Bernd Heinemann zu TOP 10: Beleg für einen neuen Nicht-Politik-Stil
Es gilt das gesprochene Wort! Kiel, 24. Februar 2011TOP 10, Änderung des Gesetzes zur Ausführung des Krankenhausfinanzierungsgesetzes (Drucksache 17/1273)Bernd Heinemann:Beleg für einen neuen Nicht-Politik-StilDer Bürgerliche Otto von Bismarck war der Auffassung: „Die Scheu vor Verantwortung ist die Krankheit unserer Zeit.“ Es mag ja sein, dass das Regierungsbündnis vom vielen Schieben des Rasenmähers über die soziale Landschaft erschöpft und die Sorge um weitere Fehler die Koalition geradezu lähmt und die Lust auf politische Entscheidungen schwächt.Aber diese Vorlage für eine derartige Gesetzesinitiative ist mehr als nur erstaunlich. Gerade haben wir gelernt, dass die Erlasse des FDP-Bildungsministers im Schnitt eine Gültigkeitsdauer von 3 Tagen haben, wie der April-April-Erlass zur Lehrerarbeitszeit, der Psychoerlass oder der 21-Tage-Melde-Erlass.Und jetzt sollen wir dem Gesundheitsminister ins Gesetzbuch schreiben, dass er per Verordnung die Kooperation zwischen Krankenhäusern und Ambulanten Diensten regelt. Was wir bei Prüfungsordnungen für Heilpraktiker richtig finden und bei der seit über einem Jahr verschleppten Krankenhaushygieneverordnung als Gesetzesinitiative gerade noch nachvollziehen können, wird mit diesem Antrag zur Farce.Wir wurden am 5. Mai, also vor 9 Monaten, durch einen schwarz-gelben Antrag von einer Grundsteinlegung zur Verbesserung der Kooperation im Bereich der ambulanten Behandlung überrascht. Wir haben uns in Parlament und Sozialausschuss bemüht, die Bausteine einer 2verbesserten Kooperation zwischen den Sektoren durch eine umfassende Anhörung zusammenzutragen.Wir haben uns intensiv damit beschäftigt, den politischen Mörtel der nachhaltigen Versorgungsverbesserung hinzubekommen. Auf der Tagesordnung der nächsten Sozialausschusssitzung stehen - nach Auswertung eines monatelangen Anhörungsverfahrens zu den Inhalten genau dieser Gesetzesinitiative - konstruktive Anträge der CDU, FDP und der SPD-Fraktion.Die regierungstragenden Fraktionen machen in ihrem neuen Änderungsantrag 17/530 zwar behutsam, aber immerhin wenigstens noch Vorschläge für gleiche Qualitätsanforderungen zwischen den Sektoren. Wir sind jetzt kurz vor dem Richtfest, und nun wollen Sie das konstruktive Ergebnis ohne Rücksprache abreißen und ein Fertighaus als Verordnung ohne jeglichen politischen Anspruch im Ministerium bestellen. Das war‘s. Nach dem Motto: Die machen das schon!Wenn dies eine neue Gesetzesinitiative zu besserer und fairer Beteiligung wäre, also ein Anbau, dann hätten Sie nicht den § 20 entpolitisiert, sondern in § 19 die Beteiligung der Psychotherapeutenkammer oder an anderer Stelle die Beteiligung der Krankenhäuser politisch verankert, wie das in anderen Bundesländern längst geschehen ist, aber auch das ist Thema im Ausschuss.Meine Damen und Herren, es ist ja noch Karneval und ich denke, hier wäre mal wirklich der Orden wider den tierischen Ernst fällig. Wozu noch ein Gesundheitsausschuss, wozu noch dieses Parlament! Wenn das Ihr Ernst ist, was Sie hier vorhaben, dann sollten wir die Diskussion um das Wahlgesetz abbrechen, das Parlament endgültig auflösen und die Monarchie wieder einführen!Wollen Sie wirklich das ganze Verfahren wiederholen, eine neue Anhörung, neue Gesetzesinitiativen zur politischen Ausrichtung dieses Ausführungsgesetzes? Und was passiert als nächstes? Wenn dieses Gesetzesvorhaben ein Beitrag zur Entpolitisierung und Verflachung sein soll, dann haben die Antragstellenden es gut gewählt. Die Krankenhausgesellschaft, die Kassenärztliche Vereinigung, die Ärztegenossenschaft und all die anderen beteiligten Verbände 3und Kammern wären dann zwar nur als Kasperpuppen im Ausschuss aufgetreten, aber dann ist dieser Antrag wenigstens der Beleg für einen neuen Nichtpolitikstil.Liebe Koalitionsmitglieder, einige wenige unter Ihnen haben offensichtlich keine Lust mehr, ihre Regierung zu tragen, was ich allerdings gut verstehen könnte. Diese Ausnahmepolitikerinnen und -politiker wollen vielleicht zumindest die Parlamentsarbeit demnächst ganz einstellen und die Verantwortung komplett an die Regierung abtreten. Nur Mut, kann ich da nur sagen. Das Problem ist nur: Zumindest die Führungen des Bildungs- wie des Sozial- und Gesundheitsministeriums schaffen ihren Job leider schon jetzt nicht mehr.Die Bildungserlasse sind das eine, den Entwurf oder das Konzept einer Krankenhaushygieneverordnung erwähnte ich bereits in der letzten Sitzung und über die seit über 1 ½ Jahren verschollenen Verordnungen zum Selbstbestimmungsstärkungsgesetz reden wir ja später noch. Inhaltlich verweise ich auf unsere und Ihre eigenen Anträge im Sozial- und Gesundheitsausschuss zu diesem Thema.Bitte erklären Sie dem Hohen Haus doch wenigstens, was mit unserer aufwendigen und umfangreichen Arbeit zur Meinungsbildung geschehen soll und wie Sie das alles den beteiligten Verbänden erklären wollen. Diese Gesetzesinitiative bringt das ganze Dilemma der Handlungserstarrung auf den Punkt. Ich weiß nicht, ob sich das noch bis zum Neuwahltermin steigern lässt.Wie wir das im Ausschuss noch kitten können, weiß ich zwar im Moment nicht, einer Überweisung und neuen Anhörungen sehe ich aber mit weiterhin sehr starkem gesundheitspolitischem Interesse entgegen. Dietrich Bonhoeffer hat einmal gesagt: „Der größte Fehler, den man im Leben machen kann, ist, immer Angst zu haben, einen Fehler zu machen.“ Dem können wir uns nur anschließen!