Serpil Midyatli zu TOP 20: Wir wollen Gleichbehandlung und Wahlfreiheit!
Es gilt das gesprochene Wort! Kiel, 27. Mai 2011TOP 20, Aufhebung der Einführung eines Betreuungsgeldes – mehr Geld für den Betreuungsausbau in den Kommunen (Drucksache 17/1454)Serpil Midyatlı:Wir wollen Gleichbehandlung und Wahlfreiheit!Der uns hier vorliegende Antrag von Bündnis 90/DIE GRÜNEN ist sehr begrüßenswert. Bereits 2009 hat der SPD-Bundestagsabgeordnete Sönke Rix dazu erklärt: „Geld dafür zu zahlen, wenn die Kinder keine Kita oder Krippe besuchen, schafft falsche Anreize.“ Geld dafür zu zahlen, um Kinder vom Besuch einer KiTa fernzuhalten, klingt unglaublich, soll aber ab 2013 wahr werden. Oft haben wir hier im Hause darüber diskutiert, wie wichtig es ist, Kindern den Besuch einer KiTa zu ermöglichen, und wie wichtig der Ausbau der KiTas ist, auch um Familie und Beruf besser vereinbar zu machen.Die Kommunen werben mittlerweile mit einem gut ausgebauten Netz an Kinderbetreuungsmöglichkeiten. Es ist nicht zu leugnen, dass eine gute Kinderbetreuung bereits zu den weichen Standortfaktoren gehört. Die Gemeinden bauen also mit Unterstützung der Länder und des Bundes Betreuungseinrichtungen auf, und der Bund zahlt dann Prämien, damit diese Einrichtungen möglichst wenig genutzt werden. Das nennen Sie dann nachhaltige Finanzpolitik!Noch mehr Argumente sprechen gegen das Betreuungsgeld: Eltern, die ihr Kind betreuen lassen, erhalten diese Förderung nicht; sie müssen KiTa-Beiträge zahlen, nach dem Willen der Koalition wieder für alle drei Jahre. Das hat doch nichts mit Gleichbehandlung und Wahlfreiheit zu tun. Gerade Eltern mit prekären 2Beschäftigungsverhältnissen, mit geringem Einkommen oder mit Migrationshintergrund werden sich dafür entscheiden, auf dieses vermeintlich zusätzliche Geld nicht zu verzichten, und damit erhalten gerade die Kinder keine Förderung, die sie am dringendsten gebrauchen könnten. Und letztendlich wird damit ein Familienmodell gefördert, in dem der Vater das Essen verdient und die Mutter es auf den Tisch stellt. 2007 hat das Betreuungsgeld es schon als „Herdprämie“ zum Unwort des Jahres gebracht.Liebe CDU, wenn Sie sich schon von uns nicht überzeugen lassen, wie absurd so eine Regelung ist, dann hören Sie doch auf Ihren Koalitionspartner in Land und Bund! Der hat zwar in den Berliner Koalitionsvertrag 2009 das Betreuungsgeld aufgenommen, aber erst am 16.05.2011 erklärte die familienpolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion, Miriam Gruß: „Über das von der CSU vorgeschlagene Betreuungsgeld brauchen wir erst gar nicht zu diskutieren, das ist in jedem Fall vom Tisch.“ Das lässt zwar tief blicken, was den Zustand der Berliner Koalition angeht, aber in der Sache macht es doch Hoffnung.Es kommt ja selten genug vor, aber ich bin in diesem Punkt ganz einer Meinung mit dem Generalsekretär der FDP, Herrn Lindner, der sagte: „Überflüssige Ausgaben, wie sie etwa die CSU mit dem Betreuungsgeld plant, müssen vermieden werden.“ Im Grunde genommen gibt es dem nichts hinzuzufügen, wenn, ja wenn nicht in jeder Rede von CDU-Politikern zur Integration betont würde, wie absolut dringend notwendig es doch sei, dass die Migrantenkinder sich die deutsche Sprache als alleinige Voraussetzung für eine erfolgreiche Integration aneigneten. Das werden sie aber zu Hause nicht schaffen, wenn ihre Eltern mit ihnen nicht in korrektem Deutsch reden könnenDer Integrationsbeauftragte Herr Lehnert reist durchs Land und verkündet, wie wichtig der Regierung die Sprint-Maßnahmen in der frühkindlichen Bildung sind und dass gerade hier nicht gespart werden solle. Was das angeht, haben Sie die Unterstützung meiner Partei, Herr Lehnert. Nun fragt man sich ja zu Recht, was denn nu? Einerseits drängt Schwarz-Gelb mit Integrationsverträgen auf die Beherrschung der deutschen Sprache, andererseits ermuntert sie Eltern durch das geplante Betreuungsgeld, ihre Kinder nicht in die KiTa zu schicken.Es ist nicht zu spät. Herr Ministerpräsident, etwas Zeit bleibt Ihnen ja noch. Legen Sie Ihr Veto ein im Bundesrat. Spätestens nach dem 07.Mai 2012 wird die SPD es tun.