Wolfgang Baasch zu TOP 51: Konjunkturellen Aufschwung für aktive Arbeitsmarktpolitik nutzen!
Es gilt das gesprochene Wort! Kiel, 1. Juli 2011TOP 51, Bericht der Landesregierung: Situation von Älteren auf dem Arbeitsmarkt (Drucksachen 17/1294, 17/1427)Wolfgang Baasch:Konjunkturellen Aufschwung für aktive Arbeitsmarktpolitik nutzen!ich will mit einem Zitat aus dem vorliegenden Bericht der Landesregierung beginnen. Auf Seite 15 heißt es: „Insgesamt ist davon auszugehen, dass sowohl die Beschäftigungschancen Älterer steigen als auch die Beschäftigungsquoten in der Altersgruppe 50 plus zunehmen werden. Dies erfordert eine aktive arbeitsmarktpolitische Begleitung und Unterstützung.“ Sehr wohl und sehr richtig formuliert! Nur: Warum folgt dann nicht der Aufschrei über die Streichungen in der aktiven Arbeitsmarktpolitik durch die Bundesregierung? Insgesamt kürzt die Bundesregierung die finanziellen Mittel für die aktive Arbeitsmarktpolitik nämlich in diesem Jahr um 1,3 Mrd. €. Und für 2012 ist eine weitere Absenkung der Eingliederungsleistungen vorgesehen.Wie wirken sich diese drastischen Kürzungen für die älteren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aus: 1. Bei der Entgeltsicherung für ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nach dem SGB III wird die Aufstockung für die Rentenversicherung ersatzlos gestrichen. Damit wird deren Bereitschaft, geringer entlohnte Jobs anzunehmen, praktisch auf Null gesenkt. 2. Der Eingliederungsgutschein für ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wird gestrichen. 2 3. Die Maßnahmen zur Aktivierung beruflicher Eingliederung werden von Pflicht- in Ermessensleistungen umgewandelt. 4. Die öffentlich geförderte Beschäftigung wird drastisch zurückgefahren.Um nur einige Punkte zu nennen, bei denen die Bundesregierung bei der aktiven Arbeitsmarktpolitik gnadenlos kürzt.Aus dem Bericht der Landesregierung wird deutlich, dass sich die Arbeitsmarktsituation älterer Menschen in Schleswig-Holstein verbessert hat. In den vergangenen Jahren ist sowohl die Zahl der kurzzeit- als auch der langzeitarbeitslosen Personen im Alter ab 50 Jahren zurückgegangen. Es ist aber auch festzuhalten, dass der Zugang an Arbeitslosen aus Beschäftigung im ersten Arbeitsmarkt unter den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ab 50 Jahren in den letzten Jahren gestiegen ist. Und der Anteil älterer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die länger als 12 Monate arbeitslos im SGB III waren, ist deutlich höher als im Durchschnitt. Nach dem Bericht ist auch die Langzeitarbeitslosigkeit im Bereich des SGB II bei älteren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern höher als im Durchschnitt aller Langzeitarbeitslosen.Also, es bleibt festzuhalten: Es gibt keinen Grund zur Entwarnung und es gibt auch keinen Grund, sich auf Lorbeeren auszuruhen. Es bleibt die Aufgabe, durch eine aktive Arbeitsmarktpolitik gerade in einer Zeit des konjunkturellen Aufschwungs dafür zu sorgen, möglichst vielen Arbeitslosen und Langzeitarbeitslosen und gerade auch den arbeitslosen Menschen, die älter als 50 Jahre sind, durch gezielte Förderprogramme und gezielte Unterstützungsleistungen einen Zugang zum ersten Arbeitsmarkt zu verschaffen. Hier zu kürzen, wie es die Bundesregierung mit den arbeitsmarktpolitischen Instrumenten tut, ist kontraproduktiv und schlicht und ergreifend fahrlässig.Ich will noch einen Punkt aus dem Bericht der Landesregierung aufgreifen, mit dem die Arbeitgeber aufgefordert werden, stärker in den Gesundheitsschutz und in die Förderung, Weiterbildung und Qualifizierung ihrer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu investieren.Es ist die Pflicht, gute Arbeitsbedingungen zu schaffen, damit dem Arbeitsmarkt das Fachwissen gerade der älteren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht verloren geht. Denn eine entscheidende Frage lautet: Was machen wir dagegen, dass Menschen durch Arbeit körperlich oder 3psychisch kaputt gehen? Und hier bleibt festzuhalten, die Ursache liegt in den Arbeitsplätzen, die die Arbeitgeber zur Verfügung stellen. Und diese nehmen wir nicht in Haftung, weder bei mangelnder Weiterbildung und Qualifizierung noch bei Arbeitsplätzen, die Menschen krank machen.Zusammengefasst bedeutet es für mich: Niedriglöhne, Minijobs, befristete Arbeitsverhältnisse, steter Abbau von Vollzeitarbeitsplätzen, Leiharbeit sind keine Begriffe, die dazu führen, auch in Zeiten des Fachkräftemangels Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer für die Aufnahme einer Arbeit zu motivieren. Oder noch deutlicher ausgedrückt: Ohne gute Arbeit, ohne Tarifverträge wird sich der Fachkräftemangel auch mit älteren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern nicht beheben lassen.Die Landesregierung hat uns einen Bericht zur Situation von Älteren auf dem Arbeitsmarkt vorgelegt, der mit vielen Zahlen sehr präzise die Entwicklung älterer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer am Arbeitsmarkt belegt. Dafür ein herzliches Dankeschön. Ein Bericht, der aber nicht auf die aktuellen Kürzungen der arbeitsmarktpolitischen Instrumente durch die Bundesregierung eingeht und der vernachlässigt, welche Chancen gerade jetzt bestehen, wo die Arbeitsmarktlage sich positiv entwickelt und mit einer aktiven Arbeitsmarktpolitik vielen - gerade auch älteren - arbeitslosen und langzeitarbeitslosen Menschen geholfen werden könnte. So wird kein Beitrag dazu geleistet, ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer dauerhaft in den ersten Arbeitsmarkt zurückzubringen.