Thorsten Fürter zur Vorratsdatenspeicherung
Presseinformation Landtagsfraktion Es gilt das gesprochene Wort! Schleswig-Holstein Pressesprecherin TOP 16 – Keine anlasslose Speicherung aller Claudia Jacob Telefon- und Internetverbindungsdaten Landeshaus Düsternbrooker Weg 70 24105 Kiel Dazu sagt der innenpolitische Sprecher Telefon: 0431 / 988 - 1503 der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Fax: 0431 / 988 - 1501 Thorsten Fürter: Mobil: 0172 / 541 83 53 presse@gruene.ltsh.de www.sh.gruene-fraktion.de Nr. 187.11 / 24.03.2011Nicht alle BürgerInnen unter Generalverdacht stellenSehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren,ein Zitat: „Dass die Freiheitswahrnehmung der Bürger nicht total erfasst und registriert werden darf, gehört zur verfassungsrechtlichen Identität der Bundesrepublik Deutsch- land, für deren Wahrung sich die Bundesrepublik in europäischen und internationalen Zusammenhängen einsetzen muss.“Das ist keine Grüne Parteitagsrhetorik, sondern O-Ton Bundesverfassungsgericht. Die anlasslose massenhafte Speicherung individueller Kommunikationsdaten ist ein tiefer Eingriff in die Privatsphäre aller BürgerInnen und steht in keinem Verhältnis zu ihrem Nutzen.Wer hat wann wem eine SMS geschickt? Welche Emails wurden an welche Empfänge- rInnen gesendet? Wer surfte um welche Uhrzeit auf welchen Webseiten? Ich gebe zu: Das sind Fragen, die den Staat tatsächlich gelegentlich zu interessieren haben. Immer dann nämlich, wenn eine konkrete Verdachtslage eingetreten ist und die Polizei das tun muss, was ihre Aufgabe ist: Ermitteln. Die Frage die wir heute diskutieren ist aber, ob der Staat in großer Vor- und Fürsorglichkeit – „man weiß ja nie“ – erstmal alles spei- chern soll, um dann darauf zugreifen zu können.Wir meinen: Nein. Es darf keine staatliche Totalerfassung der elektronischen Kommuni- kation geben.Wir lehnen daher die gesetzlich verpflichtende anlasslose Speicherung sämtlicher Tele- fon-, Mobilfunk- und Internetverbindungs- sowie Standortdaten auf Vorrat zu Strafver- folgungszwecken ab. Durch die Vorratsdatenspeicherung werden 82 Millionen Bürge- rInnen in Deutschland unter Generalverdacht gestellt. Das ist absolut unverhältnismä- ßig. Seite 1 von 2 Und glauben Sie mir, ich bin der letzte, der sogar im Hochsommer mit einer Kapuze he- rumlaufen würde, um sich vor Videoaufnahmen zu verstecken. Aber eines muss ich sa- gen: Das macht selbst mir ein wenig Angst.Deshalb gilt grundsätzlich auch der alte Grüne Slogan weiter - ich zitiere aus der Pres- semitteilung des Kollegen Eichstädt - „Meine Daten gehören mir.“Ich gebe zu, es mag einige wenige Fälle geben, in denen eine Tat nur mit auf Vorrat gespeicherten Daten aufgeklärt werden kann. Das werden wenige Fälle sein, und zwar aus zwei Gründen. Grund 1: Die meisten Taten beschränken sich nicht nur auf die Ver- wendung von Telekommunikation. Ein Beispiel: Wer einen Menschen am Telefon be- trügt, braucht eine Überweisung. Da kann dann ermittelt werden. Grund 2: Taten, die tatsächlich begangen werden können, ohne das Netz zu verlassen - z. B. eine Beleidi- gung - sind sehr häufig Delikte, die fortgesetzt und wiederholt begangen werden. Da kann mittels des Konzepts „Quick Freeze“ ermittelt werden.Aber es bleiben tatsächlich Fälle übrig. Wenn ich meinen Nachbarn anrufe, die Stimme verstelle und ihn am Telefon beleidige zum Beispiel, dann kann es sein, dass wir mit ei- ner Vorratsdatenspeicherung Beweismittel zur Verfügung hätten, die sonst nicht beste- hen. Aber für solche Bagatelltaten wäre die Vorratsdatenspeicherung, da stimmen Sie sicherlich dem Bundesverfassungsgericht zu, nun wirklich nicht verhältnismäßig.Ich betone nochmals: Wir haben keine Sicherheitslücke. Das gilt auch für Bekämpfung der Terrorgefahr. Sie glauben doch nicht ernsthaft, dass ein Bundesverfassungsgericht die Vorratsdatenspeicherung ausgesetzt hätte, wenn sie conditio sine qua non für die Abwehr der Terrorgefahr wäre.Es ist tatsächlich so, dass bei der Verfolgung von Straftaten, bei denen das Internet ge- nutzt wird, Defizite bestehen. Ich habe gerade eben noch mal geschaut: Der Polizei ist es offensichtlich endlich gelungen, die Betrügerwebsite www.ewe-ewe.com den Strom abzuschalten. Es hat nur leider ein paar Monate gedauert. Um das zu beschleunigen brauchen wir eine Entschlackung der internationalen Zusammenarbeit der Polizeibe- hörden und eine gut ausgerüstete Polizei. Das bedeutet auch: Moderne PCs und schnelle Internetzugänge. Aber das habe ich dieser Stelle ja bereits mehrfach hervor- gehoben.Deshalb: Finger weg von den Bürgerdaten. Millionenfache anlasslose Überwachung macht Angst. Die brauchen wir nicht und die wollen wir deswegen auch nicht. *** 2