Hans Müller zu TOP 11: Eigentümerinteressen haben Vorrang vor Denkmalschutz
Es gilt das gesprochene Wort! Kiel, 29. Juni 2011TOP 11: Denkmalschutzgesetz (Drucksache 17/1617neu)Hans Müller:Eigentümerinteressen haben Vorrang vor DenkmalschutzDie schwarz-gelbe Koalition hat Torschlusspanik. Auf der Tagesordnung dieser Plenartagung waren gleich vier gemeinsame Gesetzentwürfe der Fraktionen von CDU und FDP, aber kein Kabinettsentwurf mehr. Das Kabinett erspart sich die ministerielle Anhörung, und indem die Gesetze jetzt von den Regierungsfraktionen eingebracht werden, haben die Betroffenen nur noch einmal, nämlich im Rahmen der Ausschussanhörung, Gelegenheit, ihre Bedenken zu äußern und Verbesserungsvorschläge zu machen.Als wir zu Beginn der Legislaturperiode den Entwurf eines Denkmalschutzgesetzes in der Fassung, auf den sich die Große Koalition bereits im Prinzip verständigt hatte, wieder eingebracht hatten, wurde am 17. Dezember 2009 im Bildungsausschuss beschlossen, die Beratung unseres Entwurfes „bis zur Vorlage der von der Landesregierung angekündigten Novellierung des Denkmalschutzgesetzes“ zurückzustellen.Der Verdacht drängt sich auf, dass Sie im kleinen Maßstab noch einmal ihre Scharade, die Sie im letzten Jahr um die Zukunft der Universität Lübeck gespielt haben, wiederholt haben. Erst haben Sie einen Vorentwurf gestreut, der bei denjenigen, denen am Denkmalschutz in unserem Lande etwas liegt, so ankam, als wollten Sie den Denkmalschutz im Land noch schneller abwickeln als die Kernenergie. Da waren städtebaulicher oder die Kulturlandschaft prägender Wert plötzlich kein Kriterium mehr. Denkmalschutz sollte ohnehin nur greifen, wenn das betreffende Objekt ins Denkmalbuch eingetragen wurde; 2Denkmalbereiche kamen überhaupt nicht mehr vor. Der Welterbestatus der Lübecker Innenstadt sollte zur Disposition gestellt werden.Nachdem es Ihnen nun wieder mal gelungen war, Heulen und Zähneklappern zu verbreiten, ist der jetzt vorgelegte Entwurf etwas zahmer. Sie erwarten vermutlich, dass die jetzt von Ihnen beabsichtigten Regelungen kaum noch auf Widerspruch stoßen, nachdem Sie einige der im Vorentwurf gezeigten Folterinstrumente wieder eingepackt haben.Es ist – das will ich gern dazu sagen – manches an Ihrem Entwurf richtig, z.B. die Verpflichtung zur Barrierefreiheit in Denkmalen in öffentlicher Trägerschaft. Das ändert nichts daran, dass der Denkmalschutz in Schleswig-Holstein droht, sich bundesweit zu isolieren, weil Sie beim konstitutiven Verfahren bleiben wollen, statt wie vierzehn andere Bundesländer auf das deklaratorische Verfahren überzugehen.Mit Ihrer Verabsolutierung der wirtschaftlichen Eigentümerinteressen haben Sie klar gemacht, dass hier einmal wieder der Schwanz mit dem Hund gewedelt hat, dass sich die Partei der Eigentümerlobby gegen die CDU durchgesetzt hat.Wie es begründbar sein soll, bei der Eintragung von nach 1950 errichteten Bauwerken das Landesdenkmalamt zu entmündigen, bleibt Ihr Geheimnis. Hier sieht man die Handschrift bestimmter Kreise in der CDU, deren Antimodernismus nicht akzeptieren kann, dass auch in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts kulturell Bedeutendes und Bewahrenswertes entstanden ist.Aus den Fachkreisen erreichen uns bereits Stellungnahmen (ich nenne stellvertretend den International Council on Monuments and Sites, eine Unterorganisation der UNESCO), die mit diesem Entwurf und dem von Ihnen gewählten Verfahren sehr scharf ins Gericht gehen – und das zu Recht. Eine Denkmalschutzexpertin aus einem anderen Bundesland schreibt, man könne für die Lübecker Altstadt dann schon mal einen festen Platz auf der Roten Liste buchen und der Antrag auf ein Welterbe „Viking Culture“ habe sich damit auch erledigt.Wir werden deshalb unseren Gesetzentwurf aufrechterhalten, den wir weiterhin für sinnvoll halten. Nach der Ausschussanhörung wird sich dann zeigen, ob Sie Ihren Entwurf mit Ihrer Einstimmenmehrheit durchstimmen wollen und damit der nächsten Landesregierung einen 3weiteren Punkt für ihre lange Reparaturliste auf den Weg mitgeben oder ob wir zu einem gemeinsamen Ergebnis kommen können. Wir sind dazu bereit.