. Denn fest steht, dass der
Beamtenbund kein Interesse daran hat, dass die Grenzen zwischen Angestellten und Beamten
weiter verwischt werden. Dort verweist man interessanter Weise darauf, dass laut
Bundesverfassungsgericht die Menschenrechtskonvention in der deutschen Rechtsordnung
wie ein einfaches Gesetz zu behandeln sei und damit unter der Ebene der Verfassung stehe.


Dennoch steht für den SSW fest, dass die hier in diesem Hause vorgetragene Meinung des
Bildungsministeriums zum Streikrecht verbeamteter Lehrkräfte nicht einfach stehen bleiben
kann. Diese Position ist längst nicht mehr in Beton gegossen. Das ist der entscheidende Punkt.