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25.08.11
10:37 Uhr
B 90/Grüne

Robert Habeck zum Ausbau der A 20

Presseinformation

Landtagsfraktion Schleswig-Holstein Es gilt das gesprochene Wort Pressesprecherin Claudia Jacob TOP 18 – Ausbau der A 20 Landeshaus Düsternbrooker Weg 70 Dazu sagt der Vorsitzende 24105 Kiel der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Telefon: 0431 / 988 - 1503 Robert Habeck: Fax: 0431 / 988 - 1501 Mobil: 0172 / 541 83 53 presse@gruene.ltsh.de www.sh.gruene-fraktion.de
Nr. 456.11 / 25.08.2011
Realismus in der Verkehrspolitik
Lieber Herr Arp, sie werden es uns nachsehen, dass wir von Ihnen, der noch vor kurzer Zeit neue Atomkraftwerke in Steinburg bauen wollte, Analysen über Infrastruktur eher mit spitzen Fingern anfassen.
Bis 2050 ist ein Bevölkerungsrückgang von 16 Prozent prognostiziert, allein in Schles- wig-Holstein werden 460.000 Menschen weniger leben. Und diese Menschen werden andere Bedürfnisse haben als die Menschen heute. Der Anteil der über 65-jährigen wird um 32 Prozent steigen, und für die Jungen ist nicht mehr wie für uns, Herr Arp, der Führerschein Ausdruck von Freiheit und Mobilität, sondern unbeschränkter Internetzu- gang. Nur simst und twittert es sich leider schlecht beim Autofahren.
Die jungen Leute machen uns das heute schon vor, wie aktuelle Untersuchungen aus Deutschland und den USA zeigen: der eigene Führerschein steht immer noch ganz weit oben auf der Wunschliste, die individuelle Mobilität über die Nutzung eines eigenen Au- tos aber nicht mehr.
Wir laufen auf ganz andere Anforderung zu, als sie es überhaupt ahnen. Und dies sind nur die persönlichen. Was ist mit den Klimaschutzzielen der Bundesregierung? Bis 2020 müssen die CO2-Emissionen des Verkehrs um mindestens 40 Prozent gegen- über 1990 zurückgehen. Der Verkehr, vor allen Dingen der PKW-Verkehr, verbraucht ca. 25 Prozent der Energie in Deutschland und hat einen Anteil am CO2-Ausstoß von ca. 18 Prozent. Und es muss erlaubt sein, nachzufragen, wie das eine mit dem anderen zusammen geht. Und wir befürchten in diesem Fall – gar nicht.

Seite 1 von 2 Man sieht es an der Debatte um den Ausbau des Nord-Ostsee-Kanals: wer alles gleichzeitig fordert, überlässt es den anderen zu entscheiden, was gefördert wird. Und das gilt auch für die Autobahnprojekte und den Bundesverkehrswegeplan. Er ist ge- genüber den vorhandenen Haushaltsmitteln ist um den Faktor 3 unterfinanziert − bis 2015 hat er noch einen Finanzbedarf von 28 Milliarden Euro, für Neu- und Ausbau ste- hen bis 2015 aber nur 10 Milliarden Euro zur Verfügung. Und der Bedarfsplan Schiene ist sogar um den Faktor 6 (bis 2015 noch Finanzbedarf von 37 Milliarden Euro, für Neu- und Ausbau stehen bis 2015 nur 6 Milliarden Euro zur Verfügung) überzeichnet.
Angesichts der Schuldenbremse und weiteren bereits fest vorgesehenen Einsparungen im Verkehrshaushalt brauchen wir den Realismus, den sie sonst immer von uns for- dern, auch bei den Verkehrsprojekten. Und hätten Sie den Mumm, eine strategische Prioritätenliste vorzulegen, entlang von Prognose- und Nutzerzahlen, wir würden die A 21 bis Kiel energisch weiterbauen und nicht die A 20 durchplanen.
Aber wir wissen, dass wir in dieser Frage keine politische Mehrheit haben. Wir haben dem Bau der A 20 dreimal in Koalitionsverhandlungen mit der SPD zugestimmt. Mir ist klar, dass weit und breit keine politische Konstellation sichtbar ist, die für eine innovati- ve, ökologische, neue Mobilitäts- und Infrastrukturpolitik steht. Und ich bedaure das.
Bis sich solche Erkenntnis durchsetzt, wird die A 20 wohl gebaut sein. Im Unterschied nämlich zu 1996, 2000 und 2005 soll die A 20 in sieben Bauabschnitten bis 2012 plan- festgestellt sein. Damit kann der Bund den Bau auch gegen einen geänderten Willen des Landes durchsetzen, da das Land nach Art 85 Grundgesetz, Abs. 3, 4 in Auftrags- verwaltung tätig ist. Das nehmen wir zur Kenntnis.
Aber es entbindet uns nicht von der Pflicht, zu sagen, was richtig und was falsch ist. Und ob der Mitteleinsatz für die A 20, angesichts der verschuldeten Haushalte, der An- forderungen an eine moderne, ressourcenarme Wirtschaftspolitik und der Konkurrenz bei unterfinanzierten Verkehrsprojekten genügt, kann mindestens bezweifelt werden. Sie ist ein weiterer Wechsel auf die Zukunft. Und der ist ungedeckt.



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