Bernd Heinemann zu TOP 7: Die Chance für den großen Wurf nutzen
Es gilt das gesprochene Wort! Kiel, 26. Januar 2011TOP 7, Gesetz zur Änderung gesundheitsdienstlicher Regelungen (Drucksache 17/1120)Bernd Heinemann:Die Chance für den großen Wurf nutzen!Alles Fertige wird angestaunt, alles Werdende wird unterschätzt, hat Nietzsche einmal gesagt. Das Gesundheitsdienstgesetz ist niemals wirklich fertig und es muss dringend auf den neusten Stand gesetzt werden. Deshalb ist das Gesetz zur Änderung gesundheitsdienstlicher Regelungen ein Weg, den wir gemeinsam gehen werden.Ich hätte mir die Initiative allerdings schon vor einem Jahr gewünscht, als durch die Presseberichterstattung über Zahlen und Fakten des Göttinger Aqua-Instituts, des Berliner Robert-Koch-Instituts, des Allianz-Reports mit der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene und die Berichte der großen Krankenkassen die gestiegenen Risiken klar wurden. Bis zu einer Millionen Menschen infizieren sich jährlich mit multiresistenten Infektionen. 20.000 Menschen sterben in Folge an Lungenentzündungen, Wund- oder Harnwegeinfektionen, nur weil ihnen Katheter gelegt wurden. Allein mit strikter Händehygiene könnten wir pro Jahr ca. 800 Menschenleben retten.Seit einem Jahr heißt es von der Regierung: „Wir sind dran und die Verordnung kommt.“ Die Opposition wartet geduldig und jetzt erst holen Sie sich quasi die Erlaubnis, mit einer Krankenhaushygieneverordnung endlich aktiv werden zu dürfen. Dafür werden wir nun im üblichen Ausschussverfahren Anhörungen durchführen und eine Beschlussempfehlung erarbeiten.Der Landtag wird beschließen und Sie dürfen dann handeln, nach einem Jahr und weiteren drei Monaten. Und dann beginnt womöglich ein Verwaltungsprozess um die Verordnung selbst. 2Vielleicht nochmals Monate. Mit Harold Macmillan kann ich dazu nur sagen: „Am schwersten verdaulich sind die Sätze, die man selbst einmal gesagt hat.“Das Ministerium, das man zum Jagen tragen muss, wird schon lange nicht mehr von einer SPD- Ministerin verantwortet. Wir haben eineinhalb Jahre für die Krankenhaushygiene verloren. Traurig für die Betroffenen. Wir können nur dringend hoffen, dass Sie die Krankenhaushygieneverordnung schon längst in der Schublade haben.Jeder Mensch, der sich wegen der fehlenden Durchschlagskraft der Robert-Koch-Richtlinien weiterhin in unseren Krankenhäusern infiziert, hat nicht nur Anspruch auf strengste Hygieneanforderungen, sondern auch auf strenge Konsequenzen der Nichtbeachtung, meine Damen und Herren.Wir sollten von den Holländern lernen. Sie sind sparsam mit Antibiotika, streng und erfolgreich mit Hygieneanforderungen, Diagnostik und Therapie. Auch die europäische Vereinheitlichung der Qualifikationsanforderungen an Rettungssanitäterinnen und Rettungssanitäter macht Sinn und soll in Schleswig-Holstein selbstverständlich umgesetzt werden.Aber wenn wir uns nun schon die Mühe machen, das Gesundheitsdienstgesetz zu novellieren, dann sollten wir uns auch einem anderen Problemfeld zuwenden, das durch meine Kleine Anfrage kürzlich deutlich wurde. Es geht um unseren Antrag zur Kenntnisprüfung als Teil des Erlaubnisverfahrens zur Ausübung der Tätigkeit als Heilpraktikerin oder Heilpraktiker.Die Bestehendenquote bei den Kenntnisprüfungen reicht von 0% im März 2010, also alle durchgefallen, beziehungsweise 9% im Oktober für Heilpraktiker/Psychotherapie in Husum bis zu seit drei Jahren unveränderten 85% für Heilpraktikerinnen und Heilpraktiker- Kenntnisprüfungen in Eutin.Bis auf Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein haben sich alle Länder, teilweise bereits seit 1996, nach und nach dazu entschlossen, an einem länderübergreifenden Verfahren zur Heilpraktikerüberprüfung teilzunehmen. Die schriftliche Überprüfung erfolgt anhand eines bundesweit einheitlichen Fragebogens, der vom koordinierenden Gesundheitsamt beim Landratsamt Ansbach in Bayern zu jedem Prüfungstermin bundesweit herausgegeben wird. Viele Verwaltungsgerichtsurteile haben die Rechtsfestigkeit dieses Prüfungsverfahrens bestätigt.Die einheitliche Herausgabe der Prüfungsbögen findet im März und im Oktober eines jeden Jahres statt. Die Prüflinge können im Internet ihr Ergebnis abgleichen. Insofern war die Antwort in der Kleinen Anfrage vom 13.10.2010 zu länderübergreifenden Kooperationen schlicht falsch. 3Die meisten beteiligten Länder verfügen über erheblich präzisere Verordnungen oder Richtlinien zum Vollzug des Heilpraktikergesetzes und gehen auch auf die Kenntnisprüfungen ein. Rahmenverordnungen sind so zu gestalten, dass eine willkürliche Kenntnisbewertung schlicht und schon technisch ausgeschlossen ist, zumal in den überall eingerichteten Gutachtergremien für die mündlichen Prüfungen auch die Heilpraktiker selbst beteiligt werden.Meine Damen und Herren, die Novellierung des Gesundheitsdienstgesetzes gibt uns nun die Chance zu mehr Transparenz, Bürokratieabbau, Einheitlichkeit und Klarheit für die Kenntnisprüfung von Heilpraktikerinnen und Heilpraktikern auch in Schleswig-Holstein. Wir müssen das Rad nicht immer wieder neu erfinden und sollten uns den erfahrenen Ländern schlicht anschließen. Nutzen wir die Chance für den großen Wurf dieser Gesetzesnovellierung! Wir freuen uns auf die notwendigen Anhörungen dazu.Mit Einstein teile ich die Auffassung, dass alles so einfach wie möglich gemacht werden sollte, aber nicht einfacher.