Heinz-Werner Jezewski zu dänischen Grenzkontrollen: "Jetzt muss die Landesregierung handeln."
Jannine Menger-Hamilton Rede von Heinz-Werner Jezewski zu TOP 32: Pressesprecherin Keine Verschärfung dänischer Grenzkontrollen DIE LINKE Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag 292/2011 Düsternbrooker Weg 70 24105 Kiel Sperrfrist Redebeginn. Telefon: 0431 / 9 88 16 02 Telefax: 0431 / 9 88 16 18 Es gilt das gesprochene Wort. Mobil: 0160 / 90 55 65 09Kiel, 24. August 2011 presse@linke.ltsh.de www. linksfraktion-sh.deHeinz-Werner Jezewski zu den dänischen Grenzkontrollen„Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen,Man mag ja geteilter Meinung zu Europa sein, wie es heute aufgestellt ist. Man mag sich streiten, ob es sinnvoll ist, diejenigen Libyer, die es nicht geschafft haben, gegen ihren Despoten aufzu- stehen und zu kämpfen, die ihr Land voller Furcht verlassen haben, im Mittelmeer von Polizei- kräften bekämpfen zu lassen. Man mag sich auch streiten, ob es sinnvoll ist, europäische Groß- banken mit Milliarden zu stützen und gleichzeitig die Menschen in Griechenland, Portugal oder Irland zu zwingen, ihre Sozialsysteme zu zerschlagen.Aber über eines kann man in Europa in der heutigen Zeit nicht mehr streiten: Über den „Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts“. Dieses Konzept, das die Grundlage der Schengener Vereinbarungen bildet, steht ausdrücklich im Range eines „Zieles der europäischen Union“. Wür- den wir diese Formulierung auf Deutschland anwenden, würden wir sagen, es hat auf EU-Ebene so etwas wie Verfassungsrang.Freiheit und Sicherheit lassen sich aber nicht gegeneinander ausspielen, das ist uns allen anhand der tragischen Ereignisse in Norwegen vor wenigen Wochen klar geworden.Aber lassen Sie mich kurz zurückblicken, auf die Geschichte des deutsch-dänischen Verhältnisses vor und nach der Entwicklung der europäischen Union und der damit verbundenen Vereinbarun- gen und Verträge.In der nächsten Woche wird der dänische Kronprinz als Vertreter des Staates Dänemark in Flens- burg den so genannten Idstedt-Löwen dahin zurück bringen, wo er ursprünglich aufgestellt wur- de. Aufgestellt als Symbol eines dänischen Sieges über den preußischen Staat. Nur kurz durfte er damals dort stehen, dann besiegten die noch gerade geschlagenen Preußen den dänischen Ge- Diese und alle weiteren Presseinformationen der Fraktion DIE LINKE finden Sie auf http://www.linksfraktion-sh.de gner, schlugen dem Löwen den Kopf ab und brachten ihn nach Berlin. Jetzt wird dieser Löwe wieder nach Flensburg kommen, heute als Symbol einer neuen, einer gewachsenen und entwi- ckelten Nachbarschaft, die nicht mehr darauf aus ist, Kriege zu führen.Der Abriss der Grenzanlagen vor einigen Jahren war ein Symbol des Prozesses, der zu dem Euro- pa geführt hat, das wir heute wahrnehmen. Der Abriss der Grenzanlagen war das wohl deutlich- ste Symbol des friedlichen Nebeneinanders. Und das sollten wir unseren dänischen Nachbarn klar machen: Wer Grenzen zieht, gefährdet den Frieden.Nun wissen wir, dass Dänemark die Schengener Verträge teilweise etwas anders sieht, als die anderen Mitgliedsstaaten der EU. Die Dänen haben eine Sonderklausel durchgesetzt, nach der das so genannte „Schengenrecht“ in unserem Nachbarland nicht als Teil des Gemeinschaftsrech- tes, sondern nur auf völkerrechtlicher Basis gilt. Nach allgemeiner Rechtsauffassung deckt aller- dings auch diese Ausnahmeregelung nicht, dass an den dänischen Grenzen zu EU- Nachbarländern ständige Personenkontrollen durchgeführt werden.Und hier bin ich schon beim Streitpunkt. Sind es denn Personenkontrollen, die die Dänen zukünf- tig durchführen wollen? Oder sind es „nur“ Zollkontrollen? Momentan frage ich mich, wieso die- se