Rede von Uli Schippels: "HSH Nordbank - die gescheiterte Privatisierung."
Jannine Menger-Hamilton Rede von Uli Schippels zu TOP 35: PUA HSH Nordbank Pressesprecherin305/2011 DIE LINKE Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag Es gilt das gesprochene Wort. Düsternbrooker Weg 70 24105 Kiel Kiel, 26. August 2011 Telefon: 0431 / 9 88 16 02 Telefax: 0431 / 9 88 16 18 Mobil: 0160 / 90 55 65 09 presse@linke.ltsh.de www. linksfraktion-sh.deUli Schippels: „HSH Nordbank – die gescheiterte Privatisierung.“„Herr Präsident, meine Damen und Herren,mehrere Wochen haben wir im Untersuchungsausschuss verschiedene Vorstandsmitglieder und Aufsichtsratsmitglieder, unter anderem Heide Simonis, befragt, wie hoch die geplante Eigenkapi- talrendite der HSH Nordbank denn gewesen sei. Fast alle Befragten sprachen von circa 15 Pro- zent.Warum ist dies so wichtig? Weil die Höhe der Eigenkapitalrendite ein Indikator dafür ist, wie ris- kant die Geschäfte gewesen sind, die die Bank eingegangen ist beziehungsweise eingehen muss- te. Das ist ähnlich wie im normalen Leben. Hohe Renditen gibt es nur mit hohem Risiko. Und wer hohe Eigenkapitalrenditen anstrebt, der muss auch ein hohes Risiko eingehen.Wir wissen alle, dass die HSH Nordbank ein zu hohes Risiko eingegangen ist. So hoch, dass sie verstärkt auf das Kreditersatzgeschäft gesetzt hat. Das waren circa 15 Prozent des Geschäftsvo- lumens. Und damit ist sie auf die Nase gefallen. Sie ist nicht nur auf die Nase gefallen, ohne die Staatshilfen des Landes würde es die Bank heute nicht mehr geben.Im Lauf der Untersuchung stellte sich heraus, dass die 15 Prozent nicht das Ende der Fahnen- stange gewesen sind. Nein, die Bank hatte ganz anderes vor. Dies können wir ganz öffentlich im Protokoll der Sitzung des Finanzausschusses von 2003 nachlesen. Die Sitzung fand bezeichnender Weise in Luxemburg statt. Hier wurde nicht von 15 Prozent Rendite geredet, nicht von 16 Pro- zent, sondern von 17 Prozent. Ganz öffentlich, ohne jegliche Kritik. Anwesend waren damals un- ter anderem Monika Heinold und Herrn Kubicki.Niemand thematisierte damals, dass eine solche Ausrichtung der Bank auch Probleme nach sich ziehen könnte. Acht Jahre später erinnert sich niemand mehr daran. Diese und alle weiteren Presseinformationen der Fraktion DIE LINKE finden Sie auf http://www.linksfraktion-sh.de Das Scheitern der HSH Nordbank hängt ursächlich mit den zu hohen Profit-Zielen zusammen. Das ist eine Erkenntnis des Untersuchungsausschusses. Wer ist dafür verantwortlich? Die Politik.Es war die politische Entscheidung der Landesregierungen, die HSH Nordbank neu auszurichten. In Schleswig-Holstein war es Rot-Grün, sekundiert von der CDU. In Hamburg der CDU-geführte Senat. Sie haben gemeinsam entschieden, die neu gegründete HSH Nordbank auf den internatio- nalen Finanzsektor auszurichten. Sie sind gemeinsam gescheitert.Die Entscheidung 2003 war eine falsche Entscheidung: Es wurde mit der Privatisierung der Lan- desbank die Quadratur des Kreises versucht.Das alte Modell der Landesbank basierte auf dem sogenannten Ownership-Support. Das Land garantierte für die Bank und dadurch konnte die Bank auf den Kapitalmärkten billig Geld auf- nehmen. Billig, da es kein Risiko für den Schuldner gab, das Geld nicht wieder zurück zu erhalten.Mit Wegfall von Gewährträgerhaftung und Anstaltslast gingen die politischen Verantwortlichen davon aus, dass dieses Modell nicht mehr tragfähig sei. Ein fataler Fehler. Denn das Rating war nicht von der Konstruktion der Gewährträgerhaftung abhängig, es reichte das Bekenntnis des Ei- gentümers, des Landes, um ein gutes Rating zu erhalten.Hamburg und Schleswig-Holstein entschieden sich für den internationalen Finanzmarkt und bete- ten das Goldene Kalb an. Das neue Geschäftsmodell hieß „hohe Eigenkapitalrendite“. Kapital- marktfähigkeit, Börsenfähigkeit. Es waren übrigens auch mehr als 17 Prozent Rendite im Ge- spräch.Hohe Eigenkapitalrendite heißt hohes Wagnis. Der Grundstein für den Absturz in der Finanzkrise war gelegt. Und die Wagnisse waren wirklich hoch: Es wurden in Verbriefungen gebündelte Kre- dite mittelloser Amerikaner erworben. Mit Goldman-Sachs wurde eine Wette darauf abgeschlos- sen, dass Lehman-Brothers in Konkurs geht.Welch ein Irrsinn, was hat das mit seriöser Finanzwirtschaft zu tun: Niemand konnte mir bisher sagen, was das mit den Aufgaben einer Bank zu tun hat, die zu einem großen Teil der öffentli- chen Hand gehört?Dann wurde die Bank schlecht geführt. Die Prüfungsgesellschaft KPMG hat der Bank attestiert, dass sie keine „geschäftsfeldübergreifende Organisation“ hatte. Auf Deutsch: Jeder und jede Ein- heit hat vor sich