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01.07.11
16:58 Uhr
SPD

Andreas Beran zu TOP 49, 50, 58: Bund und Land müssen Belastung gemeinsam schultern

Es gilt das gesprochene Wort!
Kiel, 1. Juli 2011


TOP 49, 50, 58, Auswirkungen der Aussetzung des Wehrdienstes; Wissenschafts- und Studienplatzstandort nachhaltig sichernstandort; Bereitstellugn von Studienanfängerkapazitäten (Drucksachen 17/1281, 17/1425, 17/1426, 17/1409, 17/1569)



Andreas Beran: Bund und Land müssen Belastung gemeinsam schultern
Ich danke der Landesregierung und ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für ihre Berichte. Heute ist ein historischer Tag. Ab heute gibt es keine Wehrpflichtigen mehr. Für viele jungen Männer ein Tag der Freude. Doch die schnelle Aussetzung der Wehrpflicht und damit das Ende des Zivildienstes haben in den letzten Monaten für viel Unruhe in sozialen Einrichtungen gesorgt. In Schleswig- Holstein fehlen nun rund 3.400 Zivildienststellen. Davon sind besonders die Pflege und die Betreuungsdienste betroffen. Die SPD hat immer ein Gesamtkonzept für die Zeit nach dem Zivildienst gefordert. Unser Vorschlag zur Weiterentwicklung der bestehenden Jugendfreiwilligendienste wäre der richtige Weg gewesen. Statt die Plätze im FSJ und FÖJ zu kürzen, hätten sie nach unserer Meinung besser aufgestockt werden sollen. Denn FSJ und FÖJ sind so nachgefragt, dass viele Jugendliche in der Vergangenheit auf einen Platz warten mussten. Daneben brauchen wir Anreize und gute Rahmenbedingungen für bürgerschaftliches Engagement und vor allem eine vernünftige Strategie für mehr Fachkräfte in den sozialen Berufen. Stattdessen wurden teure und überflüssige Doppelstrukturen mit dem neuen Bundesfreiwilligendienst geschaffen, der die zivilgesellschaftlichen Träger außen vor lässt. Zudem hat sich die Bundesregierung verrechnet. 35.000 Stellen im Bundesfreiwilligendienst sollen besetzt werden. Lediglich 3.000 Verträge wurden bisher abgeschlossen. Und heute, zum Start, sind noch viele Fragen ungeklärt und auch der Kindergeldbezug hat noch keine rechtliche Verankerung. Das ist ein Schnellschuss und handwerklicher Murks, der Freiwillige und Träger verunsichert. 2



Die Landesregierung schätzt in ihrem Bericht die Auswirkungen auf den Katastrophenschutz als gering ein. Ich teile diese Einschätzung nicht. Ein Teil der jetzt freiwillig z. B. im THW verpflichteten Helfer war früher selbst über die Freistellung vom Wehrdienst verpflichtet. Diese Motivation wird zukünftig wegfallen. Hinzu kommt, dass ein Teil der freiwillig verpflichteten Helfer vorher selbst Wehrdienst- oder Zivildienst abgeleistet hat und nach Ableistung dieser Dienstpflicht sich gerne weiter ehrenamtlich für die Gemeinschaft engagieren wollte. Auch diese Motivation fällt weg. So werden auch beim Katastrophenschutz Lücken entstehen, die auch der Bundesfreiwilligendienst nicht einfach stopfen kann aufgrund seiner Struktur als Ganztagsdienst. Ich denke, die Landesregierung hat die Problematik, die auf uns nun zukommt, noch nicht voll erfasst. Ihr Bericht und Konzept hat viele Lücken. Wir müssen im Sozial- sowie Innen- und Rechtsausschuss die Folgen des heutigen Tages weiter diskutieren und auch im Rahmen der Anträge zum Ehrenamt, bei denen wir schon viele Stellungnahmen erhalten haben, darüber sprechen, wie wir bürgerschaftliches Engagement für alle und eben auch für die jungen Männer attraktiver gestalten und honorieren können. Das Ende der Wehrpflicht hat auch Konsequenzen für die Hochschulen. Wenn künftig viele junge Männer statt in die Kaserne in den Hörsaal eilen, muss dort mehr Platz geschaffen werden. Das wird sich in fünf Jahren besonders verschärfen, weil der Übergang auf G8 (so wie es alle Bundesländer machen) 2016 zu einem Doppeljahrgang an den Hochschulen führen wird. Hamburg hatte im vergangenen Jahr knapp 60 % Zuwachs bei den Erstsemestern. Das Ministerium geht von 1.300 bis 1.700 zusätzlichen Studienbewerbern wegen des Fortfalls der Wehrpflicht aus, hofft aber auf eine Entlastung durch die Freiwilligendienste. Darauf sollte man besser keine allzu großen Hoffnungen hegen; derzeit spricht wenig dafür, das die Abiturienten – außer vielleicht, wenn sie Wartezeiten bis zur Einschreibung in ein zugangsbeschränktes Fach überbrücken wollen – scharenweise in diese Dienste streben werden. Es ist auch gut so, dass wir mehr Studierende und damit künftige Lehrer, Ärzte usw. haben, denn Deutschland hat zu wenige Hochschulabsolventen. Daher wird das Land gemeinsam mit dem Bund diese finanzielle Belastung von rund 17 Mio. € schultern müssen, auch wenn es uns schwer fällt und wenn der weitere Ausbau der Bologna-Strukturen den Hochschulen viel abverlangt, wie der Bericht über die Master- Studiengänge zeigt. Die beiden Berichte zum Hochschulausbau sollten im Bildungsausschuss weiter erörtert werden.