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21.07.11
16:02 Uhr
SPD

Martin Habersaat: Es lohnt sich, an Norddeutschland zu arbeiten

Kiel, 21. Juli 2011 Nr. 221/2011



Martin Habersaat:
Es lohnt sich, an Norddeutschland zu arbeiten

Martin Habersaat, Kommissionsmitglied und in der SPD-Landtagsfraktion zuständig für die Metropolregion und den Hamburger Nachbarschaftsraum, zur bisherigen Arbeit der Enquetekommission und Perspektiven für Norddeutschland:


Enquetekommission
Die Enquetekommission „Norddeutsche Zusammenarbeit“ hat in bisher 18 öffentlichen Sitzungen mit zahlreichen angehörten Personen und Verbänden ein breites Spektrum erfolgter und möglicher Kooperationen abgearbeitet. Wer wollte, konnte hören. Und wer will, kann mit dem Gehörten weiterarbeiten.
Niemand bestreitet ernsthaft, dass Globalisierung und Wettbewerb der Regionen politische Strategien erfordern, die sich nicht am administrativen Zuschnitt, sondern an zusammengehörigen Wirtschafts- und Lebensräumen orientieren. Die Herausforderungen der nächsten Jahre – demografischer Wandel, verschärfter Wettbewerb um die am besten Qualifizierten, Urbanisierung, Neuordnung der Energieversorgung, Konsolidierung der öffentlichen Haushalte – verlangen eine engere Zusammenarbeit als bisher.
Die stetig wiederkehrende Debatte um einen „Nordstaat“ hat keinen Mehrwert erzeugt. Eine solche Placebo-Diskussion ist nicht zielführend. Kaum hilfreicher sind allzu kleinteilige Kooperationen oder solche, die trotzdem bei allen Beteiligten den Status Quo erhalten. Eine sehr viel engere Kooperation zwischen Schleswig-Holstein und Hamburg ist besonders naheliegend, denn schon jetzt bilden beide Länder einen besonders eng verflochtenen Wirtschafts- und Lebensraum, zu dem südlich der Elbe auch das westliche Mecklenburg und das nördliche Niedersachsen gehören. 2



Wir können unsere besonderen Stärken zusammenführen: die starken Wirtschaftsbranchen wie Medizintechnik, maritime Wirtschaft, Erneuerbare Energien, Logistik, Ernährung oder Tourismus, die Lage zur Nord- und Ostsee mit den leistungsfähigen Häfen und den Verkehrsbrücken nach Skandinavien oder auch unsere Vorteile bei der Standort- und Lebensqualität. Bei richtiger Ausgestaltung nützt ein engerer Verbund im Norden ganz direkt den Bürgerinnen und Bürgern: etwa durch angepasste Schulsysteme und Kindergartenversorgung, einen erweiterten Nahverkehrsverbund oder ein gemeinsames Baustellenmanagement für weniger Staus.


Handlungsfelder
Bildung und berufliche Qualifizierung
Hilfreich wäre die Entwicklung eines länderübergreifenden Hochschulkonzepts mit der Schaffung der Möglichkeit einer gemeinsamen Hochschulträgerschaft. Ferner eine länderübergreifende Schulentwicklungsplanung in der Metropolregion, die in der Zusammenarbeit deutlich über das peinliche Schauspiel zum ‚Gastschulabkommen‘ hinausginge, ein Netz von beruflichen Schulen mit abgestimmten Angeboten, generell die Kompatibilität von Bildungsangeboten und in diesem Zuge die Angleichung der Lehreraus- und Weiterbildung.


Regionalplanung und Wirtschaftsförderung
Die Metropolregion Hamburg hat mit der der ersten gemeinsamen Gewerbeflächen-Konzeption für die gesamte Region eine Grundlage für eine übergreifende Regionalplanung geschaffen. Diese Planung sollte „grenzüberschreitend“ erfolgen. Auch für andere Nutzungsarten wurden in den Enqueteanhörungen länderübergreifende Flächenkonzepte gefordert.
Wichtige Schritte wären zudem die Einrichtung länderübergreifender Gewerbegebiete, eine Vereinheitlichung der Förderstrukturen und eine enge Verzahnung der Institutionen, die sich um Technologietransfer und Existenzgründungsförderung kümmern.
Ausgewählte Cluster sollten länderübergreifend ausgebaut werden. Norddeutsche Stärken liegen beispielweise in der Medizinwirtschaft und bei den erneuerbaren Energien, wo überregionale Forschungsvorhaben gestärkt werden sollten. 3



Verkehrsinfrastruktur
Auf der „Ahrensburger Liste“ wurden additiv wichtige Projekte für die Verkehrsinfrastruktur in Norddeutschland gesammelt. Eine gemeinsame Festlegung von Prioritäten und deren Abarbeitung wäre ein sinnvoller nächster Schritt.
Weitere Handlungsfelder sind gemeinsame Strategien zur Bewältigung von demographischem Wandel und Fachkräftemangel, die Zusammenlegung von Institutionen und Behörden, bei denen Ortsnähe nicht entscheidend ist und einige mehr.


Nächste Schritte
Die SPD-Landtagsfraktion Schleswig-Holstein und die SPD-Fraktion der Hamburgischen Bürgerschaft werden im Rahmen einer gemeinsamen Fraktionssitzung am 26. September 2011 in Hamburg auch die bisherigen Ergebnisse der Enquetekommission „Norddeutsche Zusammenarbeit“ besprechen und konkrete Projekte anschließend in gemeinsamen Arbeitskreisen angehen.
Bereits im November 2010 haben die Sozialdemokraten in der Metropolregion Hamburg einen Metropolrat gegründet, in dem Mitglieder der SPD-Landtagsfraktionen von Hamburg, Schleswig- Holstein und Niedersachsen vertreten sind, ferner die SPD-Fraktionen aus den Kreistagen, Bezirksversammlungen und Stadtvertretungen in der Metropolregion. Hier werden gemeinsam Projekte entwickelt, die die Metropolregion Hamburg von der Verwaltungseinheit zur erlebbaren Gemeinschaft weiterentwickeln.
Notwendig ist auf Länderebene eine zügige Verständigung auf eine gemeinsam getragene Kooperationsstrategie. Diese sollte Ziele, Schwerpunktbereiche, Umsetzungsschritte und Managementstrukturen für den Umsetzungsprozess definieren. Zahlreiche Vorarbeiten, auch aus der Enquetekommission „Norddeutsche Zusammenarbeit“, bieten eine gute Grundlage. Kern der Allianz sollten Schleswig-Holstein und Hamburg sein, weil hier an zahlreiche Kooperationen angeknüpft werden kann. Themenweise muss zusätzlich der Schulterschluss mit Mecklenburg- Vorpommern, Niedersachsen und Bremen gesucht werden.
Auf Bundesebene ist eine Föderalismuskommission III erforderlich. Hürden für den Zusammenschluss von Bundesländern sollten, auch im Zuge der Neuordnung des Länderfinanzausgleichs, abgebaut werden. Zu prüfen ist ein Finanzausgleich, in dem der Zuschnitt der Länder kein Kriterium ist. 4



„Ob wir als Politiker ernst genommen werden, entscheidet sich an der Ernsthaftigkeit, mit der wir unsere jeweilige Aufgabe angehen.“
Olaf Scholz, Regierungserklärung vom 23.3.2011