Andreas Tietze zum Ausbau des Bahnanschlusses nach Sylt
Presseinformation Landtagsfraktion Schleswig-Holstein Stellv. Pressesprecher Dr. Jörg Nickel Landeshaus Düsternbrooker Weg 70 24105 Kiel Telefon: 0431 / 988 - 1503 Fax: 0431 / 988 - 1501 Mobil: 0178/28 49 591 presse@gruene.ltsh.de Sylt: Grüne wollen Ausbau des www.sh.gruene-fraktion.deBahnanschlusses prüfen Nr. 699.10 / 24.11.2010Zu der Antwort auf eine Anfrage der Grünen im Bundestag sagt der Sylter Abgeordnete und verkehrspolitische Sprecher der grünen Landtagsfraktion, Dr. Andreas Tietze und die Bundestagsabgeordnete Dr. Valerie Wilms:Die Syltanbindung per Bahn stößt an ihre Grenzen. Das hat eine Anfrage der Grünen an die Bundesregierung ergeben. Demnach sind nur vier Autozüge pro Richtung in jeder Stunde möglich, weil die Strecke in Abschnitten nur eingleisig ist.Ich bin überzeugt, dass der zweigleisige Ausbau der Strecke für Sylt zwingend erforderlich ist. Durch eine schnellere Passage des Nadelöhres Hindenburgdamm würde die Fahrtzeit nach Hamburg deutlich verkürzt. Dies würde im Tourismus, für die Pendler und für den Güterverkehr von und nach Sylt zu erheblichen Verbesserungen führen. Die häufige „Ver- stopfung“ der Schienenwege im Sommer hätte endlich ein Ende.Gäbe es nach dem Motto „Marktwirtschaft statt Planwirtschaft“ eine Konkurrenz zur „Cash Cow“ (Melkkuh), dem Autozug der DB, in dem ein anderer Anbieter die gleiche Leistung auf der Strecke anböte, würde endlich in die Sylter Strecke investiert. Für uns Grüne ist klar: die Landesverkehrsgesellschaft muss die Ausschreibung der Strecke zwingend mit der Investition in die Infrastruktur Schiene koppeln.Nach Auskunft der Bundesregierung hat die Strecke Westerland-Niebüll mit etwa ein Hundert Zügen pro Tag ihre volle Leistungsfähigkeit erreicht. Für die nächsten Jahre wird mit einer mindestens gleich bleibenden Auslastung gerechnet.Das Verkehrsministerium in Schleswig-Holstein rechnet zwar nur mit einem leichten Zu- wachs der Besucherzahlen, allerdings haben sich die Übernachtungen in den vergange- nen zehn Jahren um etwa ein Drittel auf zuletzt über eine halbe Million Besucher pro Jahr erhöht. *** Seite 1 von 1 Anlage zum Schreiben vom 16.11.2010 Antwort der Bundesregierungauf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Valerie Wilms, Bettina Herlitzius, Winfried Her- mann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend „Autozuganbindung der Deutschen Bahn nach Sylt“ - Drucksache 17/3595Vorbemerkung: Zwischen den einzelnen Verkehrszweigen bestehen vielfältige Wechselbeziehungen. Schienen-, Straßen-, Luftverkehr und Schifffahrt können sich gegenseitig ergänzen und in Grenzen auch ersetzen. Die Bundes- regierung hat daher seit Mitte der siebziger Jahre ihre Investitionspolitik auf einer Verkehrsträger über- greifenden Planung aufgebaut, die ihren Niederschlag in Bundesverkehrswegeplänen (BVWP) findet.Im Rahmen der Erarbeitung des aktuellen BVWP 2003 wurde ein Bedarf weder für eine neue Straßenver- bindung vom Festland zur Insel Sylt noch für den durchgehend zweigleisigen Ausbau der bestehenden Schienenstrecke Niebüll – Westerland/Sylt ermittelt, auch unter Berücksichtigung des saisonalen Spitzen- verkehrs.Die integrierte Verkehrspolitik der Bundesregierung verlangt nicht die Erreichbarkeit jedes Ortes in Deutschland mit allen denkbaren Verkehrsträgern. Vielmehr setzt sie auf eine am Bedarf orientierte öko- nomisch und ökologisch sinnvolle Mischung zwischen Schienen-, Straßen-, Luftverkehr und Schifffahrt. Dies bedeutet auch, dass z.B. die Nordseeinseln per Schiff, per Flugzeug und im Fall der Insel Sylt zu- sätzlich per Bahn erreichbar sind.Frage 1: Wie hat sich die Auslastung der Autozugstrecke Westerland-Niebüll in den letzten zehn Jahren entwickelt und von einer wie hohen Auslastung ist in den kommenden zehn Jahren auszugehen?Antwort: Nach Mitteilung der DB AG liegt die Belastung des Abschnittes derzeit bei etwas über 100 Zü- gen/Tag; damit ist die Leistungsfähigkeit des Streckenabschnittes erreicht. In den nächsten Jah- ren wird eine mit einer mindestens gleich bleibenden Auslastung gerechnet.Frage 2: Wie haben sich die jährlichen Besucherzahlen, aufgeschlüsselt in Urlaubs- und Tages- gäste, auf der Insel Sylt in den letzten zehn Jahren entwickelt, wie viele Urlaubs- und Ta- gesgäste besuchen Sylt mit eigenem Automobil und wie sieht die Prognose für die kom- menden zehn Jahre aus?Antwort: Nach der amtlichen Beherbergungsstatistik, die nur Gäste in Beherbergungsstätten mit 9 Betten und mehr erfasst, haben sich die Besucherzahlen auf Sylt folgendermaßen entwickelt: 2 Jahr Besucher Anmerkungen 2000 333.989 2001 351.310 2002 349.193 2003 432.981 2004 435.036 