her gewirtschaftet, der Blick fürs Ganze ging verloren. Diese und alle weiteren Presseinformationen der Fraktion DIE LINKE finden Sie auf http://www.linksfraktion-sh.de Die viel zu späte Erkenntnis über diese Prozessschwächen führte zu den RWA- Entlastungstransaktionen, die der Bank teuer zu stehen kamen. Omega ist hier als Beispiel zu nennen.Die Bank wurde schlecht geführt, sie hat die Fusion zweier Landesbanken in kurzer Zeit nicht ver- kraftet. Und sie hat auch die Umstellung von einer Landesbank beziehungsweise von zwei Lan- desbanken auf einen Global Player in der Finanzwelt nicht geschafft. Im Bereich der Marktfolge, die als Sicherungsnetz die Arbeit derjenigen, die die Geschäfte der Bank machen, kontrollieren, wurde gespart. Das Verhältnis war letztlich 1: 4. Und laut Vorstellung der Bank sollte im Markt- folgebereich noch mehr Personal abgebaut werden. Zumindest bis die Krise kam.Der Zustand der Bank im Jahr 2007 war desolat. Dazu kam dann noch die Nichtbesetzung des wichtigen Kapitalmarktvorstandes. Seit 2005 ein Trauerspiel, auch die M1-Leiter gingen.So lief die Bank quasi blind in die Krise, als anderen längst schon klar war, dass ein großes Unwet- ter aus Amerika heraufzieht. Und unser Finanzminister glaubt offensichtlich bis heute, dass die Bank gut aufgestellt war.Der Rest der Geschichte ist bekannt. Es kam zur Havarie der Schönwetterbank, als sie in schwere See geriet.Wer trägt die Schuld daran?Erstens: Diejenigen, die die HSH Nordbank auf die Reise geschickt haben. Die Entscheidung 2003, die Landesbanken zu fusionieren und auf den Finanzmärkten mitzuspielen, war falsch.Zweitens: Selbstverständlich ist der „alte“ Vorstand der HSH Nordbank verantwortlich für den Fast-Bankrott der Bank. „Kein Vorstand handelt sorgfältig, wenn er Risiken für sein Unternehmen eingeht, die, wenn sie sich verwirklichen, zum Untergang des Unternehmens führen.“Deshalb teilen wir auch nicht die Position von Freshfield zur Ressortverantwortlichkeit. Der Vor- stand der HSH Nordbank ist fast komplett ausgewechselt worden. Eben weil der Vorstand die Verantwortung trägt. Zur besonderen Verantwortung von Prof. Nonnenmacher, der ja erst spä- ter eingestiegen ist, nur so viel: Er trägt unserer Meinung nach Mitverantwortung bei den teuren RWA-Entlastungstransaktionen, im Fall Prevent und auch im Fall Omega 55 (ganz speziell).Drittens: Auch der Aufsichtsrat und seine Gremien haben versagt. Die Bank ging ohne Finanzvor- stand 2007 in die Krise. Das liegt in der Verantwortung des Aufsichtsrates. Herr Stegner hat die Veränderungen im Kreditersatzgeschäft während seiner Zeit im Aufsichtsrat nicht erkannt. Diese und alle weiteren Presseinformationen der Fraktion DIE LINKE finden Sie auf http://www.linksfraktion-sh.de Herr Wiegard hat 2008 nur an 2 von 7 Sitzungen des Risikoausschusses teilgenommen. Es ist wohl auch kein Zufall, dass er nicht mehr für die HSH Nordbank zuständig ist.Viertens: Es ist ein riesiger Schaden für das Land entstanden. Die Politik, allen voran Finanzminis- ter Wiegard, aber auch Jost de Jager, behaupten immer noch, wir hätten bei der HSH Nordbank keinen Cent draufgezahlt. Der Hamburger Rechnungshof hat eine Rechnung für Hamburg aufges- tellt, demnach hat Hamburg 1,9 Milliarden Euro in der HSH Nordbank versenkt. Übertragen auf Schleswig-Holstein kommen wir zu einem Wertverlust in Höhe von 1,7 Milliarden Euro auf die Beteiligung des Landes.Fünftens: Diese Politik, die Privatisierung der Bank, ist gescheitert. Nach der Erfüllung der neues- ten Vorgaben aus Brüssel wird die Bank zu über 40 Prozent dem Land Schleswig-Holstein gehö- ren. 2003 waren es unter 20 Prozent.Sechstens: Der Ausschuss hat in seiner Mehrheit beschlossen, zu empfehlen, dass das Land sich von seinen Anteilen an der HSH Nordbank trennen solle.Das ist in unseren Augen mehr als fahrlässig. Wer aus der Geschichte nicht lernt, ist dazu ver- dammt, sie zu wiederholen. Die Bank ist fast gesunken, weil das Land sich von seinen Anteilen trennen wollte. Wie war am Ende, weil der Kurs auf Richtung internationale Finanzmärkte ge- setzt worden ist.Wir wollen einen anderen Weg gehen: Unserer Meinung nach muss die Bank jetzt wetterfest gemacht werden. Die Turbulenzen auf den Finanzmärkten halten an, die Bank ist noch lange nicht im ruhigen Fahrwasser. Wichtig für die Stützung der Bank ist unserer Meinung nach, dass das Land als Miteigentümer zu ihrer Bank steht und die Privatisierungsfantasien endlich beendet. Hamburg macht es uns vor. Lassen wir die Bank und Hamburg nicht im Regen stehen.“ Diese und alle weiteren Presseinformationen der Fraktion DIE LINKE finden Sie auf http://www.linksfraktion-sh.de