Thorsten Fürter zum Sicherheitsbericht für Schleswig-Holstein
Presseinformation Landtagsfraktion Schleswig-Holstein Es gilt das gesprochene Wort! Pressesprecherin Claudia Jacob TOP 35 – Sicherheitsbericht für Schleswig-Holstein Landeshaus Düsternbrooker Weg 70 24105 Kiel Dazu sagt der innenpolitische Sprecher Telefon: 0431 / 988 - 1503 der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Fax: 0431 / 988 - 1501 Thorsten Fürter: Mobil: 0172 / 541 83 53 presse@gruene.ltsh.de www.sh.gruene-fraktion.de Nr. 750.10 / 16.12.2010Frei und SicherSehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrter Herr Innenminister Schlie, auch ich danke Ihnen und Ihrem Haus für den ausführlichen Bericht. Vorliegend sprechen wir über den zweiten Landessicherheitsbe- richt, der eben nicht nur eine „polizeiliche Kriminalstatistik“ ist, die keine ausreichende Grundlage für die Einschätzung der öffentlichen Sicherheit bietet, sondern ein Gesamt- bild der Lage in Schleswig-Holstein darstellt.Die Kriminalstatistik diente in der Vergangenheit häufig dazu, in der Bevölkerung ein diffuses Unsicherheitsgefühl hervorzurufen, auf deren Grundlage vermeintlich einfache Lösungen für komplexe Probleme präsentiert würden. Da war man dann schnell bei mehr Überwachung und mehr Eingriffen in die Bürgerrechte. Der Sicherheitsbericht hingegen ist umfassender. Er betrachtet die Entwicklung über einen längeren Zeitraum und auch unter den Gesichtspunkten Kriminologie und Soziologie. Er bietet damit eine solide Grundlage für sinnvolle und nachhaltige sicherheitspolitische Entscheidungen.Für den vorliegenden Bericht kann ich gleich zu Beginn mein Fazit ziehen: Die Sicher- heitslage in Schleswig-Holstein ist stabil. Die Kriminalitätsentwicklung ist in der Summe rückläufig. Ein dramatischer Anstieg von Jugendkriminalität kann nicht festgestellt wer- den, weshalb sich kurzfristige und populistische Schnellschüsse für eine seriöse Debat- te verbieten.Ich wiederhole: Es gibt keinen Anstieg der Jugendkriminalität. Und schon gar nicht bei denen, die nichtdeutscher Herkunft sind. Dort gab es sogar einen Rückgang. Hören Sie also endlich auf, immer wieder eine geschlossene Unterbringung von Jugendlichen zu fordern. Seite 1 von 2 Kümmern Sie sich lieber darum, dass im Präventivbereich nicht das Geld eingespart wird, welches wir dann für Gerichtsverfahren und Strafvollzug wieder ausgeben müs- sen. Auch die uns über lange Zeit beschäftigende Rockerkriminalität scheint nach dem Verbot und dem bundesweiten Friedensschluss zwischen Hells Angels und Bandidos eingedämmt worden zu sein.Zum Thema Rechtsextremismus heißt es auf Seite 133 des Berichts: „Der politisch mo- tivierten Kriminalität ist eine erhöhte Aufmerksamkeit zu widmen, weil den Entwicklun- gen zufolge allen relevanten Gruppierungen ein erhebliches Gewaltpotential inne- wohnt“. Da stimme ich zu, frage mich aber, warum die Landesregierung im Bereich der Rechtsextremismusbekämpfung massiv Mittel kürzt. Das ist heuchlerisch. Und auch bei einem anderen Thema weiß ich nicht, ob ich darüber lachen oder weinen soll. Im Be- richt heißt es auf Seite 133 weiter: „Veränderte Strukturen in der Kriminalitätsentwick- lung führen zu neuen Ansätzen in der Bewältigung von Kriminalität. Ein Beispiel dafür ist das Phänomen des „Cybercrime“, auf das Justiz und Polizei durch verstärkte Fortbil- dung und Spezialisierung reagiert.„Verstärkung“ trifft es wohl nicht ganz, wenn unsere PolizeibeamtInnen an veralteten Computer sitzen und die Internetbetrüger versuchen via Modemverbindung zu stellen. Hier muss dringend etwas für die Ausstattung der Polizei mit moderner Technik ge- schehen. Die Grüne Fraktion hat in ihrem Haushaltsentwurf jedenfalls Mittel eingestellt. Die Leben der Gesellschaft wandert zu einem immer größeren Teil ins Internet. Es hilft nichts: Die Polizei muss mit. Die Grünen haben dazu ein Konzept vorgelegt. Herr Minis- ter Schlie, ich erwarte von Ihnen eine klare Strategie zur Bekämpfung der Kriminalität im Internet. Ihre Losung „kein Handlungsbedarf“ wird nicht das letzte Wort gewesen sein. Und so ist die Erkenntnis nicht neu, dass es besser - und am Ende auch kosten- günstiger - ist in Kriminalprävention statt in Repressionen zu investieren. Es scheint a- ber immer noch nötig, das an dieser Stelle zu erwähnen.Und deshalb ist es auch so wichtig, dass sich der Staat, und wir hier als Legislative, dem Gemeinwohl verpflichtet fühlen. Fördern wir eine friedliche, offene Gesellschaft und wir brauchen uns nicht mehr für die Sicherheit oder die Freiheit entscheiden. Denn, wie sagte schon Benjamin Franklin: „Wer die Freiheit aufgibt um Sicherheit zu gewin- nen, der wird am Ende beides verlieren.“ *** 2