Ralf Stegner und Birgit Herdejürgen: Haushaltskonsolidierung ist mehr als nur kürzen!
Kiel, 30. November 2010 Nr. 352/2010Ralf Stegner, Birgit Herdejürgen:Haushaltskonsolidierung ist mehr als nur kürzen!Die SPD-Landtagsfraktion hat nach ihrer Haushaltsklausur heute ihr Antragspaket „Konsolidierung für Schleswig-Holstein“ abschließend beraten und beschlossen. Dazu erklären der Vorsitzende Dr. Ralf Stegner und die finanzpolitische Sprecherin Birgit Herdejürgen:Investitionen in die Zukunft, Veränderung von Strukturen, Kürzungen von Ausgaben und Verbesserung von Einnahmen sind die Grundlagen des Konsolidierungskonzeptes der SPD- Landtagsfraktion, an denen sich die die Beschlüsse zum Doppelhaushalt 2011/2012 orientieren. Unser Antragspaket „Konsolidierung für Schleswig-Holstein“ enthält Änderungsanträge zum Haushaltsentwurf der Regierung sowie Sachanträge und Anträge für Bundesrats-Initiativen. Schleswig-Holstein muss seine Stimme im Bundesrat zum Wohl des Landes nutzen und viel offensiver erheben, als die Landesregierung dies bislang tut! Unsere Konsolidierungsvorschläge führen zu einem insgesamt geringeren Ergebnis als die Vorlage der Regierung.Schwerpunkte für Investitionen in die Zukunft sind Kinderbetreuung und Bildung. Diese ist ein Menschenrecht und Voraussetzung für soziale Gerechtigkeit. Gute Bildung ist die beste Zukunftsvorsorge! Deshalb sind nach Ansicht der SPD im Bildungsbereich kaum Kürzungen möglich. Unsere Anträge zeigen, dass ein Kraftakt für Bildung möglich und finanzierbar ist – auch in einer schwierigen Haushaltssituation. Wir wollen Kinder individuell und bestmöglich fördern. Deshalb halten wir an der Einigung der Großen Koalition fest, einen Teil der „demografischen Rendite“, die sich aus dem Rückgang der Schülerzahlen ergibt, im System zu lassen. Die CDU hat diesen Konsens aufgekündigt, wie sie überhaupt in ihren Haushaltsanträgen eher einen Zickzack-Kurs als eine gerade Linie verfolgt. Statt wie die Regierung je 300, wollen wir 2011 und 2012 nur jeweils 150 Lehrerstellen abbauen und den „Überschuss“ zur besseren Unterrichtsversorgung verwenden. Die obligatorische Elternbeteiligung an den Kosten der Schülerbeförderung lehnen wir ab. Die Förderung der 2Schulen der dänischen Minderheit soll weiterhin auf der Grundlage von 100 % der öffentlichen Schülerkostensätze erfolgen.Der Landeszuschuss für die Kindertagesstätten wird von 60 auf 73 Mio Euro erhöht. Zum 1. August 2011 wollen wir die Beitragsfreiheit für das dritte Kita-Jahr wieder einführen. Bei den Hochschulen möchten wir den Beitrag für medizinische Forschung und Lehre überrollen.Bildungspolitik kann nur als gemeinsame Anstrengung von Bund, Ländern und Kommunen gelingen. Deshalb werden wir die Landesregierung auffordern, in einer Bundesratsinitiative auf die Änderung des Kooperationsverbotes nach Art. 91 Grundgesetz in ein Kooperationsgebot, das Kindertagesstätten, Schulen und Hochschulen umfasst, hinzuwirken.Die soziale Infrastruktur, die unter sozialdemokratischen Regierungen aufgebaut wurde, wollen wir erhalten, um für alle Lebenslagen soziale Unterstützung zu gewährleisten. Und anders als die Landesregierung wollen wir auch gesellschaftliche Teilhabe fördern und ausbauen. Deshalb wollen wir die Zuschüsse für den Kinderschutz nicht kürzen und auch das Landesblindengeld in der derzeitigen