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24.08.11
16:06 Uhr
SPD

Thomas Rother zu TOP 5, 6, 8: Selbstverwaltung gestalten, Bürgerbeteiligung stärken

Es gilt das gesprochene Wort!
Kiel, 24. August 2011


TOP 5, 6 und 8: Gesetzentwürfe zur Änderung von Kommunalgesetzen (Drucksachen 17/1660, 17/1663, 17/1693)



Thomas Rother:
Selbstverwaltung gestalten, Bürgerbeteiligung stärken

Mit den vorliegenden Gesetzentwürfen kommen wir der Umsetzung der Anforderungen des Urteils des Landesverfassungsgerichts vom 26.02.2010 zur Amtsordnung und dem Veränderungsbedarf bei weiteren kommunalrechtlichen Vorschriften ein großes Stück näher. Es wäre wünschenswert gewesen, wenn dieses Gesetzesvorhaben mit einer umfassenden Reform der Verwaltungsstrukturen – einer Verwaltungsstrukturreform, die diesen Namen auch verdient - verbunden gewesen wäre, aber unsere verkürzte Landtagswahlperiode und auch die näher rückende Phase der Aufstellung von Kandidatinnen und Kandidaten zur Kommunalwahl 2013 machen das nicht ernsthaft möglich. In der kommenden Wahlperiode werden wir dann mit veränderten Mehrheiten die notwendigen Reformschritte auf den Weg bringen.
Wir beraten ja nun mehrere Gesetzentwürfe und der Gesetzentwurf meiner Fraktion ist auch eine Reaktion auf die ersten Vorstellungen des Innenministers in diesem Bereich. Nun ist es zwar nicht ganz so schlimm gekommen wie befürchtet, aber es ist schon eine etwas seltsame Taktik, mal ganz tief in die Grabbelkiste des Ministeriums zu greifen und alle noch so schrägen Vorschläge in das Verfahren zu geben, um dann später vieles wieder einzusammeln. Das hört sich vielleicht kreativ an, deutet aber eher auf mangelnde Professionalität hin.
Es hat eine umfassende Beteiligung der kommunalen Seite durch das Ministerium geben – das stimmt und ist auch gut so - und das hat die Grenzen dann auch wieder etwas gerader gerückt. Dennoch gibt es unterschiedliche Auffassungen, die in mancher Hinsicht wesentlich sind. Gleichzeitig möchte ich Ihnen, Herr Minister, an der einen oder anderen Stelle ein Kompromissangebot machen. Und vielleicht kommen wir auch eher zusammen als Sie mit Ihrem innenpolitischen Sprecher, der ja gleich eine ganze neue Gemeindeordnung vorschlägt, 2



