Andreas Beran zu TOP 20: Wir wollen das gemeinwohlorientierte Glücksspielmonopol erhalten
Es gilt das gesprochene Wort! Kiel, 17. Dezember 2010TOP 20: Gesetzentwurf zur Neuordnung des Glückspiels / Auswirkungen der Liberalisierung des Glücksspiels auf das Suchtverhalten (Drucksachen 17/1100 und 17/1079)Andreas Beran:Wir wollen das gemeinwohlorientierte Glücksspielmonopol erhaltenDie SPD-Fraktion lehnt den Gesetzentwurf zur Neuordnung des Glückspiels ab. Wir treten für die Beibehaltung des staatlichen Glückspielmonopols ein - und dies aus guten Gründen: Der von den Regierungsfraktionen vorgelegte Gesetzentwurf zur Kommerzialisierung des Glücksspiels ist an inhaltlichen und handwerklichen Mängeln kaum zu überbieten! Bei einer Umsetzung würde dies zu einem Chaos im Glücksspiel, ja geradezu zu einem Las Vegas ohne durchsetzbare Regeln und ohne Spielerschutz führen, denn dieser findet in diesem Modell praktisch nicht mehr statt. Da nützt es dann auch nichts, dies in den Zielen des Gesetzes zu benennen, wenn der Gesetzentwurf eine praktische Umsetzung nicht vorsieht.Das vorgelegte Kommerzmodell unterliegt den Binnenmarktregeln der EU. Wenn man diesen Weg geht, kann jeder Anbieter aus Europa legal in Deutschland agieren, ohne dass man ihn hier besteuern kann. Warum sollte die kommerzielle Glücksspielindustrie bereit sein, nach Schleswig-Holstein umzuziehen, wenn sie in ihrem heutigen Sitzland wie z.B. Gibraltar oder Malta Steuern in Höhe von weniger als 1 Prozent auf den Umsatz zahlen muss?Ganz grundsätzlich stellt sich die Frage, ob eine mit einem Kommerzmodell einhergehende Abkehr von den glücksspielpolitischen Leitlinien der Sozialverträglichkeit und der Gemeinwohlorientierung dem Wohl der Bürgerinnen und Bürger dienen kann. Ich jedenfalls kann das nicht erkennen. 2Der gültige Glücksspielstaatsvertrag stellt dagegen ein maßvolles staatliches Glücksspielangebot und damit eine sozialverträgliche Regelung sicher, die sich an den Prinzipien des Spieler- und Jugendschutzes, der Suchtprävention sowie der Eindämmung von Kriminalität und Korruptionsgefahren ausrichtet. Er stellt einen geeigneten Ordnungsrahmen für ein sensibles Produkt wie das Glücksspiel dar. Dieser Rahmen orientiert sich an dem gesamtgesellschaftlichen Konsens, dass Glücksspiel verantwortungsbewusst zu handhaben ist und dem Staat vorbehalten sein muss.Das Staatsvertragsmodell ist die Grundlage für nachhaltige Mittel für den Breitensport, karitative und soziale Organisationen, Kunst und Kultur sowie Umwelt- und Denkmalschutz. Allein 2009 stellten die Lotteriegesellschaften ca. 2,8 Mrd. Euro an Abgaben und Steuern für diese Zwecke bereit.Die kommerzielle Sportwettenindustrie drängt mit ihren aggressiven Spielangeboten auf den deutschen Markt und will den Glücksspielstaatsvertrag abschaffen, um ihre Gewinne zu mehren. Dies hätte verheerende Folgen durch die Regeln des europäischen Binnenmarktes. Als Beispiele seien genannt: • Anbieter mit EU-ausländischen Konzessionen dürfen nicht diskriminiert werden und könnten dann auf den deutschen Markt drängen. • Die EU-ausländischen Konzessionen müssen vorbehaltlos anerkannt werden. Es gibt jedoch keine Zwangsmöglichkeiten zur Niederlassung in Deutschland oder gar Schleswig-Holstein. • Eine Besteuerung von Anbietern im Ausland durch den deutschen Staat ist nicht durchsetzbar. • Es wäre eine Absenkung der Abgaben auf unter 1 Prozent erforderlich, um Anbieter nach Deutschland zu holen. • Um dann immer noch auf die gleiche Höhe der Abgaben zu kommen, wäre eine massive Ausweitung der Umsätze auf über 5 Mrd. Euro notwendig - dies um den Preis erhöhter Suchtgefahren.Die im Gesetzesentwurf vorgesehene Kommerzialisierung der Sportwetten würde zu einem ausufernden Angebot führen. Schon heute umfasst das Angebot eines einzelnen Wettanbieters bis zu 30.000 Wetten täglich. Die vorliegenden Erfahrungen aus anderen Ländern zeigen, dass 3es den kommerziellen Sportwettenanbietern um die Expansion ihrer harten Online-Casino- und Online-Poker-Angebote geht. Durch § 19 des Gesetzesentwurfes unterstützen Sie dieses. Die Online-Casinospiele gehören zu den Spielen mit dem höchsten Suchtpotential.Es wurde wiederholt behauptet, dass der Staatsvertrag rechtlich nicht haltbar ist. Diese Behauptungen sind falsch. Sowohl das Bundesverfassungsgericht als auch der Europäische Gerichtshof haben das Staatsvertragsmodell als verfassungs- und europarechtlich zulässig erklärt. Es ist jedoch notwendig, dass die vom EuGH kritisierte Inkohärenz korrigiert werden muss. So wäre es beispielweise im Sinne des Spielerschutzes sinnvoll, dass die staatlichen Lotteriegesellschaften ihre moderaten Glückspiele auch im Internet anbieten können. Hierdurch wäre insbesondere die junge Internetgeneration nicht mehr allein den kommerziellen Angeboten ausgesetzt.Ergänzt durch ausreichende Möglichkeiten bei der Werbung für das staatliche Angebot, würde eine solche Optimierung des Staatsvertrages den Lottogesellschaften ermöglichen, ihren Auftrag besser zu erfüllen, das Spielbedürfnis der Bevölkerung in geordnete Bahnen zu lenken. Außerdem wären effektivere Instrumente zur Eindämmung des illegalen Glückspiels wünschenswert.Der EuGH kritisiert auch, dass das besonders suchtgefährdende gewerbliche Automatenspiel nicht konsequent im Sinne des Spielerschutzes geregelt ist. Hier ist der Bundesgesetzgeber gefordert, das Automatenspiel neu zu regeln.Es lohnt sich in jeglicher Hinsicht, an dem gemeinwohlorientierten Glücksspielmonopol festzuhalten. Helfen Sie mit, die dafür erforderlichen Maßnahmen in die Wege zu leiten!