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15.09.11
15:16 Uhr
SPD

Serpil Midyatli zu TOP 38: Präventive Angebote fördern, nicht abbauen

Es gilt das gesprochene Wort!
Kiel, 15. September 2011



TOP 38, Verfassungsschutzbericht 2010 (Drucksache 17/1494)



Serpil Midyatli:

Präventive Angebote fördern, nicht abbauen


Auch ich möchte mich im Namen der SPD-Fraktion für den Verfassungsschutzbericht 2010 bedanken. Ich möchte mich bei meiner Rede auf die beiden Schwerpunkte Rechtextremismus und Islamismus beschränken, da sie doch einen erheblichen Anteil in dem uns vorliegenden Bericht enthalten.
Demnach ist im letzten Jahr die Zahl der Rechtsextremisten sowie der rechtsextremistischen Aktionen und Straftaten zurückgegangen. Auch rückläufig war die öffentliche Präsenz des Rechtsextremismus. Die NPD befindet sich auch in Schleswig-Holstein weiter im Niedergang und hat außerhalb des rechtsextremen Spektrums keinen politischen Einfluss.
Ein Grund zur Freude? Nein. Denn die rechtsextremistische Szene in Schleswig-Holstein befindet sich im Wandel. Feste Strukturen von sog. Kameradschaften oder Bindungen von Skinheads und Neonazis an die NPD werden durch rechtsautonome Aktionsgruppen ersetzt, die zahlenmäßig zwar schwächer, dafür aber radikaler und gewaltbereiter auftraten. Hinzu kommen gewaltbereite Einzelpersonen, die aktionistisch ausgerichtet sind und mit ihrer Gefolgschaft provozierend bis zu aggressiv in Erscheinung treten wie beispielsweise diverse Mitglieder von 2



selbsternannten „Aktionsgruppen“, die zuletzt bei der Kundgebung zum 1. Mai in Husum ein Feld der Verwüstung und Schrecken hinterlassen haben.
Den größten Zulauf erhalten die sog. Aktionsgruppen in der Altersgruppe von 16-25-Jährigen. Daher ist es zwingend notwendig die präventiven Angebote für junge Menschen nicht abzubauen, sondern weiterhin zu fördern. Denn jeder Zentimeter öffentlichen Raums, den wir in der Jugendsozialarbeit räumen, ist eine Einladung an politische und auch religiöse Extremisten jeder Couleur, diese Lücke auszufüllen. Und sie nutzen ihre Chance! Daher ist es zwingend notwendig die Jugendtreffs, die Mädchentreffs aber auch die Schulsozialarbeit, auch im ländlichen Raum, zu unterstützen und nicht weiter abzubauen.
Die vitale Zivilgesellschaft des Landes stellt dem Rechtsextremismus selbst eine Menge entgegen, daher konnte es Extremisten bislang nirgends gelingen, Dominanz auszuüben. Allen Organisationen, die sich gegen rechte Gewalt und Rechtsextremismus einsetzen und Tag für Tag Zivilcourage zeigen, möchte ich mich Namen der SPD-Fraktion bedanken. Auch der Landeskoordinierungsstelle gegen Rechtsextremismus gilt unser Dank. Seit Ende 2009 gibt es diese kompetente Beratungsstelle, wo sich Bürgerinnen und Bürger, aber auch Institutionen direkt an das Team wenden können, wenn sie sich aufgrund rechtsextremer, fremdenfeindlicher oder antisemitischer Vorfälle bedroht fühlen.
Einen weiteren Schwerpunkt in dem Bericht nimmt der Islamismus ein. Der 11. September hat die Welt und die Sichtweise der Menschen auf den Islam verändert. Der Islamismus ist zu einer ernstzunehmenden Gefahr auch für uns in Deutschland geworden. Die Erkenntnisse des Verfassungsschutzes aus dem Jahr 2010 machen die derzeitige Bedrohung durch den islamischen Terrorismus auch in unserem Land deutlich.
Den Ursprung hat der Islamismus in einer extremistischen Auslegung des Islams, die von der weitgehenden Mehrheit der Moslems abgelehnt wird. Dies erkennt auch der Verfassungsschutz, wenn im Bericht steht: „Islamismus als Form des politischen Extremismus ist zunächst klar von der Religion des Islam selbst zu unterscheiden. Der Islam sowie die gläubigen Muslime und ihre Religionsausübung stehen in keiner Weise im Fokus der Beobachtung und sind für den Verfassungsschutz auch nicht relevant.“ 3



Jedoch sieht die Realität in Politik und Bevölkerung anders aus. Man darf heute über kleine Kopftuchmädchen sprechen – stärker als bislang wird die Integrationsdebatte auf den Islam reduziert. So ist es auch kein Zufall, dass islamfeindliche Einstellungen deutlich zugenommen haben. 58,4% waren der Meinung, dass die Religionsausübung für Muslime erheblich eingeschränkt werden sollte. Ich finde dieses bedenklich, denn Artikel 4 des Grundgesetzes garantiert die Glaubens- und Gewissensfreiheit. Und genau das ist es, was uns Demokraten von den Extremisten unterscheidet: die Wahrung der Grundrechte der Menschen. Dies dürfen wir nicht preisgeben, dann haben die Extremisten ihr Ziel erreicht.
Meine Fraktion und ich treten hier aber für eine sehr kritische Auseinandersetzung mit dem Thema religiöser Extremismus und ethnische Parallelgesellschaften ein. Die Freiheiten des Grundgesetzes und unserer Gesellschaft dürfen auch nicht dazu missbraucht werden, unter ihrem Schutz Intoleranz, Selbstjustiz, Gewalt gegen Frauen und ein mittelalterliches Gesellschaftsmodell anzuwenden oder zu predigen. Demokratie, Menschenwürde und Rechtsstaatlichkeit gelten für alle, aber verpflichten auch alle!