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26.05.11
15:23 Uhr
SPD

Andreas Beran zu TOP 38: Bevölkerung schützen, Grundrechte beachten

Es gilt das gesprochene Wort!
Kiel, 26. Mai 2011


TOP 38, Sicherungsverwahrung in Schleswig-Holstein (Drucksache 17/1515)



Andreas Beran:
Bevölkerung schützen, Grundrechte beachten


Herr Minister, Ihnen und Ihren Mitarbeiterinnen einen herzlichen Dank für den Bericht. Wir haben diesen beantragt, weil wir nach den Ausführungen des Herrn Staatsekretärs Dölp in der Kabinettspressekonferenz vom 10.05.2011 den Eindruck hatten, dass die Landesregierung trotz der Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 17. Dezember 2009, der daraufhin erfolgten Freilassung von gefährlichen Sexualstraftätern im vergangenen Jahr und schließlich nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Sicherungsverwahrung vom 10.05.2011 - um es vorsichtig zu formulieren - bisher nicht die Zeit gefunden hat, sich angemessen mit diesem Thema zu beschäftigen und – im Gegensatz zu anderen Ländern - Antworten auf die Frage zu finden, was nun zu tun sei.
Nach der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes 2009 war jedem Beobachter klar, dass sich rechtliche Rahmenbedingungen und Vollzugspraxis der Sicherungsverwahrung in Deutschland verändern müssen. Das, was das Bundesverfassungsgericht jetzt insbesondere zur Frage der Ausgestaltung des Vollzuges festgestellt hat, war ebenso vorherzusehen wie die Tatsache, dass dieses mit Kosten für das Land verbunden sein wird.
Das auch Regierungskreise mit einem Urteil in dieser Art gerechnet haben, mag man daran erkennen, dass bereits am 25. März 2010 – also vor über einem Jahr – die Justizstaatssekretäre der Länder mit den Vertretern des Bundesministeriums der Justiz über eine Reform der Sicherungsverwahrung konferierten. 2



Von diesem Zeitpunkt an hätte ich erwartet, dass die Landesregierung mit ihren Schularbeiten begonnen hätte. Dies, um das zu erwartende Urteil des Bundesverfassungsgerichts schnellstmöglich – im Interesse unserer Bevölkerung – umzusetzen. Herr Innenminister Schlie hatte ja bereits im August letzten Jahres den Vorschlag für eine länderübergreifende Lösung zur Unterbringung der zu entlassenden Altfälle aus der Sicherungsverwahrung gemacht.
Als dann am 10. Mai dieses Jahres der zuständige Justizstaatssekretär in einer Landespressekonferenz lediglich den Forderungskatalog des Bundesverfassungsgerichts vorstellte und auf keinerlei inhaltliche Fragen zu antworten wusste, war ich entsetzt. Ich empfand dieses Nichtstun der Landesregierung als „armselig“. Ich kann mir das auch nicht erklären, weiß ich doch die Fachlichkeit und Kreativität der Mitarbeiterinnen im Justizministerium zu schätzen.
Hochgefährliche Straftäter dürfen künftig nur unter engen Voraussetzungen in Sicherungsverwahrung genommen werden, ebenso ist bei den Altfällen in jedem Fall zu prüfen, ob bei einer Freilassung „künftige schwere Gewalt- oder Sexualstraftaten" des Betroffenen drohen würden. Nötig sei eine „strikte Prüfung der Verhältnismäßigkeit", die Sicherungsverwahrung darf nur noch als letztes Mittel angeordnet werden. Nötige Therapien müssten schon während des vorangehenden Strafvollzugs beginnen und so intensiv betrieben werden, dass sie möglichst schon vor Ende der Strafhaft abgeschlossen werden können. Überdies muss künftig jährlich überprüft werden, ob die Voraussetzungen der Unterbringung noch vorliegen. Auf all dieses haben die Betroffenen einen Rechtsanspruch. Hierfür benötigen wir qualifizierte Fachleute für Begutachtung und Therapie.
Wie ist Schleswig-Holstein hierauf vorbereitet? Dem international renommierten Leiter der Sektion für Sexualmedizin, Herrn Prof. Dr. Bosinski wird in der Sitzung des Bildungsausschusses vom 13. Januar 2011 von Frau Staatsekretärin Dr. Andreßen ernsthaft bescheinigt, Forschung und Lehre seien bei seiner Sektion nicht besonders ausgeprägt. Anschließend wurde ihm untersagt, Fragen nach den aus unserer Sicht unzureichenden Rahmenbedingungen seiner Arbeit und Ausstattung seiner Einrichtung zu beantworten. Statt diese Einrichtung zu sichern, auszubauen und zu stärken und in die Lage zu versetzen, qualifiziert auszubilden, halten Sie sich hier vornehm zurück. Woher sollen die Fachkräfte, die wir künftig brauchen, denn kommen?
Was ist jetzt notwendig für Schleswig-Holstein?
- Eine qualitativ hochwertige Begutachtung der Straftäter vor ihrer Gerichtsverhandlung.
- Ausreichende therapeutische Angebote bereits während der Haftstrafe. 3



- Ausreichende fachlich speziell geschulte psychologische Gutachterinnen, um die jedes Jahr zu erfolgenden Gutachten erstellen zu können.
- Einrichtungen, die sich deutlich von Haftanstalten unterscheiden, der Bevölkerung jedoch auch Schutz gewähren.
- Ausreichende psychotherapeutische Angebote während der Sicherungsverwahrung.
- Als vorbeugenden Schutz einen Ausbau kostenfreier und anonymer Behandlungen zum Beispiel von Männern mit pädophilen Neigungen.
- Einen Ausbau der Sektion für Sexualmedizin, um Forschung und Entwicklung weiter ausbauen zu können. Ziel muss dabei insbesondere die Vorbeugung sein.
Das ganze muss in Absprache mit den anderen Bundesländern, zumindest mit den Nachbarn, erfolgen, damit wir die Aufgabenlast und die Finanzen als Land nicht allein schultern müssen. Politisches Ziel ist, Ausreichenden Schutz für die Bevölkerung zu erlangen bei gleichzeitiger Beachtung der Grundrechte, die das Bundesverfassungsgericht zu Recht auch den Sicherungsverwahrten zuspricht.