Unterscheidung wichtig ist.Dänemark ist, wie alle EU-Länder, Mitglied der europäischen Zollunion und des europäischen Wirtschaftsraumes. Zwischen diesen Ländern gilt der freie Warenverkehr, Zollkontrollen finden daher ausschließlich statt, um zu verhindern, dass Waren von außerhalb dieses Wirtschaftsraums jeweils in das Land mit den niedrigsten Außenzöllen importiert und von dort in andere EWR- Mitgliedstaaten mit höheren Außenzöllen weiterverschafft werden.Das macht ganz deutlich: Dänemark geht es offensichtlich nicht darum, Zollvergehen zu verhin- dern, es gibt dazu auch gar keinen Anlass. Dänemark geht es darum, verstärkte Personenkontrol- len an seinen Außengrenzen durchzuführen. Nein, ich muss mich korrigieren. Nicht Dänemark geht es darum, sondern der dänischen Volkspartei geht es darum. Sie will so ihr Profil als Partei der Saubermänner schärfen und ihre fremdenfeindliche Hetze weiter in die Bevölkerung tragen.Wie man hört, tut den anderen, bürgerlichen, Mitgliedern der Regierungskoalition der Deal der dazu geführt hat, mittlerweile schon leid. Wir sollten also nicht ein ganzes Land an den Pranger stellen, wenn wir wissen, dass nur eine Interessengruppe, deren politischer Einfluss zudem auch noch zu schwinden scheint, für diese Vorgänge verantwortlich ist. Diese und alle weiteren Presseinformationen der Fraktion DIE LINKE finden Sie auf http://www.linksfraktion-sh.de Auch den meisten Dänen ist bekannt, was passieren würde, wenn ihr Land wirklich diese Kontrol- len dauerhaft etabliert. Das würde den faktischen Austritt Dänemarks aus den Schengener Ver- trägen bedeuten. Das würde bedeuten, dass wir an der deutsch-dänischen Grenze EU- Außenkontrollen durchführen müssten. Das würde auch bedeuten, dass die gesamte Planung für eine feste Fehmarnbelt-Querung überarbeitet werden müsste. Und es würde faktisch bedeuten, dass die Europäische Kulturhauptstadt in einem Land liegen würde, das sich dem Europa, wie der überwiegende Teil der Europäer es sieht, nicht zugehörig fühlen will. Ein unmöglicher Zustand.Rein faktisch reden wir hier heute über diese Vorgänge, weil bereits vor Jahren ein Vertrag ge- schlossen wurde, der es dänischen Behörden erlaubt, verkehrsregulierende Maßnahmen auf deutschen Autobahnen durchzuführen. Das war im Jahre 2008 ein Vertrag, der kaum Aufsehen erregt hat. Und vor allem war es ein Vertrag, dessen Möglichkeiten von der dänischen Seite bis- her nicht ausgenutzt wurden. Mich macht es schon sehr nachdenklich, dass diese Maßnahmen jetzt umgesetzt werden sollen, wo es Beschlüsse gibt, wieder ständige Kontrollen an den deutsch-dänischen Grenzen durchzuführen.Ich würde mich freuen, wenn die deutsche Seite ihre Zusagen aus diesem Vertrag einhalten wür- de. Aber das ist nur unter einer Bedingung möglich: Unter der Bedingung, dass auch die dänische Seite die Grundlage dieses Vertrages einhält, die da lautet: Wir werden europäisches Recht ak- zeptieren und keine ständigen Grenzkontrollen durchführen.Wie gesagt: Niemand will das, weder wir hier in Schleswig-Holstein, noch unsere Nachbarn in Dänemark, noch die zuständigen EU-Gremien.Nur die dänische Volkspartei und – gezwungenermaßen – ihre Koalitionspartner in der dänischen Regierung. Aber wir erwarten von der dänischen Regierung eine klare Aussage dazu.Nun wird innerhalb der nächsten Monate in Dänemark gewählt. Wir sollten uns hüten, in den jetzt beginnenden Wahlkampf einzugreifen.Wir sollten unsere Positionen klar machen und wir sollten dabei die Gemeinsamkeiten betonen, zu denen die einmütige Ablehnung ständiger Grenzkontrollen gehört.Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.“ Diese und alle weiteren Presseinformationen der Fraktion DIE LINKE finden Sie auf http://www.linksfraktion-sh.de