Navigation und Service des Schleswig-Holsteinischen Landtags

Springe direkt zu:

Diese Webseite verwendet ausschließlich für die Funktionen der Website zwingend erforderliche Cookies.

Datenschutzerklärung

Pressefilter

Zurücksetzen
01.07.11
12:22 Uhr
SSW

Lars Harms zu TOP 26 - Wirtschaftsraum Brunsbüttel

Presseinformation
Kiel, den 30. Juni 2011 Es gilt das gesprochene Wort



Lars Harms
TOP 26 Wirtschaftsraum Brunsbüttel Drs. 17/1596
In Brunsbüttel liegt das größte Industriegebiet unseres Landes. Die Wirtschaftsförderung
vor Ort gibt an, dass mehr als 12.000 Arbeitsplätze in der Region von Brunsbüttler
Unternehmen profitieren, über 4.000 davon direkt in Brunsbüttel. Diese
beeindruckenden Zahlen sind aus unternehmerischen Maßnahmen, einer gezielten
Wirtschaftsförderung und nicht zuletzt aus einer exzellenten Verkehrsinfrastruktur
erwachsen. Was Brunsbüttel ausmacht, ist seine
Lage an Elbe und Nord-Ostsee-Kanal und seine drei Häfen.
Diese Fakten sollten die Landesregierung eigentlich gegenwärtig sein; die Wartung und
Pflege des industriellen Motors des Landes sollte nicht nur beim zuständigen
Wirtschaftsminister, sondern bei der gesamten Landesregierung ganz oben auf der
Agenda stehen.
Tut es aber nicht. 2
Stattdessen verharrt die Landesregierung in ihrer Rolle als Beobachter und kommentiert
wie einst die beiden Senioren Waldorf und Statler die Muppets-Show. Da wird begrüßt
und gut geheißen, ermuntert und gelobt. Die Landesregierung hat keine eigene Vision,
wie sich der Wirtschaftsraum Brunsbüttel entwickeln könnte. Man wartet und
verschanzt sich hinter Machbarkeitsstudien. Der Ministerpräsident hat anlässlich der
725-Jahr-Feier in Brunsbüttel lediglich weitere Flächen in Aussicht gestellt, wo
Windenergieanlagen gebaut werden können. Perspektiven sehen anders aus.


Dabei müssen die Hafenanlagen schleunigst in Abstimmung mit den Nachbarhäfen
ausgebaut werden. Wer schon einmal in Rotterdam oder London war weiß, dass
Hafenanlagen sich über viele Kilometer erstrecken können und doch von einer Stelle aus
gemanagt werden können. Und das übrigens sehr erfolgreich. Nur entlang der Elbe
regieren drei Bundesländer jeweils über ihre Abschnitte und graben ihren Häfen dabei
im wahrsten Sinne des Wortes das Wasser ab.


Erste Ansätze gibt es, bemerkenswerterweise allerdings von unten nach oben. So
präsentierten sich die Brunsbüttler Häfen auf der Münchner Logistik-Messe auf einem
gemeinsamen Stand mit den Hamburgern, um für die Verschiffung von Offshore-
Windanlagen zu werben. Jetzt muss zügig ein passgenaues Angebot entwickelt werden.
Die notwendigen Hafenanlagen müssen in unmittelbarer Zukunft gebaut werden.
Andernorts ist man schon weiter: Bremerhaven hat bereits einen Terminal, um
Windkraftanlagen zu verschiffen zu können und Cuxhaven baut einen eigenen
Verladehafen.
Die Konkurrenz schläft also nicht. 3
Trotzdem warne ich vor einer einseitigen Ausrichtung der Hafenentwicklung auf den
Offshoremarkt. Ohne Zweifel steckt Offshore-Windkraft noch in den Kinderschuhen und
hat erheblich Wachstumschancen. Aber der Norden muss sich breiter aufstellen. Das
sichert in Krisenzeiten Stabilität und ist damit ein großer Wettbewerbsvorteil – gerade
für diejenigen, die als letzte auf dem Markt antreten wie die schleswig-holsteinischen
Häfen. Ich warne davor, sich allzu selbstsicher auf ausschließlich eine Fertigkeit
verlassen: Im Fall Brunsbüttel nur auf die Verschiffung von Windanlagen. Die
Wirtschaftsgeschichte ist voll von Geschichten über den kometenhaften Aufstieg und
dem tiefen Fall von Firmen, die sich einseitig orientiert haben und dann den Anschluss
verpassen.
Darum sehe ich die „Hafenkooperation Offshore-Häfen Nordsee“ nur als eine
Teilstrategie für die zukünftige Ausrichtung unserer Häfen.


Regelrecht bizarr wird es, wenn das Wirtschaftsministerium den internen Wettbewerb
der Häfen innerhalb Schleswig-Holsteins befeuert. Ein integriertes Hafenkonzept fehlt.
So kann man denn den Häfen ungestört vom Grünen Tisch aus den Garaus machen. Sie
werden buchhalterisch ausschließlich als Kostenverursacher gesehen. Die verheerenden
Folgen dieser Haltung werden die Menschen an der Westküste bald zu spüren
bekommen.
Die Wirtschaft Schleswig-Holsteins ist stark verwoben mit der Wirtschaft der
Metropolregion Hamburg. Und die hängt am Hamburger Hafen.
Die Forderung des SSW nach einer Hafenkooperation ist derzeit aktueller denn je. Die
Vorlagen zur Enquete-Kommission strotzen nur so von Forderungen nach besserer
Kooperation. 4
Die Abwicklung des Kernkraftwerkes in Brunsbüttel ist ein hervorragender Anlass, das
Heft des Handels in die Hand zu nehmen. Darum muss geklärt werden, wie die Bedarfe
der Wirtschaft bezüglich eines modernen Hafens sind.
Das kann man natürlich nicht mittels eines kläglichen Vier-Zeilen-Antrages in Angriff
nehmen. Eine überregionale Wirtschaftsstrategie, in der Brunsbüttel dauerhaft seinen
Infrastrukturvorteil als Hafen ausspielen kann, bedarf konzertierter Anstrengungen.
Broschüren, Grußworte und mündliche Berichte im Landtag reichen dazu nicht aus.
Vielmehr brauchen wir, wie schon lange vom SSW gefordert und beantragt, den Willen
zu einer engen Kooperation aller Häfen an Elbe und Nordseeküste, die mindestens in
einer gemeinsamen Vermarktung münden muss.