Wolfgang Baaschzu TOP 32: Vollständige Gleichbehandlung von Stamm- und Leiharbeitnehmern
Es gilt das gesprochene Wort! Kiel, 23. Februar 2011TOP 32, Gegen unhaltbare Zustände im Bereich der Leiharbeitsbranche (Drucksache 17/1288 und 17/1324)Wolfgang Baasch:Vollständige Gleichbehandlung von Stamm- und LeiharbeitnehmernVor fast genau 11 Monaten haben wir hier im Landtag über einen Entschließungsantrag der SPD-Landtagsfraktion diskutiert. Wir wollten mit unserer Entschließung erreichen, dass sich der Schleswig-Holsteinische Landtag eindeutig gegen die Verdrängung oder Ersetzung von Stammbelegschaften durch die Beschäftigung von Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmern ausspricht.Für uns Sozialdemokraten gilt weiter der Grundsatz „gleiche Arbeit – gleiches Geld“. In unserem damaligen Antrag haben wir nur eine winzige Ausnahme von diesem Grundsatz zugelassen. Diese winzige Ausnahme ist mehr als vertretbar. Wir sagen: Für eine erforderliche Einarbeitungszeit darf es für die Dauer von maximal vier Wochen eine Ausnahme geben und auch diese Ausnahme muss tarifvertraglich zum Schutze des Leiharbeitnehmers abgesichert sein.Und nach wie vor sehen wir, dass Unternehmen immer wieder dazu übergehen, Stammbelegschaften durch Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmer zu ersetzen. Diese Praxis zeigt, dass das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz in der derzeitigen Form nach wie vor zu einer drastischen Verschlechterung der Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten durch die Unternehmen genutzt wird. Darum haben wir damals auch gefordert, die konzerninterne Arbeitnehmerüberlassung durch eigene Leiharbeitsgesellschaften zu begrenzen. 2Seit Sonntagnacht gibt es eine gute, eine positive Entwicklung für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in unserem Land. Für weitere 1,2 Mio. Beschäftigte in der Zeitarbeit, im Sicherheitsgewerbe und in der Weiterbildung wird ein Mindestlohn kommen.Für die Leiharbeit bedeutet das, dass für die knapp 1 Mio. Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmer in Deutschland spätestens zum 01. Mai 2011 im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz ein echter Mindestlohn festgesetzt wird. Dieser tarifliche Mindestlohn bildet künftig die absolute Lohnuntergrenze. Er gilt sowohl für die verleihfreie Zeit, als auch für die Zeit des Einsatzes bei dem entleihenden Unternehmen. Jeder Beschäftigte in der Leiharbeitsbranche kann in Zukunft damit rechnen, dass er das vereinbarte Mindestentgelt bekommt, das derzeit bei 7,59 Euro die Stunde liegt.Leider konnte am Sonntag kein Weg gefunden werden, um den Grundsatz „gleiche Arbeit – gleiches Geld“ umzusetzen. Die Realität ist, dass Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmer bis zu 50 % weniger verdienen als ihre Kollegen, obwohl sie die gleiche Arbeit machen. Die Realität ist auch, dass sie es sind – die Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmer – die immer wieder um ihre Jobs bangen müssen. Realität ist aber auch, dass Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmer kaum Aufstiegschancen haben, in den Betrieben nicht qualifiziert werden und nur seltenst von den Betrieben, in denen sie zuvor dringend gebraucht wurden, übernommen werden.Deswegen bedeutet Leiharbeit Entwürdigung der Arbeit. Würde ist bei der Arbeit aber notwendig, damit Menschen motiviert werden und sich mit ihrer Arbeit identifizieren können. Und es ist gut und unterstützend, dass die Gewerkschaften morgen einen Aktionstag gegen Missbrauch in der Leiharbeit durchführen! „Arbeit sicher und fair“ – so die DGB-Aktion – findet unsere volle Unterstützung!Die SPD tritt dafür ein, dass Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmer während ihres Einsatzes mit den Kollegen, die fest angestellt sind, gleich behandelt werden. Wenn von diesem Gleichbehandlungsgrundsatz abgewichen wird, ist es nicht nur eine soziale Ungerechtigkeit, sondern damit wird auch volkswirtschaftlicher Schaden angerichtet.Die Ungleichbehandlung führt dazu, dass immer mehr Stammbeschäftigte dauerhaft durch Leiharbeitnehmer ersetzt werden und somit Normal-Arbeitsverhältnisse vernichtet werden. Wir 3brauchen aber gute und sichere Arbeitsplätze mit einer Entlohnung, von der die Menschen leben können.Dies war leider in den Verhandlungen mit der Regierungskoalition auf Bundesebene nicht durchsetzbar. Die FDP war dabei die treibende Kraft. Hat sie doch bis zuletzt darauf beharrt, gleichen Lohn erst nach neun Monaten des Einsatzes einzuführen. Gleicher Lohn nach neun Monaten würde aber bei fast allen Leiharbeitern überhaupt nicht helfen, weil sie meist viel kürzer in den Betrieben eingesetzt werden. Darüber hinaus wäre zu befürchten, dass die Arbeitgeber eine solche Regelung schlicht umgehen würden, indem sie die Leiharbeitnehmer nach neun Monaten auswechseln. Da sind auch die von CDU und FDP hier geforderten drei Monate nur Ablenkung, denn in Berlin hört die eigene Partei nicht auf Sie!Und wir machen hier keine faulen Kompromisse! Wir Sozialdemokraten stehen weiter zur vollständigen Gleichbehandlung von Stammbelegschaften und Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmern. Dies ist das Gebot von sozialer Gerechtigkeit und wirtschaftlicher Vernunft.Abschließend noch einige kurze Anmerkungen zum Antrag der Fraktion Die Linke. Wollte die Fraktion Die Linke vor elf Monaten die Leiharbeit noch pauschal verbieten, liest sich ihr Antrag heute wesentlich differenzierter.Über Forderungen nach Beschränkung der Leiharbeit sowie den Stopp von Missbrauch in der Leiharbeit sollten wir im Sozialausschuss vertiefend diskutieren. Dies gilt auch für den Punkt, dass Leiharbeit eindeutig mitbestimmt sein muss.