Höhe erhalten. Die Sozialverträge I und II wollen wir um vier Jahre verlängern. Zusätzlich möchten wir einen Sozialvertrag III (Fördermaßnahmen für Familie und Senioren) und IV (Förderung von Kindern und Jugendlichen) einführen, die ebenfalls für vier Jahre geschlossen werden sollen mit einer Absenkung des Budgets um 10 Prozent ab 2012.Die bewährten Hilfestrukturen der Frauenberatungsstellen und Frauenhäuser haben wir von Kürzungen ausgenommen, weil wir sie für notwendig erachten und nicht in ihrer Existenz gefährden wollen.Die SPD-Landtagsfraktion ist sich der Verantwortung gegenüber den Minderheiten bewusst. Deshalb werden wir beantragen, bei der Minderheitenförderung das Gros der Titel zu überrollen. Wir haben zudem bereits Gespräche mit den Verbänden geführt, um zu anderen Förderstrukturen zu kommen.Im Kulturbereich schlagen wir eine Dynamisierung des Vorwegabzugs für die Theater um jährlich 2 Prozent vor.Wer die Konsolidierung des Haushalts, der durch die Finanzkrise zusätzlich belastet wurde, nur durch Kürzungen der öffentlichen Daseinsvorsorge bewältigen will, gefährdet den sozialen Frieden und letztlich unsere Demokratie. Deshalb setzt sich die SPD für ein einfacheres und gerechtes Steuersystem ein, das diejenigen stärker belastet, die durch hohe Vermögen und Einkommen mehr beitragen können. Auf Landesebene sehen wir die Möglichkeit zu Einnahmeverbesserungen durch die Erhöhung der Grunderwerbsteuer ab 2011. Die Feldes- 3und Förderabgabe soll auf 20 Prozent angehoben werden. Die von der Regierung vorgeschlagene Küstenschutzabgabe lehnen wir ab. Wir werden zudem die Landesregierung auffordern, in Berlin aktiv zu werden, um die Senkung des Mehrwertsteuersatzes für Hotelübernachtungen rückgängig zu machen sowie eine Überarbeitung des Mehrwertsteuersystems zu erreichen.Eine Möglichkeit, Kosten zu sparen, sehen wir in Strukturveränderungen in der Verwaltung. Wegen der Kürze der Legislaturperiode sind detaillierte Ausführungen dazu nicht möglich; wir halten jedoch Einsparungen von rund 80 Mio Euro für machbar. Der Ausbau der norddeutschen Kooperation kann durch Synergieeffekte ab 2015 aufwachsend bis 2020 zu Minderausgaben von bis zu 100 Mio Euro führen.„Sparen“ sollen jedoch nicht nur die anderen; es wird auch einen Beitrag der Politik geben. Wir halten es allerdings für unabdingbar, dass sich nicht nur der Landtag, sondern auch die Regierung daran beteiligt: Kürzungen von 10 % haben wir bei den Fraktionszuschüssen und bei den Zulagen für Funktionsträger vorgesehen. Anders als die Landesregierung in ihrer Vorlage werden wir auch die Bezüge des Ministerpräsidenten, der Minister und Staatssekretäre entsprechend kürzen. Wir schlagen die Reduzierung der Anzahl der Landtagsvizepräsidentinnen von vier auf zwei und die Abschaffung der Institution des Mittelstands- und des Integrationsbeauftragten vor.Weitere Kürzungen sind nach Ansicht der SPD bei der einzelbetrieblichen Förderung möglich, denn diese dient nicht der nachhaltigen Strukturförderung und Standortverbesserung.Die SPD-Landtagsfraktion wird für einige Anträge namentliche Abstimmung im Parlament beantragen. Diese beziehen sich auf die Themengebiete Schülerbeförderungskosten, Landesblindengeld, Frauenberatungsstellen und Frauenhäuser sowie auf die Aufhebung des Kooperationsverbotes im Bildungsbereich.