Navigation und Service des Schleswig-Holsteinischen Landtags

Springe direkt zu:

Diese Webseite verwendet ausschließlich für die Funktionen der Website zwingend erforderliche Cookies.

Datenschutzerklärung

Pressefilter

Zurücksetzen
29.06.11
17:16 Uhr
SPD

Dr. Ralf Stegner zu TOP 13: Grundsatz der wehrhaften Demokratie gebietet Verbot der NPD

Es gilt das gesprochene Wort!
Kiel, 29. Juni 2011


TOP 13, Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen - Initiative für ein erneutes NPD- Verbotsverfahren! (Drucksachen 17/1487 und 17/1550)



Dr. Ralf Stegner:
Grundsatz der wehrhaften Demokratie gebietet Verbot der NPD


Immer wieder gibt es spektakuläre Ereignisse, die uns die hässliche Fratze des Rechtsextremismus ganz bewusst werden lassen. Sie verbreiten Angst insbesondere bei denen, die im direkten Visier der Rechtsextremen stehen: Menschen mit Migrationshintergrund, Obdachlose, Menschen mit Behinderungen – Anderssein, scheinbares Anderssein, schwächer sein, reicht meist schon. Manchmal ist auch das Engagement gegen Rechtsextremismus die Ursache, sich auf einmal steckbriefmäßig auf rechtsextremen Internetseiten wiederzufinden. Mit Angabe von Tätigkeit und Adresse – einer engagierten Juso-Frau aus meinem Kreis ergeht es gerade so. Angst, die leider ganz alltäglich ist.
Auf niedriger Ebene ist sie auch für uns alle hier alltäglich. Wir meiden doch Plätze, wo unerträglich selbstbewusst auftretende Rechtsextreme sich tummeln. Viele von uns senken die Stimme, spüren Unbehagen bei Demonstrationen – ich denke da hauptsächlich an Lübeck. Aber das Unbehagen war auch bei unserem Parteitag im April spürbar, wo Rechtsextreme auftauchten und versuchten zu provozieren und einzuschüchtern. Alltägliche, oft unbemerkte Landgewinne der Rechtsextremen.
Alltäglichkeit bewirkt auch die scheinbare Normalität, der Versuch von Teilen der NPD, als ganz normale Partei, ganz normale Abgeordnete vor Ort zu erscheinen und mit so normalen 2



Tätigkeiten wie Kinder- oder Sportfesten Anhänger für ihr unsägliches Menschenbild zu gewinnen. Die Alltäglichkeit ist weniger gefährlich für den Einzelnen, wohl aber für die Gesellschaft.
Klar ist: Die NPD ist antidemokratisch, menschenverachtend und verfassungsfeindlich, ihr Kontakt zu gewalttätigen Gruppen ist eng und offenkundig. Ein NPD-Verbot ist sicher kein Allheilmittel – das wissen wir alle. Ein Verbot hat aber drei unschlagbare Wirkungen, die ich anders nicht erreichen kann:
1. Ein Verbot stoppt die unerträgliche öffentliche Finanzierung rechtsextremistischer Aktivitäten und nimmt ihnen das Anrecht, diverse öffentliche Bühnen zu nutzen. Es hätte den Wegfall von Propagandaplattformen, den Verlust des Parteivermögens, der Parteilokale, der Parteizeitungen und sämtlicher Organisationsstrukturen zur Folge. Weder könnte die NPD bei Wahlen antreten noch die Vorteile des Partei-Status bei der Anmeldung von Demonstrationen nutzen, auch könnte über den Parteiapparat keine Agitation mehr betrieben werden. Es entfiele zudem die Möglichkeit, nach Wahlen an der staatlichen Parteienfinanzierung zu partizipieren und staatliche Zuwendungen als Fraktion zu erhalten.
2. Ein Verbot setzt vor allem ein deutliches Signal: Wir halten die NPD und das von ihr vertretene Gedankengut für inakzeptabel. Es hat in unserer Gesellschaft nichts zu suchen, ja es widerspricht unserem gemeinsamen Grundkonsens so sehr, dass wir sie nicht nur ächten, sondern sogar verbieten – es widerspricht nämlich auch den unveränderbaren Grundrechten in unserer Verfassung.
3. Es zeigt zugleich. Wir nehmen die Bedrohung, wir nehmen die Bedrohten ernst und lassen keine Normalisierung zu. Es darf in Deutschland nicht normal werden, dass Menschen wieder Angst vor Nazis haben müssen.
Der Grundsatz der wehrhaften Demokratie gebietet also das Verbot der NPD. Nehmen wir ihr aber ihr rechtsstaatliches Mäntelchen: Die NPD ist keine normale Partei. Sympathie mit ihr, Wahl oder gar Mitgliedschaft ist nicht normal. Es ist falsch! Wer die NPD unterstützt, unterstützt eine menschenverachtende Partei mit ihrem militanten Anhang – gegen Menschen, die anders 3



sind oder anders scheinen. Rechtsextreme Denkmuster und Gesinnungen werden mit einem Parteiverbot nicht einfach verschwinden.
Wir müssen immer wieder deutlich machen: Für menschenverachtende Hetze, für Minderheiten- und Ausländerfeindlichkeit ist bei uns kein Platz! Wir setzen auf Inklusion und Integration, auf gleiche Rechte, auf gleiche Chancen. Das ist unsere Vision einer gerechten Gesellschaft.
Es gibt auch Gegenargumente gegen ein neues NPD-Verbotsverfahren: V-Leute in Führungsetagen? Das ist nicht notwendig, denn wir haben keine Erkenntnisdefizite, müssen nur Gefahrenabwehr sicherstellen.
Ein neues Verbotsverfahren muss solide vorbereitet werden. Der Antrag darf nicht scheitern. Das wäre sonst ein unerträglicher Triumph für die Nazis. Lassen Sie uns gemeinsam handeln. Wenn demokratische Parteien über den Umgang mit Nazis streiten, nützt das nur den alten und neuen Nazis – das darf nicht sein!