Der Vorsitzende des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses zur HSH Nordbank Wilfried Wengler zu TOP 35
100/2011 Kiel, 26. August 2011Der Vorsitzende des Parlamentarischen Untersuchungsausschus- ses zur HSH Nordbank Wilfried Wengler zu TOP 35Kiel (SHL) – „Der Untersuchungsausschuss hatte den Auftrag, die Fehlentwicklungen bei der HSH Nordbank seit ihrer Gründung im Jahr 2003 bis zum Herbst 2009 und in diesem Zusammenhang das Handeln und die Verantwortlichkeit des Bankvorstands und der Mit- glieder der Landesregierung im Aufsichtsrat zu untersuchen und darüber hinaus dem Par- lament Vorschläge für die Ausgestaltung seiner Kontroll- und Informationsmöglichkeiten in der Zukunft zu unterbreiten.Der vorgelegte Abschlussbericht zeichnet die Entwicklung der HSH Nordbank vom Som- mer 2003 bis zum Herbst 2009 detailliert nach. Er benennt die vielschichtigen Gründe, weshalb eine grundlegende strategische Neuausrichtung der HSH Nordbank notwendig wurde und der Fortbestand der Bank durch eine Garantieerklärung des Landes Schles- wig-Holstein in Milliardenhöhe gesichert werden musste.Der Bericht zeigt weiter auf, in welchem Umfang die Mitglieder der Schleswig- Holsteinischen Landesregierung in den Gremien der Bank Kenntnis von den Ereignissen hatten und wie sie darauf reagiert haben. Der Untersuchungsausschuss konnte – unter Wahrung des Bankgeheimnisses und anderer schutzwürdiger Belange der Beteiligten – die Ereignisse in der HSH Nordbank und die Ursachen für ihre Fehlentwicklung seit dem Jahr 2003 in rechtsstaatlicher Weise untersuchen.Der Untersuchungsausschuss kann dem Landtag einen auf eigenen Ermittlungen und Erkenntnissen beruhenden, umfassenden Bericht über die Entwicklung der HSH Nord- bank vorlegen – und zugleich die Öffentlichkeit über seine Ergebnisse weit reichend in- formieren. Schleswig-Holsteinischer Landtag, Postfach 7121, 24171 Kiel ▪ Carsten Maltzan, pressesprecher@landtag.ltsh.de, Tel. 0431 988-1120; Fax 0431 988-1130 ▪ www.sh-landtag.de → Presseticker 2Trotz des außerordentlichen Umfangs des Untersuchungsverfahrens, den komplexen bankfachlichen Fragen und der Vielzahl der dazu vernommenen Zeugen und geprüften Unterlagen, konnte das Untersuchungsverfahren zügig und unter Wahrung der Rechte aller Beteiligten abgeschlossen werden.Die Fraktionen stimmen im Ergebnis darin überein, dass• die Funktion des Aufsichtsratsvorsitzenden zukünftig von einem Vertreter des Hauptaktionärs wahrgenommen wird (wobei die SPD und die Linke zudem die Rückkehr von Mitgliedern der Landesregierung bzw. der zuständigen Fachminister (Linke) in den Aufsichtsrat fordern)• das Land darauf hinwirkt, dass in den Satzungen der Gesellschaften, an denen es beteiligt ist, Qualifikationsanforderungen für Aufsichtsratsmitglieder festgeschrieben wer- den, die den Anforderungen der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht entspre- chen. Eine verpflichtende Teilnahme der Vertreterinnen und Vertreter in Aufsichtsräten an Qualifikations- und Fortbildungsmaßnahmen ist nicht notwendig. Alternativ regt der Aus- schuss an, die Geschäftsführer des HSH Finanzfonds AöR in den Aufsichtsrat der HSH Nordbank zu entsenden.• die Landesregierung eine Bundesratsinitiative zur Änderung des § 315 HGB tätigt.• eine Klausel in die Arbeitsverträge der Bank mit ihren Vorständen eingefügt wird, die es erlaubt, in einer wirtschaftlichen Krisensituation deren Vergütungen (einschließlich Gratifikationen, Pensionen und sonstiger geldwerter Leistungen) zu kürzen.• die vom Land gehaltenen Aktien an der HSH Nordbank so zügig und werthaltig wie möglich veräußert werden sollen und der damit erzielte Erlös zum Abbau des Schul- denberges des Landes verwendet werden soll. Dabei sind selbstverständlich die Belange der Belegschaft am Standort Kiel zu berücksichtigen.In der Zeit vom 09.11.2009 bis zum 15.08.2011 ist der Untersuchungsausschuss zu ins- gesamt 76 Sitzungen zusammengekommen, davon handelte es sich um 32 Sitzungen, die der Beweisaufnahme dienten und 44 Beratungssitzungen. Die Sitzungen fanden an insgesamt 50 Sitzungstagen statt. Während die Beratungssitzungen des Untersuchungs- ausschusses grundsätzlich nicht öffentlich waren, konnte der wesentliche Teil der Be- weisaufnahmesitzungen öffentlich durchgeführt werden. Lediglich von rund 12% der auf die Beweisaufnahme entfallenen Sitzungszeit musste der Ausschuss die Öffentlichkeit von der Beweisaufnahme zum Schutz von Rechten Dritter ausschließen. Der Untersu- chungsausschuss hat insgesamt 27 Auskunftspersonen vernommen und