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02.09.11
11:35 Uhr
Linke

Björn Thoroe zum Streikrecht verbeamteter Lehrkräfte: "Klug muss Disziplinarverfahren konsequenzlos einstellen."

Jannine Menger-Hamilton Presseinformation Pressesprecherin
DIE LINKE Fraktion im Schleswig-Holsteinischen 312/2011 Landtag Düsternbrooker Weg 70 24105 Kiel
Telefon: 0431 / 9 88 16 02 Kiel, 2. September 2011 Telefax: 0431 / 9 88 16 18 Mobil: 0160 / 90 55 65 09
presse@linke.ltsh.de
www. linksfraktion-sh.de


Björn Thoroe zum Streikrecht verbeamteter Lehrkräfte: „klug muss Disziplinarverfahren kon- sequenzlos einstellen.“
Kiel. DIE LINKE im Schleswig-Holsteinischen Landtag erneuert ihre Forderung, die laufenden Dis- ziplinarverfahren gegen Lehrerinnen und Lehrer einzustellen, die an den Bildungsprotesten im Juni 2010 teilgenommen hatten. Das Streikrecht müsse dringend an die europäischen Richtlinien angepasst werden. Hintergrund ist das aktuelle Urteil des Verwaltungsgerichts Kassel, in dem verbeamteten Lehrerinnen und Lehrern erneut das Streikrecht zugesprochen wurde.
„Die Urteile von Düsseldorf und Kassel bestätigen unsere Ansicht, dass die Rechtsauffassung des Bildungsministeriums gegen Artikel 11 der Europäischen Menschenrechtskonvention verstößt. Es ist höchste Zeit, dass auch Bildungsminister Klug das einsieht und die Disziplinarverfahren ein- stellt. Der Gedanke ist unerträglich, dass der berufliche Werdegang junger Lehrkräfte behindert wird, weil sie sich für bessere Bedingungen in der Schule engagieren“, erklärt Björn Thoroe, Mitg- lied der LINKEN Landtagsfraktion. „Obwohl ihnen Konsequenzen angedroht worden waren, sind sie gegen den Bildungsnotstand auf die Straße gegangen. Das spricht nicht gegen, sondern für ihre Eignung als gute Vorbilder und starke Pädagogen.“
Sowohl der Verwaltungsrat der ILO als auch der UN-Menschenrechtsausschuss kritisierten seit mehr als zehn Jahren, dass verbamtete Lehrkräfte in Deutschland daran gehindert werden, ihre Kollektivrechte wahrzunehmen.
„Herr Klug hat jetzt die Wahl, die Empfehlungen der Vereinten Nationen ernst zu nehmen und die Disziplinarverfahren einzustellen, oder abzuwarten, bis in Straßburg festgestellt wird, dass er Unrecht hatte. Er würde sich und den betroffenen Lehrkräften einiges ersparen, wenn er jetzt selbst zu einer richtigen Einsicht käme“, so Thoroe abschließend.

