Lothar Hay zu TOP 18, 33 + 52: Die Agrarpolitik muss "grüner" werden!
Es gilt das gesprochene Wort! Kiel, 27. Januar 2011TOP 18, 33 und 52: Anträge und Bericht zur Zukunft der Landwirtschaft nach der Kommissionsmitteilung der EU zur gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) nach 2013 (Drucksachen 17/1071 und 17/1176)Lothar Hay:Die Agrarpolitik muss „grüner“ werden!„Nun auch Roundup im Trinkwasser“, war die Schlagzeile im Nordschleswiger am Dienstag. Die Befürchtung ist, dass es sogar notwendig sein wird, das gesamte Trinkwasser in Dänemark zu reinigen. „Der Gesundheitszustand der europäischen Bienen ist sehr, sehr besorgniserregend“, warnte Ungarns Agrarminister ebenfalls am Dienstag. Zwei Beispiele, die deutlich machen, dass wir eine andere Ausrichtung der Agrarpolitik in Europa und Deutschland brauchen.Die Landwirtschaft in Deutschland und ganz Europa steht am Scheideweg. Längst hat sie sich von ihrem Ursprungsauftrag der reinen Erzeugung von Lebensmitteln zur Ernährung der nationalen Bevölkerung verabschiedet. Sie arbeitet anders als die übrige produzierende Wirtschaft inmitten der Bevölkerung in einem gläsernen System und muss sich daher offen den Anforderungen an Umwelt und Natur sowie den sozialen Aspekten stellen.Jährlich fließen 360 Mio. € aus Brüsseler Kassen zum Erhalt der flächendeckenden Bewirtschaftung in die Landwirtschaft. Dies wird in Zukunft nur zu rechtfertigen sein, wenn ein fundamentaler Umschwung in der Gemeinsamen Agrarpolitik der Europäischen Union (GAP) stattfindet. Angesichts der zunehmenden Industrialisierung in immer größeren Betrieben mit hohen Tierbesatzzahlen und wenigen Arbeitskräften, dem immer stärkeren Anbau von Mais für Biogasanlagen, der Finanznot der öffentlichen Kassen sowie der weiter stattfindenden Aufgabe von landwirtschaftlichen Betrieben brauchen wir ein neues Leitbild für die GAP. Die für den Weltmarkt produzierenden Betriebe brauchen auf Dauer keine staatlichen Subventionen.Der Weltagrarbericht von 2008 hat deutlich gemacht, dass nicht die Steigerung der Produktivität um jeden Preis, sondern die Produktion von Lebensmitteln vor Ort entscheidend ist für die 2Bekämpfung des Hungers. Der Glaube, die Welternährung könne über eine Intensivierung der Produktion in landwirtschaftlich entwickelten Regionen gesichert werden, ist irreführend.Auch für die Flächen zur Energiepflanzenproduktion sind keine landwirtschaftlichen Subventionen auf Dauer erforderlich. Die weniger werdenden Fördermittel sind auf die Erzielung eines gesellschaftlichen Mehrwertes hin auszurichten:- Erhalt und Mehrung der Artenvielfalt - Erhalt und Pflege der Kulturlandschaft - Schutz der Naturgüter - verstärkte Berücksichtigung des Tierschutzes - Klimaschutz/Treibhausgas-Speicherung - Wertschöpfung und Einkommen im ländlichen Raum - Sicherung von Arbeitsplätzen - Erhalt der Basis für Tourismus und NaherholungDie Zeichen aus Brüssel stehen klar auf eine fundamentale Wende der Agrarpolitik. Am 17.11.2010 hat EU-Kommissar Ciolos seine Vorschläge der Öffentlichkeit präsentiert. Viele unserer vorstehenden Folgerungen sind darin enthalten, die Agrarpolitik muss sich öffnen, muss „grüner“ werden! Um von Deutschland aus etwas zu ändern, darf nicht länger die Parole ausgegeben werden, „Alles muss so bleiben wie es heute ist“. Wir müssen uns an die Spitze setzen und nicht als Bremser betätigen. Deutschland braucht Gemeinsamkeit und zukunftsweisende Ideen – nicht nur in der Agrarpolitik.In unserem Antrag und ähnlich beim Antrag der Grünen ist verankert, wie wir dies erreichen können. Ziel muss sein, die Landwirtschaft nicht nur als heimische Nahrungsproduktion (Ernährungssicherung) nach außen zu verteidigen, sondern die Landwirtschaft wirtschaftlich, ökologisch und sozial nachhaltig als Entwicklungsmotor für die ländlichen Räume zu entwickeln. Wenn uns dieser gemeinsame Kraftakt gelingt, wird die Gesellschaft auch weiter bereit sein, erhebliche Steuergelder für den Erhalt der flächendeckenden Landwirtschaft in Europa und auch in Schleswig-Holstein bereitzustellen.Dafür sollten wir alle gemeinsam arbeiten, die Politik, die Landwirtschaft und alle gesellschaftlichen Gruppen und Organisationen, und die Weichen auf eine „grünere“, 3zukunftsfähige Landwirtschaft stellen. Die Landwirtschaft muss einen wesentlichen Beitrag zum Klimaschutz in den nächsten Jahrzehnten leisten, deshalb müssen wir den Flächenanteil ökologischer Landnutzungssysteme bis 2015 auf 20 Prozent ausbauen, dafür brauchen wir eine andere Agrarpolitik als bisher.