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27.01.11
12:39 Uhr
SSW

Anke Spoorendonk zu TOP 19 - Nordseestrategie/Europapolitik

Presseinformation Kiel, den 26. Januar 2011 Es gilt das gesprochene Wort



Anke Spoorendonk

TOP 19 u. 32 Nordseestrategie/Europapolitik Drs. 17/1174 und 17/1072
Nach der Ostsee und dem Donauraum soll auch die Nordsee in Zukunft von einer
eigenen europäischen Strategie profitieren. So lautet die Empfehlung des Ausschusses
der Regionen, die Anfang Oktober letzten Jahres verabschiedet wurde. Berichterstatter
des Ausschusses zu diesem Thema ist Hermann Kuhn, Mitglied der Bremischen
Bürgerschaft, der zu Eile drängt. Man müsse nicht abwarten, was aus der EU-
Ostseestrategie wird, denn schließlich gäbe es für die Nordsee akuten Handlungsbedarf:
Überfischung, Ölförderung und Meeresverschmutzung – um nur einige wichtige
Problembereiche zu nennen.


Recht hat er. Daher begrüßt der SSW, dass sich nun auch der Schleswig-Holsteinische
Landtag dieses Themas annimmt. Die beiden vorliegenden Anträge stehen unserer
Meinung nach nicht im Gegensatz zu einander – sie ergänzen sich und sollten
zusammengeführt werden, um der Sache zu mehr Nachdruck zu verhelfen. Wir können
somit beiden zustimmen. 2
Aber auch, wenn wir uns bisher nicht konkret mit der Formulierung einer europäischen
Nordseestrategie befasst haben, so besteht allen Grund festzuhalten, dass nicht zuletzt
der Landtag immer wieder die jeweiligen Landesregierungen aufgefordert hat, die
Nordseekooperation voranzubringen. Der letzte Bericht zur Nordseekooperation liegt
aber mittlerweile gut vier Jahre zurück, und aus der Landtagsinitiative zur Schaffung
eines „Parlamentsforums Nordsee“ ist bisher auch noch nichts geworden. Am
konkretesten scheint mir immer noch die Beteiligung Schleswig-Holsteins an der Arbeit
der Nordseekommission zu sein. Von einer Vorreiterrolle kann aber noch lange nicht die
Rede sein. Das ist bedauerlich, weil doch gerade Schleswig-Holstein mit den Erfahrungen
der Ostseekooperation ein Pfund hat, mit dem man wuchern könnte.


Bei der Ostseekooperation standen von Beginn an nicht nur Probleme, sondern auch die
Entwicklung gemeinsamer Perspektiven im Vordergrund. Daraus erwuchs eine
verpflichtende und tragfähige Struktur, in der heute sowohl die Regierungen wie auch
die Parlamente eingebunden sind. Und genau dies ist der Hintergrund dafür, dass es mit
der schwedischen EU-Ratspräsidentschaft möglich wurde, überzeugend für die
Entwicklung einer europäischen Ostseestrategie zu argumentieren. – Ohne Strukturen
läuft eine Strategie ins Leere.


Das alles steht für die Nordsee noch aus. Natürlich gibt es auch entlang der Nordsee ein
Netzwerk – nicht zuletzt die Friesen nutzen ihre Verbindungen seit vielen Jahrzehnten –
doch sind wir noch weit entfernt von der Einrichtung dauerhafter Strukturen – zum
Beispiel zur Lösung gemeinsamer Probleme. Hier ist Schleswig-Holstein aufgerufen, sich
gestaltend einzubringen. 3
Daher ist es gut, dass beide Anträge die Aufforderung enthalten, Landesregierung und
Landtag mögen bis Mitte 2011 gemeinsam die Schwerpunkte Schleswig-Holsteins in der
Nordseekooperation diskutieren und benennen. Dass hier in erster Linie der Europa-
Ausschuss gefragt ist, sagt sich von selbst. Gefragt sind aber auch die Erfahrungen, die
im Rahmen der Wattenmeerkonferenzen und der staatenübergreifenden INTERREG-
Projekte gemacht worden sind.


Der SSW hat in der Vergangenheit immer wieder betont, dass die Zusammenarbeit im
Ostseeraum mehr ist als traditionelle Europapolitik. Sie hat einen Wert an sich. Sie ist
sehr viel konkreter, und sie ist von unten gewachsen. Dies sollte auch die Messlatte für
eine künftige Nordseekooperation sein. Ich möchte aber dennoch mit einer
eindrücklichen Warnung schließen: Die Nordseekooperation eignet sich nicht zur
sprichwörtlichen Sau, die durchs Dorf gejagt wird. Es wäre für Schleswig-Holstein ein
Bärendienst, wenn die Nordseekooperation auf Kosten der Ressourcen, die wir derzeit im
Ostseeraum haben, ausgebaut werden würde. Wir müssen beides wollen und für beides
Ressourcen zur Verfügung stellen. Alles andere wäre eine Mogelpackung.