Diese und alle weiteren Presseinformationen der Fraktion DIE LINKE finden Sie auf http://www.linksfraktion-sh.de DIE LINKE hat einen entsprechenden Antrag (Drs. 1776) in die Septembersitzung des Landtages eingebracht, der die Rechtssicherheit und die Achtung internationaler Abkommen zum Ziel hat.
Der Antrag im Wortlaut:
Streikrecht neu gestalten - Anerkennung eurpäischer Rechtssprechung
1. Der Landtag stellt fest, dass die aktuellen Bestimmungen zum Streikverbot für Beamtin- nen und Beamte dem internationalen Abkommen der ILO (Nr. 87 und Nr. 98) widerspre- chen. Auf Grundlage dieser widersprüchlichen Gesetzeslage werden derzeit die Diszipli- narverfahren gegen die am Streik vom 03.06.2010 beteiligten LehrerInnen begründet. Die Landesregierung wird aufgefordert sich für eine Bundesratsinitiative einzusetzen, um die bereits 1996 vom Verwaltungsrat der ILO und dem UN-Menschenrechtsausschuss fest- gestellte Verletzung des Übereinkommens Nr. 98 zu beheben. 2. Die Landesregierung wird aufgefordert, durch diese Bundesratsinitiative weiterhin auf ei- ne Änderung des Grundgesetzes hinzuwirken, die das Ziel verfolgt, die in Artikel 9 Abs. 3 garantierte Koalitionsfreiheit, welche das Streikrecht einschließt, auf alle Beamtengrup- pen auszudehnen, die nicht zum Sicherheitsbereich zählen. Damit wird ein Rechtszustand geschaffen, der die deutsche Rechtsordnung mit der Europäischen Menschenrechtskon- vention in Übereinstimmung bringt. 3. Für den Übergangszeitraum bis zur Herstellung dieses rechtlichen Zustandes wird die Landesregierung aufgefordert, durch eine öffentliche Erklärung gegenüber den schleswig- holsteinischen Beamtinnen und Beamten zu verlautbaren, dass diese, sofern sie nicht zum Sicherheitsbereich gehören, entsprechend der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg, keine Sanktionen zu befürchten haben, wenn sie von ihrem Streikrecht Gebrauch machen. 4. Die Landesregierung wird aufgefordert, die laufenden Disziplinarverfahren gegen die am Streik beteiligten LehrerInnen einzustellen. 5. Für alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Streiks muss gelten, dass die Befähigung für eine Leistungsposition bzw. eine Beförderung nicht aufgrund eines nach ILO Richtlinien rechtmäßigen Streiks abgesprochen werden darf.


Begründung:
Das Bundesverfassungsgericht sieht im Berufsbeamtentum eine „Institution, die, gegründet auf Sachwissen, fachliche Leistung und loyale Pflichterfüllung, eine stabile Verwaltung sichert und damit einen ausgleichenden Faktor gegenüber den das Staatsleben gestaltenden politischen Kräften darstellen soll“.
Die gegenseitige Treue- und Pflichtenbindung gilt als Argument gegen Verhandlungs- und Streik- rechte von Beamtinnen und Beamten. Wenn sich Beamtinnen und Beamte auf die Treue- und Diese und alle weiteren Presseinformationen der Fraktion DIE LINKE finden Sie auf http://www.linksfraktion-sh.de Fürsorgepflicht ihrer Dienstherren – wie in den letzten Jahren deutlich wurde – nur noch einge- schränkt oder gar nicht mehr verlassen können, dann müssen im gleichen Maße die Kollektiv- rechte der Beamtinnen und Beamten ausgebaut werden.
Sowohl der Verwaltungsrat der ILO, als auch der UN-Menschenrechtsausschuss äußern seit 1996 Bedenken gegen das umfassende Streikverbot für Beamtinnen und Beamten in der Bundesre- publik. Artikel 11 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) schützt das Streikrecht als Menschenrecht und der garantierten Koalitionsfreiheit. Dieser Artikel schließt auch das Recht ein, sich in Gewerkschaften zu organisieren und sich aktiv darin zu engagieren.
In den Bemerkungen des Ausschusses für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte der Ver- einten Nationen vom Mai 2011 wird erneut kritisiert, dass „die Einschränkung der Gewerk- schaftstätigkeit […] über die nach Artikel 8(2) des Pakts [E/C.12/DEU/5] zulässige Einschränkung hinausgeht.
Im europäischen Vergleich nimmt die Bundesrepublik bei der Umsetzung kollektiver Rechte von Beamtinnen und Beamten einen der letzten Plätze ein.
Der Streik vom 03.06.2010 wurde als Notwendigkeit gesehen, weiteren Verschlechterungen im Bildungsbereich im Allgemeinen und der Arbeitsbedingungen für Lehrkräfte im Speziellen entge- genzuwirken. Dieses Mittel der kollektiven Arbeitsniederlegung darf Beamtinnen und Beamten, soweit sie nicht zum Sicherheitsbereich gehören, deshalb nicht vorenthalten werden.
Im Hinblick auf die laufenden Disziplinarverfahren in Schleswig-Holstein ist es deshalb dringend notwendig den bundesgesetzlichen Rahmen umgehend anzupassen.
Björn Thoroe
und Fraktion



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