Lothar Hay zu TOP 24, 25 + 26: Das Bewusstsein für gesunde Lebensmittel fördern!
Es gilt das gesprochene Wort! Kiel, 27. Januar 2011TOP 24, 25 und 26: Anträge zum Futtermittelrecht und zur Sicherung der Lebensmittelkette vor Schadstoffen / Dioxin in Futtermitteln (Drucksachen 17/1157neu, 17/1163 und 17/1164)Lothar Hay:Das Bewusstsein für gesunde Lebensmittel fördern!Das rechtswidrige Handeln des Futtermittelunternehmens Harles und Jentzsch hat einen bundesweiten Skandal verursacht, der noch immer nicht in all seinen Facetten aufgeklärt ist. Neben dem noch nicht bezifferbaren Schaden für die vielen landwirtschaftlichen Betriebe ist das Vertrauen der Verbraucher schwer erschüttert.Nun ist es nicht der erste Skandal im Lebensmittelbereich in den letzten 10 Jahren. Nach jedem Skandal wurden von der Bundesregierung Konsequenzen und strengere Vorschriften angekündigt. Verändert hat sich fast nichts! Wenn in Zukunft weitere Skandale vermieden werden sollen, dann darf es nicht bei 10- oder 15- Punkteplänen bleiben. Erforderlich sind schnelle Änderungen des nationalen Rechts.Offensichtlich hat das freiwillige und amtliche Lebensmittelkontrollsystem den jetzigen Dioxinskandal nicht verhindern können, es bedarf daher einer Überprüfung und Verbesserung. Soweit besteht sicher Einigkeit; selbst Verbraucherschutzministerin Aigner hat dies nach langem Zögern eingesehen und ihre Politik des Schwarzen-Peter-Spiels mit Vorwürfen an andere Stellen und Länder aufgegeben.Was wir allerdings nicht brauchen können, sind Beschwichtigungsworte sowie Vorwürfe an die Medien und das Konsumverhalten der Menschen. So wundere ich mich über die Worte des Kollegen von Boetticher, der vor einigen Tagen in Schenefeld auf einem Neujahrsempfang gesagt haben soll, „der Fall sei von den Medien aufgeputscht. Außerdem sei es ein Irrglaube, anzunehmen, dass man so etwas in Zukunft verhindern könne“. 2Handlungsfähige Politik sieht diametral anders aus. Hier wiederhole ich gerne meine Bewertung, die ich bereits im Agrar- und Umweltausschuss zu diesem Thema gesagt habe: Die Futtermittelaufsichtsbehörden in Schleswig-Holstein haben mit Ministerin Dr. Rumpf an der Spitze in der Handhabung des Skandals und insbesondere mit der offenen Informationspolitik gegenüber dem Landtag gut gearbeitet.Es geht im Grunde um eine einfache Sache, nämlich weg von Ankündigungen und hin zu Maßnahmen zu kommen. Dafür ist der Vorschlag der Verbraucherministerkonferenz durchaus eine geeignete Grundlage; er entspricht in weiten Teilen den interfraktionell vorliegenden Vorschlägen.Für mich stehen insbesondere vier Bereiche im Fokus:1. Risikominimierung in den Futtermittelbetrieben durch geänderte Zulassungsverfahren, die Trennung von Produktströmen nach industrieller und futtermitteltechnischer Weiterverarbeitung sowie eine transparente Kennzeichnung der Inhalte von Futtermitteln, z. B. über eine Positivliste. Was die Positivliste betrifft, können wir nicht warten, bis sich die 27 Mitgliedsstaaten der EU geeinigt haben.2. Verbesserung der eigenen und amtlichen Kontrollen mit vollständiger und leicht zugänglicher Darstellung aller gemessenen Ergebnisse auch für die Verbraucherinnen und Verbraucher. Hierzu bedarf es einer Stärkung der staatlichen Infrastruktur bei der Beprobung und Laboruntersuchung.3. Die Landwirte in Schleswig-Holstein sind – unabhängig davon, ob ihre Höfe gesperrt waren oder nicht – gleichfalls Opfer des Dioxinskandals. Sie sind angesichts des Preisverfalls für Schweinefleisch in wirtschaftliche Not geraten. Für die Schäden, die durch verunreinigtes Futtermittel entstehen, brauchen wir eine finanziell ausreichend hoch angesetzte Haftpflichtversicherung, die zwingend von der Futtermittelindustrie und dem -handel abgeschlossen werden muss. Auch die von Ministerin Aigner angekündigten günstigen Kredite der Landwirtschaftlichen Rentenbank sind sinnvoll, um finanzielle Engpässe auf den Höfen zu überbrücken.4. Neben aktuellen schnellen Verbesserungen im System der Futtermittelkontrolle dürfen wir die übergeordnete Aufgabe nicht aus den Augen verlieren: Wir müssen einen gesellschaftlichen Prozess zum Wert von Lebensmitteln und zum eigenständigen Wert gesunder Ernährung anstoßen. Nur Wissen um und Bewusstsein für gesunde Lebensmittel kann die Verbraucherinnen und Verbraucher ermuntern, für qualitativ hochwertige Lebensmitteln den 3richtigen Preis an der Kasse zu bezahlen. Diese gesamtgesellschaftliche Aufgabe muss vom Staat noch besser in der schulischen und außerschulischen Bildung und Weiterbildung angepackt werden.Dass noch viel für gute Lebensmittel zu tun ist, ist der Drucksache 17/1052 zu entnehmen. Zur Hähnchenhaltung in Schleswig-Holstein erklärt die Landesregierung, dass der landesweite Einsatz von Antibiotika in der Hähnchenhaltung von den Überwachungsbehörden nicht erfasst wird.Es ist also noch viel zu tun!