Ralf Stegner zu TOP 18: Für ein Europa der Menschen, nicht der Märkte!
Es gilt das gesprochene Wort! Kiel, 15. September 2011TOP 18: Antrag „Eine verantwortliche Finanzpolitik für ein starkes Europa“Ralf Stegner:Für ein Europa der Menschen, nicht der Märkte!In der Debatte zu TOP 18 („Eine verantwortliche Finanzpolitik für ein starkes Europa“) führte der Vorsitzende der SPD-Landtagsfraktion, Dr. Ralf Stegner, aus:Europa ist insbesondere für uns Deutsche von elementarer Bedeutung. Wir haben von der Gemeinschaft immer profitiert, wir haben durch sie dauerhaften Frieden, Freiheit und Wohlstand erfahren. Dies gilt es zu bewahren und gegen zerstörerische Kräfte zu schützen. Von dieser Seite wird immer wieder kritisiert, Deutschland sei der „Zahlmeister Europas“. Doch Zahlen und Fakten sprechen ein anderes Bild: Nach den Angaben der Kreditanstalt für Wiederaufbau wuchs die deutsche Wirtschaft in den vergangenen beiden Jahren zwei bis 2,5 Prozentpunkte schneller, als das mit einer eigenen Währung möglich gewesen wäre. Das entspricht einem Vorteil von rund 50 bis 60 Mrd. Euro. Deutschland ist Export-Weltmeister, aber der Großteil der Ausfuhren geht in Länder der EU. Deutschland ist selbst in der Krise Profiteur der Europäischen Union.Europa ist eine ungeheure Erfolgsgeschichte, und das ist das Verdienst der Menschen, die sich dafür eingesetzt und es aufgebaut haben, aus einer Vielfalt von Kulturen und Völkern eine starke Gemeinschaft gemacht haben. Doch die europäische Idee ist bedroht – aber nicht durch Griechenland. In Griechenland leben die Menschen nicht über ihre Verhältnisse! Es sind vielmehr Finanzjongleure und Marktradikale, die auf Kosten der Allgemeinheit zocken und spekulieren. Dafür setzen sie alles daran, dafür zu sorgen, dass die Märkte die Politik bestimmen und eine demokratiegefährdende Alternativlosigkeit propagiert wird. Wir können aber gegensteuern und haben es in der Finanzkrise gezeigt. Die Konjunkturpakete, die unter den Ministern Steinmeier und Steinbrück aufgelegt wurden und die Arbeitsmarktpolitik von Olaf 2Scholz haben gezeigt, dass der Staat diese Probleme lösen kann. Die „freien“ Märkte dagegen verschärfen die Krise, sie sind das Problem. Leider tragen die schwachen Regierungen der großen europäischen Volkswirtschaften von Merkel bis Berlusconi nicht dazu bei, die Europa- Krise zu lösen. Wobei insbesondere CSU und FDP offenkundig den überparteilichen Konsens aufgekündigt haben, für die europäische Idee zu werben, und mit ihren populistischen Parolen die Zukunft des Euroraums und die Zukunft Europas gefährden.Europa ist aber auch bedroht durch Europapopulisten wie die FDP, die den Menschen Angst machen und mit Vorurteilen und Ressentiments arbeiten. Europa ist bedroht durch die in den letzten Jahren gewachsene Rechtsentwicklung im politischen Raum, die wieder verstärkt auf Abschottung, Abgrenzung und nationalistische Alleingänge setzt. Wir haben die Hoffnung, dass es hier bei den heute stattfindenden Parlamentswahlen in Dänemark wie in Norwegen zu einer Korrektur kommt und in der Folge auch rechtspopulistische Parteien in anderen Ländern in ihre Schranken verwiesen werden.Was können wir tun? Wir brauchen eine gemeinsame europäische Politik für die Menschen, nicht für die Märkte. Wir brauchen konkrete Handlungsoptionen, einen Masterplan, wenn schon keinen Marshallplan. Wir setzen auf ein soziales Europa, in dem nicht die Finanzmärkte die Politik bestimmen, sondern die Bürgerinnen und Bürger, und in dem der Primat der Politik gilt. Wir setzen auf eine Wirtschafts- und Finanzpolitik, die bei der Konsolidierung öffentlicher Haushalte nicht einseitig auf Einsparungen setzt, sondern auch neue Möglichkeiten für nachhaltiges Wirtschaftswachstum und Einnahmeverbesserungen schafft. Privatisierungen und die Parole „Löhne runter“ sind keine Lösung.Wir brauchen vielmehr Programme zur Förderung von Ausbildung, zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit, für die Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen sowie für den Ausbau von Arbeitnehmerrechten. So können wir die europäische Gemeinschaft auf neue stabile Grundpfeiler stellen.Ich halte gemeinschaftlich verbürgte Staatsanleihen in der Eurozone – Eurobonds - für richtig und notwendig. Flankierend sind aber eine effektive Finanzaufsicht, die Einführung einer Finanztransaktionssteuer, damit die beteiligt werden, die die Krise ausgelöst haben, und die stärkere Regulierung der Finanzmärkte zwingend erforderlich:Die SPD hat schon in ihrem Heidelberger Programm von 1925 eine wegweisende Europa- und Friedenspolitik gefordert und sich für die die Bildung der Vereinigten Staaten von Europa eingesetzt – für Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität der Völker, für eine gemeinsame 3Wirtschaftspolitik, die den Menschen nützt und nicht den Kapitalinteressen. Diese Werte sind auch heute noch richtig und gültig.