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27.01.11
12:15 Uhr
SPD

Rolf Fischer: Es fehlt der europapolitische Gestaltungswille

Es gilt das gesprochene Wort!
Kiel, 27. Januar 2011


TOP 19 + 32, Europäische Nordseestrategie / Europapolitik in Schleswig-Holstein wieder aufbauen (Drucksachen 17/1072, 17/1175 und 17/1174)



Rolf Fischer:
Es fehlt der europapolitische Gestaltungswille

Wir werden sicher gleich hören, was die Landesregierung europapolitisch alles auf den Weg gebracht hat, viele schöne Worte und auch manch richtige Initiative; damit lassen sich Reden, Broschüren und Berichte füllen, keine Frage.
Viel wichtiger aber ist, was sie nicht auf den Weg gebracht haben, was nicht mehr stattfindet, ebenso wichtig ist die Frage, welche negativen Folgen dieser europapolitische Abstieg für unser Land hat, für Vereine und Verbände, aber auch für die Position Schleswig-Holsteins in diesem Europa der starken Regionen.
Lassen Sie mich das Fazit vorwegnehmen: Ihre Europapolitik ist thematisch einseitig, sie ist in vielen Punkten schlicht einfallslos. Und vor allem: Sie wirft uns als Land und als Parlament weit zurück! Um es deutlich zu sagen: Ihnen fehlt der europapolitische Gestaltungswille, weil Ihnen längst Ihre europapolitische Vision abhanden gekommen ist!
Vier Beispiele dafür:


1. Sie reduzieren Europapolitik immer stärker auf Wirtschaftspolitik, wie Ihre sog. „Dänemark-Strategie“ deutlich zeigt: Wirtschaftsaspekte, Verkehrsprojekte – alles richtig und erstrebenswert. Wenn der Kern einer Strategie sich aber auf diesen einen Aspekt reduziert, ist das zu wenig. Die Kritik – auch in Dänemark - war entsprechend heftig, nicht 2



zuletzt, weil Sie gleichzeitig die Verschmelzung der beiden EU-Interreg-Gebiete ins Spiel gebracht haben; eine Idee, die nach heftiger Kritik glücklicherweise wieder im Rundordner gelandet ist.
Ein gutes Feld, in dem Sie wirtschaftspolitisch punkten könnten, nämlich die Nordseekooperation, vernachlässigen Sie aber! Großbritannien und die Niederlande sind mit die wichtigsten Außenhandelspartner unseres Landes. Hier bedarf es endlich einer Nordseestrategie, wie wir sie in unserem Antrag fordern und wie der Grüne Antrag sie zu Recht ergänzt. Aber die Landesregierung bleibt bisher in dieser Frage seltsam stumm! Ärgerlich ist deshalb, dass unsere Landtags-Nordsee-Initiative, die hier im Parlament gestartet wurde, an Hamburg abgegeben und dort mehr oder weniger begraben wurde. Das ist kein Umgang mit uns als Parlament und schadet der Sache!
2. Sie lehnen das Soziale Europa ab! Dieser Aspekt ist Ihnen keine neue oder eigene Initiative wert. Beispiel: 2010 war das „Europäische Jahr gegen Armut und soziale Ausgrenzung“. Der Sozialminister hat damals aufgezählt, was er vorhabe, meist Initiativen seiner Vorgängerin, Frau Trauernicht, die bereits auf den Weg gebracht waren. Fazit heute, ein Jahr später: Die Chance des Europäischen Jahres haben sie in keiner Weise genutzt.
Etliche Projekte wurden im Rahmen Ihrer Haushaltskürzungen bedroht oder gar abgeschafft, viele soziale Initiativen müssen um ihre Existenz kämpfen. Sie übersehen die große integrierende Wirkung, die das Soziale Europa entfacht, und der es unbedingt bedarf, wenn wir in Schleswig-Holstein und Europa erfolgreich sein wollen.
3. Sie belasten die grenzüberschreitende Politik.
Ein Beispiel sind die Kürzungen für die Schulen der dänischen Minderheit, die Abwendung von der Politik der Gleichstellung. Sie haben dabei den überregionalen, den europapolitischen Schaden falsch eingeschätzt, nämlich völlig unterschätzt! Ein Zitat von Herrn Maurus im „Nordschleswiger“ belegt dies eindrucksvoll: „Den Ärger von Carl Holst und die Frage, ob zwischen Süddänemark und SH etwas ‚kaputtgegangen’ sei, relativiert Herr Maurus wortreich: ‚Die Diskussion, die wir im Juni geführt haben, war die Diskussion vom Juni. Die Diskussion, die wir heute führen, ist die Diskussion von heute.’“
Das ist fundamental, aber ich sage Ihnen ohne große Prophetie voraus: Die Diskussion von morgen ist die Diskussion von morgen! Tatsächlich aber führen Sie in dieser Frage eine Diskussion von vorgestern! Sie haben der Minderheiten- und der Grenzlandpolitik, die 3



europaweit als Erfolgsmodell gilt, einen Bärendienst erwiesen. Die Folgen werden Sie noch lange spüren!
4. Einen europapolitischen Rückzug haben Sie auch in der Ostseepolitik angetreten.
Schleswig-Holstein hat seinen Vorsprung im Ostseeraum längst eingebüßt. Beispiel: Deutschland übernimmt bis Juni 2012 den Vorsitz im Ostseerat, damit verbunden ist eine Reihe von Aktivitäten der norddeutschen Länder: Mecklenburg/Vorpommern arbeitet federführend im Bereich maritime Politik und Gesundheitswirtschaft, Hamburg positionierte sich mit einer großen Bildungskonferenz; und Schleswig-Holstein? Richtet die Festveranstaltung zum Auftakt der Präsidentschaft aus - cooler Termin, passt zum Image des Ministerpräsidenten, keine Frage! Aber die politische Chance wird wieder nicht genutzt!
Ich will weitere Beispiele aufführen:
- die Kürzungen in der kulturellen Ostseekooperation, - Ihr mangelndes Engagement bei der Umsetzung der Ostseestrategie, - die schleppende Umsetzung des regionalen Aktionsplans zur integrierten Meerespolitik, - das mögliche Aus der beiden europe-direct-center in Schleswig-Holstein.
Kurz zusammengefasst:
Sie setzen einseitige inhaltliche Schwerpunkte,
es gibt kaum neuen Initiativen,
Sie begeistern nicht mehr für Europa.
Das ist nicht nur europapolitisch viel zu wenig, das hat das Land auch nicht verdient!