Regina Poersch zu TOP 45: Mehr Worte als Taten beim Ausbau der Stromnetze
Es gilt das gesprochene Wort! Kiel, 25. Februar 2011TOP 45, Entwicklung der Stromnetze in Schleswig-Holstein (Drucksache 17/1250)Regina Poersch:Mehr Worte als Taten beim Ausbau der Stromnetze„Der Netzausbau in Deutschland hält mit der Ausbaugeschwindigkeit der erneuerbaren Energien nicht Schritt.“ Bereits der erste Satz des Berichts beschreibt die Kernaussage. Oder, um es mit der Überschrift der „Norddeutschen Rundschau“ vom 23.02.2011 auszudrücken: „Zu viel Strom für zu wenig Netz!“ Wie wahr!Der Bericht des Wirtschaftsministeriums, für den ich mich bei den Verfasserinnen und Verfassern im Namen meiner Fraktion bedanken möchte, hält es schriftlich fest: Es wird weiter viel Strom aus Windenergie zwar erzeugt, dieser versickert jedoch wegen fehlender Netzkapazitäten ungenutzt, Biomasseanlagen gerade im Norden des Landes laufen im Leerlauf.Viel ist zu lesen über die prognostizierten Strommengen im Allgemeinen und aus erneuerbaren Energien im Besonderen; der Bericht enthält die zentrale Prognose, dass bis 2015 8.700 MW bis 10.300 MW zusätzlich aus erneuerbaren Energien produziert und damit vom Netz aufgenommen werden wollen – daraus abgeleitetes Handeln sucht man in dem Bericht jedoch vergeblich!Nach der Lektüre des Berichts bin ich weniger denn je der Auffassung, dass sich diese Landesregierung auch wirklich vorbereitet auf die zunehmende Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien, auf die Stromerzeugung auf See und in Küstennähe. Die Regierung 2geht davon aus, dass die Ableitungskapazität erhöht werden muss, dass vorhandene Leitungstrassen ertüchtigt werden müssen, dass neue Trassen aller Spannungsebenen notwendig werden. Aber was folgt daraus? In welcher Weise wird die Regierung aktiv und handelt – damit die Ableitungskapazität erhöht wird, damit vorhandene Leitungstrassen ertüchtigt werden, damit neue Trassen aller Spannungsebenen gebaut werden?- Sie wird „die Gespräche (…) intensivieren.“ (S. 23) – mehr nicht!- Sie wird die Netzbetreiber auffordern, „unverzüglich den notwendigen Netzausbau voranzutreiben“ (S. 23) – mehr nicht!- Sie wird die bundespolitische Diskussion um die Anerkennung der höheren Kosten von Erdkabeln gegenüber Freileitungen „begleiten“ – mehr nicht!Das ist entschieden zu wenig!! Echtes Engagement in diesen Fragen, gerade auch auf Bundesebene, sieht anders aus!Mein Eindruck: Die Landesregierung will lediglich Eindruck erwecken, den erneuerbaren Energien nicht abgeneigt zu sein. Sie verkennt dabei, dass diese längst auf dem Vormarsch sind und wir inzwischen Strommengen erreichen, die wir nicht einfach vergeuden dürfen, was für ein volkswirtschaftlicher Irrsinn!Der Bericht erkennt zutreffend, dass vielerorts Menschen für erneuerbare Energien seien, aber gegen Stromleitungen. Wenn das aber so ist – und wenn Studien uns sagen, auf welche Menge die Stromerzeugung in den nächsten vier Jahren (bis 2015) ansteigen wird –, dann ist „informieren“, wie es der Bericht empfiehlt, viel zu wenig! Kommen Sie endlich den Wünschen der Bevölkerung entgegen und setzen Sie sich aktiv und mit Engagement für Stromleitungen unter der Erde ein! Das, Herr Minister, löst die in Ihrem Bericht beschriebene Dichotomie (S. 16) auf und sorgt für echte Akzeptanz für neue Stromtrassen!Wollen Sie wirklich, dass Leitungen schnell und ohne lange Klage- und Enteignungsverfahren gebaut werden? Dann hören Sie doch einmal darauf, was die Menschen im Lande, was 3Kommunalpolitikerinnen und -politiker oder auch Tourismus-, Bauern- und Naturschutzverbände wollen! (Letztere sind sich hier ausnahmsweise einmal einig, das hat doch etwas zu bedeuten?!)Nebenbei bemerkt: Auch die wie zufällig eingestreute Behauptung, die Kosten für die Verlegung von Erdkabeln seien gegenüber Freileitungen „deutlich höher“ (S. 27) zeigt, wes Geistes Kind dieser Bericht ist. Er soll den Stromkonzernen, nicht aber den Menschen gefallen! Nun mag man sagen, die öffentliche Hand, das Land habe eben nur geringen oder gar keinen Einfluss auf den Netzausbau durch die Netzbetreiber. Dann müssen wir diesen Einfluss eben steigern!Die SPD-Fraktion ist seit jeher der grundsätzlichen Auffassung, dass Netz und Betrieb voneinander getrennt werden sollten. Stromkonzerne dürfen eben nicht mehr allein für den Ausbau und Betrieb der Netze zuständig sein! Auch darf die Verpflichtung der Netzbetriebe, ein leistungsfähiges und sicheres Netz vorzuhalten, nicht unter dem Vorbehalt der wirtschaftlichen Zumutbarkeit stehen! Nur dadurch wird das, was die Landesregierung mit freundlichen, aber schwachen Appellen versucht, auch mit politischem Nachdruck zu erreichen sein: Ein leistungsfähiges Stromnetz unter der Erde, das den Anforderungen unseres Landes auch über 2015 hinaus gewachsen sein wird. Ein Stromnetz, das den Menschen gerecht wird und nicht den Stromkonzernen.