die, um es vorsichtig zu formulieren, inhaltlich nicht immer ganz mit Ihrem Vorschlag zusammen passt.
Doch nun zur Amtsordnung: Wir sollten bei allen Neuregelungsversuchen nicht den Ausgangspunkt vergessen, dass die demokratische Legitimation der Amtsausschüsse vom Landesverfassungsgericht als unzureichend eingestuft wurde. Die naheliegende Möglichkeit, dies zu heilen, ist, die Übertragung von gemeindlichen Aufgaben nach Gewicht und Umfang mittels eines Katalogs zu beschränken.
Daher waren die ersten Versuche des Innenministers, trickreich Aufgaben dann einfach auf Zweckverbände zu übertragen doch ein wenig zu simpel gedacht, weil, das haben Rechtsgutachten bestätigt, diese Umgehung natürlich nicht zulässig ist – auch wenn die Zweckverbände eine andere verfassungsrechtliche Stellung haben als die Ämter. Zudem wären die Verhältnisse in den Kommunen zusätzlich durch viele Zweckverbandsgremien verkompliziert worden.
Die Gemeinden haben darüber hinaus die Pflicht zur Selbstverwaltung. Zu den der Gemeinde vorbehaltenen Selbstverwaltungsaufgaben zählen in erster Linie Planungsaufgaben. Und wenn Gemeinden diese Selbstverwaltung auch in einem qualitativ und quantitativ begrenzten Rahmen nicht mehr ausüben möchten, sollten sie eher über ihre Existenzberechtigung als über eine Aufgabenübertragung nachdenken.
Die nun vom Innenminister vorgeschlagene Regelung wird dem verfassungsrechtlich vorgegeben Gebot zur demokratischen Selbstverwaltung immer noch nicht gerecht. Über die Gestaltung der Kataloglösungen im § 5 der Amtsordnung kann man sich sicherlich konstruktiv streiten, ob nun die 5 aus 16-Lösung des Innenministers oder unsere sparsamere Nennung von fünf Aufgabenbereichen die sinnvollere und besser zu handhabende Variante ist. Darüber hinaus legen wir Ihnen unseren § 5a ans Herz, der eine Revisionsklausel für die erforderliche Flexibilität in einem sich verändernden Aufgabenspektrum vorschlägt.
Ganz unmöglich ist aus unserer Sicht aber die Schlie’sche Neuformulierung in § 2, Absatz 3 des Gesetzes über kommunale Zusammenarbeit. Da soll durch die Hintertür doch wieder die Möglichkeit einer kompletten Aufgabenübertragung – wenn auch ohne zusätzliche Verbandsgremien – auf die Zweckverbände hereingenommen werden. Das geht schlichtweg nicht. Und es ginge nur – und das ist ein Kompromissangebot, Herr Minister –, wenn durch einen Negativkatalog ähnlich der Regelungen in § 28 der Gemeindeordnung die Aufgabenübertragung begrenzt wäre. Diese Auffassung wurde – wenn Ihnen unsere Meinung nicht genügt – auch von 3



Prof. Dr. Ewer beim letzten Schleswiger Forum zum öffentlichen Recht im Juni dieses Jahres vertreten.
Bei allen anderen Änderungen der Amtsordnung sind wir uns ja schon recht nahe gekommen.
Nun zur Gemeindeordnung: Gut ist, dass der Innenminister keine weitere Reduzierung oder Freigabe der Grenze für die Bestellung von Gleichstellungsbeauftragten vorsieht. Besser wäre es, wenn wir die alte Größe von 10.000 statt 15.000 Einwohnerinnen und Einwohnern wieder in das Gesetz aufnehmen würden. Gleichstellung bleibt auch im 21. Jahrhundert ein zentrales Thema und sogar die neue Ministerpräsidentin des Saarlandes (CDU) bezeichnet sich selbst als Quotenfrau – das kann also eigentlich nicht alles Teufelinnenwerk sein, sondern gehört zu einer modernen Gesellschaft!
Der Liebe zur Verwaltungsvereinfachung darf die Bürgerbeteiligung – denn sie ist ein wichtiger Bestandteil unserer Demokratie – nicht geopfert werden. Daher sollten vom § 47 f , der Beteiligung von Kindern und Jugendlichen, auch von formalen Regelungen die Finger gelassen werden, Seniorenbeiräte gehören verpflichtend in die Kommunalverfassung, ehrenamtlichen Initiativen muss es erleichtert werden, Bürgerbegehren auf den Weg zu bringen. Zu letzteren sieht unser Gesetzentwurf eine unentgeltliche Beratung, verlängerte Fristen, eine Unterschriftenstaffelung nach Einwohnerzahlen, die Streichung der Beschränkung auf wichtige Aufgaben und ein Anhörungsrecht in der Gemeindevertretung vor. Damit nehmen wir wesentliche Punkte der laufenden „Volksinitiative für mehr Demokratie“ schon jetzt in ein Gesetzesänderungsverfahren auf.
Zu einer weiteren Demokratisierung gehört auch ein Stück Kommunalisierung. Mit der Einführung einer „Großen kreisangehörigen Stadt“ in das Gesetz möchten wir eine bürgernähere und effizientere Aufgabenerfüllung ermöglichen. Wo die Einwohnergrenze für die Begriffsbestimmung gezogen wird, darüber lässt sich streiten. Aber es gibt außer Norderstedt weitere Städte, die einer solchen Aufgabenwahrnehmung sicher gewachsen sind.
Und zur Demokratisierung gehört auch das Recht, in Gemeinden von 4.000 – 8.000 Einwohnern einen hauptamtlichen Bürgermeister direkt und nicht indirekt zu wählen. Eine Schlechterstellung gegenüber anderen Bürgermeistern – wie im Entwurf des Innenministers vorgesehen – würde Wahl und Funktion dieses Amtsträgers entwerten und bleibt unverständlich.
Im Gemeindewirtschaftsrecht möchten wir die Kontrollrechte der Gemeindevertreter gegenüber kommunalen Betrieben und Beteiligungsgesellschaften stärken, denn diese vergessen leider nur allzu oft, wem die Unternehmen gehören, nämlich den Bürgerinnen und 4