in erheblichem Umfang Schriftstücke von der HSH Nordbank und der Landesregierung beigezogen und 3ausgewertet. Das Aktenverzeichnis des Untersuchungsausschusses umfasste am Schluss 172 laufende Nummern.Der Untersuchungsausschuss hat nahezu alle von der HSH Nordbank und der Landesre- gierung angeforderten Schriftstücke, Protokolle und sonstige Urkunden erhalten. Die HSH Nordbank hat im Ergebnis lediglich die Herausgabe der Arbeitsverträge und Vergütungs- vereinbarungen mit den Vorstandsmitgliedern an den Ausschuss unter Hinweis auf das dadurch berührte Recht auf informationelle Selbstbestimmung der betroffenen Vor- standsmitglieder verweigert, was der Ausschuss auch akzeptiert hat. Deshalb konnte der Ausschuss zu der Frage 4.9 (Welche Abfindungszahlungen, Halteprämien, Pensionsleis- tungen oder sonstigen Sondervergütungen oder –zahlungen wurden zu welchem Zeit- punkt welchen Mitgliedern des Vorstands vertraglich eingeräumt?) – mangels Herausga- be der entsprechenden Verträge durch die HSH Nordbank – nur rudimentäre Erkenntnis- se gewinnen, die zudem auch nur teilweise veröffentlich werden dürfen.Der Untersuchungsausschuss konnte lediglich 8 Auskunftspersonen nicht vernehmen, weil das – mit Blick auf die schwebenden Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Hamburg - umfassende Aussageverweigerungsrecht dieser Personen zu respektieren war. Der Un- tersuchungsausschuss schloss seine Beweisaufnahme, die am 22. Februar 2010 mit der Vernehmung der KPMG-Prüfer begonnen hatte, am 10. Juni 2011 mit der Einführung der letzten relevanten Schriftstücke, ab. Die Dauer der Beweisaufnahme belief sich damit auf knapp 17 Monate.Obwohl der Untersuchungsausschuss weit reichenden gesetzlichen Beschränkungen zur Wahrung der Geheimschutzbelange unterlag, konnte der Ausschuss – im Einvernehmen insbesondere mit der HSH Nordbank aber auch der Landesregierung – den weitaus überwiegenden Teil seiner Feststellungen und Erkenntnisse veröffentlichen. Das Ergebnis ist der öffentliche Abschlussbericht, den der Ausschuss in seiner letzten Sitzung am 15.08.2011 festgestellt hat und der als Drucksache 17/1675 dem Landtag vorliegt.Um dem Landtag auch die weiterhin geheimhaltungsbedürftigen Tatsachen zur Kenntnis zu geben, hat der Ausschuss zudem eine nicht öffentliche Darstellung seiner Feststellun- gen beschlossen, die den Mitgliedern des Landtages als gesonderte Drucksache 17/1676 ebenfalls zur Kenntnis gegeben worden ist. Der Kern des Berichts sind die Darstellungen der getroffenen Feststellungen (Teil II) und die Bewertungen (Teil III). Die Darstellung im Teil II orientiert sich an den insgesamt 77 Einzelfragen des Einsetzungsbeschlusses des Landtages, zu denen – bis auf wenige Ausnahmen – Feststellungen getroffen werden konnten. Die weiterhin geheimhaltungsbedürftigen Feststellungen konnten aus rechtlichen Gründen in dem öffentlichen Abschlussbericht nicht dargestellt werden, worauf an den entsprechenden Stellen hingewiesen wird. 4Weiterhin geheimhaltungsbedürftig und nicht im öffentlichen Abschlussbericht dargestellt sind eine Reihe von Feststellungen, die Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse der HSH Nordbank betreffen, sowie die aus den Kabinettsprotokollen der Landesregierung gewon- nenen Erkenntnisse. Die dargestellten Feststellungen sind in großem Umfang einver- nehmlich getroffen worden. Zu einigen Fragen haben die Fraktionen der SPD, Bündnis 90/ Die Grünen, Die Linke und des SSW von ihrem Recht Gebrauch gemacht, ihre abwei- chenden Feststellungen in Sondervoten darzustellen. Auch die Schlussfolgerungen für künftige Regelungen und Verfahren im 7. Komplex des Untersuchungsauftrags sind weit- gehend einvernehmlich getroffen worden.Die Fraktionen sind während der Beratungen des Abschlussberichts übereingekommen, jeweils eigene Bewertungen der getroffenen Feststellungen und der Ergebnisse des Ver- fahrens vorzunehmen. Diese Bewertungen bilden den Teil III. des Abschlussberichts.Abschließend möchte ich der HSH Nordbank und der Landesregierung meinen Dank aussprechen für eine nahezu reibungslose Zuarbeit durch die Bereitstellung der angefor- derten Unterlagen. Mein Dank gilt ebenfalls den beteiligten Kollegen und ihren Mitarbei- tern in den Fraktionen für eine äußerst konstruktive Zusammenarbeit. Mein letzter, aber nicht minderer Dank gilt meinen Geschäftsführern und ihren Mitarbeitern für ihre ausge- zeichnete Unterstützung.Ich bitte den Landtag, den Abschlussbericht zur Kenntnis zu nehmen und den Untersu- chungsauftrag für erledigt zu erklären.“