Andreas Beran zu TOP 5, 21, 41: Schwarz-Gelb handelt gegen die Interessen des Landes
Es gilt das gesprochene Wort! Kiel, 29. Juni 2011TOP 5, 21, 41: Neuordnung des Glücksspiels (Drucksachen 17/1100, 17/1605, 17/1591, 17/1585, 17/1640)Andreas Beran:Schwarz-Gelb handelt gegen die Interessen des LandesWir beraten heute mit dem Entwurf des Schleswig-Holsteinischen Glücksspielgesetzes ein besonders bemerkenswertes Gesetz. Warum bemerkenswert? Bemerkenswert nicht nur, weil es handwerklich schlecht gemacht ist, sondern weil es ein Gesetz ist, mit dem einige Abgeordnete aus den Regierungsfraktionen – ohne Rücksicht auf Verluste – bestimmte Klientelinteressen bedienen wollen und damit gegen die Interessen der Bürgerinnen und Bürger des Landes handeln.Es verwundert schon ein wenig: Wie viel Zeit benötigt die FDP denn noch, um zu verstehen, dass es vor allem ihrer Klientelpolitik geschuldet ist, dass sie all ihre Glaubwürdigkeit eingebüßt hat und darum am laufenden Band Wahlen verliert? Völlig unverständlich ist aber, dass eine Partei wie die CDU, die über eine klare ordnungspolitische Tradition und Wertorientierung verfügt, kurz davor ist zuzulassen, dass es zu einer Kommerzialisierung des Glücksspiels und zu einer Isolierung des Landes kommt. Konsequent wäre es, das „Las Vegas“ in Wacken oder Strande zu errichten.Die Anhörung und die Arbeit in den Ausschüssen haben eindrucksvoll einige Punkte aufgezeigt, die ich hier noch einmal zusammenfassen möchte: 2 Das Gesetz würde zu einem Einbruch der Einnahmen führen. Die heute von Lotto für das Land bereitgestellten 100 Mio. Euro würden wegfallen, da das Gesetz zum Ende der ausschließlich staatlichen Lotterieregelung führen würde und der Steuersatz von 1 bis 2 Prozent auf den Umsatz viel zu niedrig ist, um überhaupt nennenswerte Beträge zu generieren. Dies kann – gerade in Zeiten knapper Kassen – nicht im Interesse des Landes sein. Mehreinnahmen würde es mit dem Gesetz in keinem Fall geben. Betroffen wären von den Einnahmeverlusten vor allem der Breitensport, die Wohlfahrtsorganisationen, die Kunst und Kultur sowie der Umwelt- und Denkmalschutz. Das Gesetz würde zu einer maßlosen Kommerzialisierung des Glücksspiels führen. In einem solchen „Las Vegas des Nordens“ wären die Schleswig-Holsteiner mit einer Flut von aggressiven, suchtgefährdenden Glücksspielangeboten konfrontiert. Erhebliche soziale Kollateralschäden wären die Folge. Und dies alles nur, damit einige Politiker ihre Klientel befriedigen können. Wenn dieselben Politiker jetzt verkünden, sie wollen mehr für Suchtprävention tun, dann ist das entweder an Dreistigkeit nicht mehr zu überbieten – oder aber geradezu folgerichtig: Denn sie müssten schon jetzt Sorge tragen für die vielen neuen Spielsüchtigen, für die sie selbst verantwortlich sein werden. Das bisherige Suchthilfesystem wird das kaum noch leisten können.Das Gesetz ist europarechtswidrig und verfassungswidrig. Denn der angestrebte Alleingang ist das Gegenteil einer kohärenten Glücksspielregelung, welche insbesondere vom EuGH gefordert wird. Der Alleingang würde Schleswig-Holstein nicht nur im Kreis der Bundesländer isolieren, sondern auch auf gefährliches Terrain bringen: Beabsichtigt ist, dass z. B. Lotterieanbieter von Schleswig-Holstein aus in ganz Deutschland tätig werden und Einnahmen in das „Las Vegas des Nordens“ lenken. Das ist und bleibt aber illegal – und die anderen Länder werden nicht akzeptieren, dass es zu einem solchen „inoffiziellen Länderfinanzausgleich“ kommt. Aus diesem Grund sind die gehandelten Zahlen im Hinblick auf Mehreinnahmen schlichtweg eines: Phantomzahlen. Jetzt in Schleswig-Holstein illegal handelnde Anbieter sollen legalisiert werden, um dann kontrolliert in anderen Bundesländern illegal Lotterien und Wetten anzubieten. – Das kann doch nicht wahr sein! 3Im Übrigen ist im Hinblick auf die EU darauf hinzuweisen, dass die Notifizierung nur ein Informationsverfahren und eben kein Genehmigungsverfahren ist. Die EU-Kommission hat hier schlichtweg nichts zu genehmigen. Das Gesetz gefährdet fast 5.000 Arbeitsplätze, weil das Risiko billigend in Kauf genommen wird, dass die Schleswig-Holsteinische Lottogesellschaft nicht mehr im Lottoblock bleiben kann. In einem solchen Fall gäbe es in Schleswig-Holstein das bewährte Lotto nicht mehr – damit würde ein zentrales Standbein der Lotto- Annahmenstellen wegbrechen. Und dies nur, damit kommerzielle Wett- und Kasinoanbieter von Steueroasen aus nach Schleswig-Holstein expandieren können? Eine solche Politik kann nicht Aufgabe eines Mittelstandsbeauftragten einer Landesregierung sein. Mittlerweile liegt die Drucksache 17/1640 – die die von den Fraktionen der CDU und FDP avisierten Änderungen des Glücksspielgesetzes enthält – vor. Nach wie vor kann u. a. ein alleiniger Veranstalter von Lotterien eine „betraute privatrechtliche Gesellschaft“ sein. Laut EU-Kommission ist die entsprechende Konzession nach einem europaweiten Ausschreibungsverfahren zu vergeben. Wie auf dieser Grundlage von einem Bemühen, die Arbeitsplätze bei NordwestLotto zu sichern, noch die Rede sein kann, bleibt das Geheimnis von CDU und FDP.Der Alleingang unseres Landes ist der falsche Weg. Das Glücksspielgesetz ist das Gegenteil einer verantwortungsvollen und kohärenten Glücksspielregelung. Wir appellieren an jeden einzelnen Abgeordneten in diesem Hause: Schauen Sie sich alle Fakten genau an – hinterfragen Sie jedes Argument – lassen Sie sich nicht von Klientelinteressen vereinnahmen. Entscheiden Sie sich gegen die Kommerzialisierung des Glücksspiels, welche die Suchtgefahren steigert, die Einnahmen des Landes gefährdet und Schleswig- Holstein isoliert. Unser Land darf nicht zum „Las Vegas des Nordens“ werden!