Wolfgang Baasch zu TOP 46: Verbesserungsbedarf beim Service von Dienstleistungsangeboten
Es gilt das gesprochene Wort! Kiel, 26. August 2011TOP 46, Tätigkeitsbericht 2010 der Bürgerbeauftragten für soziale Angelegenheiten (Drucksache 17/1380)Wolfgang Baasch: Verbesserungsbedarf beim Service von DienstleistungsangebotenDer Tätigkeitsbericht 2010 der Bürgerbeauftragten für soziale Angelegenheiten macht deutlich, dass auch im vorliegenden Berichtszeitraum wieder zahlreiche Bürgerinnen und Bürger von ihrem Recht Gebrauch gemacht haben, sich mit Wünschen, Anliegen, Vorschlägen und Problemen an die Bürgerbeauftragte zu wenden.Die Bürgerbeauftragte des Landes Schleswig-Holstein, Birgit Wille, und ihr Team stehen für Bürgernähe und ein auf Kooperation ausgerichtetes Service- und Dienstleistungsangebot des Staates. Die Vermittlungsaufgabe, die dabei die Bürgerbeauftragte einnimmt, wird durch die hohe Zahl der positiv abgearbeiteten Eingaben belegt. Mit über 88 % positiv erledigter Eingaben, in denen Verwaltungsentscheidungen verändert worden sind oder aber die Bürgerinnen und Bürger durch Auskunft und Beratung Hilfe und Unterstützung bekommen haben, zeigt die Bürgerbeauftragte die hohe Leistungsfähigkeit ihrer kleinen, aber sehr effektiven Behörde.Frau Wille, Ihnen und Ihrem Team auch in diesem Jahr ein herzliches Dankeschön für die geleistete Arbeit!Über 3.600 Eingaben bei der Bürgerbeauftragten bedeutet, dass an anderer Stelle beim Service von Dienstleistungsangeboten noch erheblicher Verbesserungsbedarf besteht. Bescheide und Erläuterungen sind nach wie vor zu unverständlich und kompliziert und viele Veränderungen in der Sozialgesetzgebung sind auch mit heißer Nadel gestrickt worden, so dass sie dann eine Masse an Interpretationen zulassen. Dieses gehört leider immer noch dazu, so dass auch die Klagen bei den Sozialgerichten steigen und wir auch heute noch nicht von einer einheitlichen, überall gleichen Sozialgesetzgebung und Auslegung der Sozialgesetze sprechen können. 2So schildert die Bürgerbeauftragte in ihrem Bericht auf den Seiten 16 – 18 unter der Überschrift „Kosten für Unterkunft und Heizung im Rahmen des SGB II“, dass das Ministerium für Arbeit, Soziales und Gesundheit seiner Rechtsaufsicht nur ungenügend nachkommt. Verwundert ist die Bürgerbeauftragte darüber, dass die Landesregierung, das heißt das MASG, nicht endlich mit einer internen Weisung zu grundlegenden Fragen bei der Gewährung von Leistungen für Unterkunft und Heizung eingreift. Denn eine Musterweisung, in der grundlegende Fragen geregelt werden und die sich auf ermittelte Richtwerte bezieht, könnte auch dazu führen, dass Bescheide Bestand vor den Sozialgerichten haben und Sozialgerichte damit auf Dauer entlastet werden. Ein Punkt, der für mehr Rechtsklarheit sorgen würde und vielleicht auch dem Justizminister der Landesregierung gefallen dürfte.Ein weiterer Punkt, in dem die Untätigkeit der Landesregierung aufgeführt wird, ist die Rücknahme der 85 %-Regelung im Kindertagesstättengesetz. Im Landtag haben wir im September 2009 beschlossen, die Landesregierung möge diesen Passus aus dem Kindertagesstättengesetz streichen – hier ist nichts passiert. Genauso wenig im Übrigen wie mit dem Beschluss, eine landeseinheitliche Sozialstaffelregelung für Kindertageseinrichtungen zu erarbeiten. Auch hier wird deutlich, selbst wenn man nichts tut, vergrößert man den Bedarf von Menschen an Beratung und Unterstützung, weil sie bestehende Ungerechtigkeiten oder Entscheidungen nicht akzeptieren können. Mit der beitragsfreien Kita würden sich übrigens viele Probleme automatisch erledigen.120.000 Kinder und Jugendliche in Schleswig-Holstein sollten mit dem Bildungs- und Teilhabepaket direkt und unbürokratisch unterstützt werden. Mittagsverpflegungen für Schülerinnen und Schüler und Kinder in Kindertagesstätten sollten damit ebenso finanziert werden wie Teilhabeleistungen durch Beiträge für Sportvereine, Musikschulen oder Jugendfreizeiten. Bisher haben etwa 30 % der antragsberechtigten Kinder und Jugendlichen bzw. ihre Eltern entsprechende Unterstützungsleistungen nach dem Bildungs- und Teilhabepaket beantragt. Das heißt, auch hier besteht noch viel Luft, um Menschen zu motivieren, ihr gutes Recht auf finanzielle Leistungen zur Unterstützung ihrer Kinder und Jugendlichen in Anspruch zu nehmen. Aber auch hier sind seitens der Landesregierung nur gelegentliche Appelle zu hören. Dabei bräuchten wir konstruktive Ansätze wie zum Beispiel in Nordfriesland. Dort ist es möglich, die Teilhabeleistungen in Gutscheinen anzusparen, um diese dann zum Beispiel für eine Ferienfreizeit einzusetzen. Oder der schon oft beschriebene Lübecker Bildungsfonds, mit dem Kinder und Jugendliche ohne großen bürokratischen Prüf- und Abwicklungsaufwand Unterstützungsleistung erhalten. Aber auch hier keine Anstrengungen seitens der Landesregierung, für eine erfolgreiche Umsetzung des Bildungs- und Teilhabepaketes zu werben. 3Einen letzen Punkt des Berichts der Bürgerbeauftragten im Bereich Kinder- und Jugendhilfe auf Seite 78 möchte ich noch aufgreifen. Dort wird beschrieben, dass es erst eines Verwaltungsgerichts bedurfte, um einer behinderten Schülerin die Teilnahme an einer Klassenfahrt zu ermöglichen. Das Jugendamt hatte die Begleitung des Integrationshelfers abgelehnt und wollte diese Kosten für die Schülerin nicht übernehmen. Diese Schülerin hätte dann nicht an der Klassenfahrt teilnehmen können - in Zeiten von Inklusion undenkbar. Und das Urteil ist eine Ohrfeige, in diesem Fall für das Kreisjugendamt, das sich hier so stur gestellt hat. Es ist aber auch ein Beispiel für die gute und intensive Arbeit der Bürgerbeauftragten, die hier gezielte Unterstützungsleistung, Hilfe und Beratung erbracht hat.