Bürgern. Und deren gewählte Vertreterinnen und Vertreter fühlen sich oftmals nicht ausreichend informiert, was weniger an ihrer mangelnden Sachkunde, sondern im Verhalten der Geschäftsführungen und der hauptamtlichen Verwaltung begründet zu sein scheint. Daher dienen klare gesetzliche Berichtspflichten auch dem Frieden zwischen beiden Seiten.
Es ist gut, dass der Innenminister seine für das Gemeinde- und Kreiswahlgesetz vorgeschlagene Reduzierung der Sollzahlen der Vertreterinnen und Vertreter zurückgenommen hat. Denn eine geringere Vertretungsdichte der Einwohnerinnen und Einwohner hätte zu weniger Chancen auf Vertretung in der Selbstverwaltung gerade für neue Gruppierungen geführt und eine deutlich Arbeitsmehrbelastung für alle zur Folge gehabt. Und im Bundesvergleich sind wir hier sowieso im unteren Bereich.
Die Veränderungen im Verhältnis Listen- zu Wahlkreisbewerbern, bei dem Zählverfahren, den Abweichungsgrenzen bei den Wahlkreisen sowie der Mindesteinwohnerzahl zur Bildung einer Gemeindevertretung sind richtig und stoßen wohl auf Zustimmung bei allen Fraktionen. Allerdings halten wir es für erforderlich, in die Gemeinordnung eine Vorschrift über die Staffelung der Vertreterzahl zur Bildung einer Fraktion aufzunehmen. Das ist unser Vorschlag zu § 32 a der Gemeindeordnung. Denn nach dem Fortfall der 5 %-Hürde ist Bewegung in der politischen Landschaft der Kommunen entstanden. Das mag man je nach Betroffenheit unterschiedlich mögen. Es darf aber nicht dazu führen, dass nach Fraktionszerwürfnissen das Einnehmen von Fraktionszuwendungen der wesentliche Existenzzweck einer politischen Gemeinschaft wird. Da müssen Grenzen gesetzt werden.
Den Vorschlägen von Bündnis 90 / Die Grünen zur Förderung der freiwilligen gemeindlichen Gebietsänderungen – mit dem Ziel, dass es weniger und nicht mehr Gemeinden werden - stehen wir positiv gegenüber. Über die Details müssen wir noch reden.
Trotz Vorwahlkampfzeiten macht es auch Freude, mal wieder Gemeinsamkeiten zu benennen. Das macht uns aber nicht frei davon zu vergessen, dass es erforderlich bleibt,
• die Aufgabenverteilung zwischen dem Land und den Kommunen sowie den Kommunen untereinander mit dem Ziel größerer Effizienz grundlegend neu zu ordnen; • die kommunalen Aufgaben und ihre Finanzierung in einem Leistungsgesetz zu beschreiben; • eine umfassende kommunale Verwaltungsstrukturreform vor allem im kreisangehörigen Bereich vorzubereiten sowie • das Verhältnis zwischen Haupt- und Ehrenamt in der kommunalen Selbstverwaltung zu überprüfen und eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen in den kommunalen Vertretungsgremien auf den Weg zu bringen. 5



Am 07. Mai 2012 fangen wir damit an!