2005 474.838 incl. Camping 2006 468.933 2007 497.018 2008 502.342 2009 523.277 2010 528.500 SchätzungZu kleineren Betrieben und Tagesgästen macht die Statistik keine Angaben. Ebenso liegen keine Angaben darüber vor, wie viele der Gäste mit dem eigenen Auto anreisen. Nach Kenntnis der Bundesregierung sind zur Zeit keine größeren Hotelprojekte auf der Insel geplant. Nach Ein- schätzung des Wirtschaftsministeriums Schleswig-Holstein werden sich die Besucherzahlen nur noch leicht erhöhen.Frage 3: Hat die Tendenz zu einer steigenden Anzahl von Kurzurlaubern und Tagesgästen im Verhältnis zu länger auf der Insel verbleibenden Urlaubern und Kurgästen nach Ansicht der Bundesregierung Auswirkungen auf die Mobilität der Besucher und somit auf die Auslastung der Verkehrsinfrastruktur und wenn ja, welche Konsequenzen zieht die Bun- desregierung aus steigendem Verkehrsaufkommen aufgrund des Tourismus?Antwort: Die Bundesregierung liegen keine Prognosen für die Verkehrsentwicklung innerhalb des Land- kreises Nordfriesland vor. Es ist vorstellbar, dass die Verbesserung der Erreichbarkeit der Insel Sylt für Kraftfahrer eine Zunahme des Tagestourismus zu Lasten der Übernachtungen und ver- mehrten Autoverkehr auf der Insel selbst zur Folge haben könnte. Im Übrigen wird auf die Vor- bemerkung verwiesen.Frage 4: Sieht die Bundesregierung Bedarf eines Ausbaus der Verkehrsinfrastruktur für Touristen und Pendler? Wenn ja, welche infrastrukturellen Maßnahmen sind für wann vorgesehen, um eine Ver- kehrsanbindung der Insel an das Festland langfristig und nachhaltig zu gewährleisten und wodurch ist eine Kapazitätssteigerung geplant, die der steigenden Anforderung durch Pendler und Urlaubsgäste entspricht?Frage 5: Mit welcher Begründung hat sich Bundesverkehrsminister Ramsauer gegen einen zweigleisigen Ausbau der Bahnstrecke Niebüll-Westerland ausgesprochen?Antwort: Die Fragen 4 und 5 werden wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet:Der Ausbau der Verkehrsverbindungen zur Insel Sylt ist nicht Gegenstand der Bundesverkehrs- wegeplanung. Es steht der DB Netz AG jedoch frei, Ausbaumaßnahmen mit den Mitteln durch- zuführen, die ihr für Investitionen in das Bestandsnetz zur Verfügung gestellt werden. Ausbau- 3maßnahmen, die der Verbesserung des Schienenpersonennahverkehrs (SPNV) dienen, werden nach § 8 Abs. 2 Bundesschienenwegeausbaugesetz zwischen der DB Netz AG und dem betref- fenden Bundesland vereinbart. Im Übrigen würde es einer nachhaltigen Verkehrsabwicklung und der besseren Ausnutzung der Schienenverkehrskapazität dienlich sein, wenn die Besucher der Insel Sylt vermehrt ohne Mitnahme ihres Kraftfahrzeugs anreisen würden. Auf die Vorbemer- kung wird verwiesen.Frage 6: Welche Alternativen zum DB-Autozug sieht die Bundesregierung, um mit dem Auto vom deutschen Festland auf die Insel Sylt zu gelangen?Antwort: Als Alternative besteht eine Fährverbindung über die dänische Insel Rømø.Frage 7: Ist ein weiterer Ausbau des Fähr- und Flugverkehrs vorgesehen? Wenn ja, mit welcher Begründung wird dieser dem zweigleisigen Ausbau des Schienenverkehrs vorgezogen und welche Maßnahmen zum Lärm- und Umweltschutz sind vorgesehen?Antwort: Die Bundesregierung ist an der Planung und Durchführung des Fähr- und Flugverkehrs zur Insel Sylt nicht beteiligt. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung verwiesen.Frage 8: Sind nach dem Unfall des Autozugs auf dem Hindenburgdamm im September 2009 Investitionen in Ausbau und Sicherheit der Bahnstrecke geplant? Wenn ja, wann werden welche Sicherheitsmaßnahmen umgesetzt und wenn nein, wieso nicht?Antwort: Bei dem Unfall am 03.09.2009 wurde ein Lkw mit Anhänger, der mit leichten Dämmstoffplatten beladen war, durch eine starke Windböe seitlich über die Bordwand des Autozuges gedrückt und vom Zug geschleudert. Nach den bisherigen, noch nicht abgeschlossenen Untersuchungen war das Fahrzeug trotz der großen Windangriffsfläche, des geringen Ladungsgewichts und der ge- messenen Windstärke nicht mit Spanngurten gesichert. Die DB AutoZug GmbH hat in Wahr- nehmung ihrer Verantwortung gemäß § 4 Abs. 1 Allgemeines Eisenbahngesetz (AEG) ein Gut- achten in Auftrag gegeben, um festzustellen, ob die noch von der Bundesbahndirektion Hamburg erstellte Beladeanweisung hinsichtlich der Sicherung bei höheren Windgeschwindigkeiten aus- reichend sind. Außerdem wurden die Sicherungsmaßnahmen vorsorglich bis zum Vorliegen von Untersuchungsergebnissen verschärft. Bauliche Maßnahmen zur Vermeidung der Windeinwir- kung auf die Züge sind in diesem Zusammenhang nicht bekannt.Frage 9: Mit welcher Begründung darf derzeit kein privates Eisenbahnverkehrsunternehmen einen zweiten Autozug im Wettbewerb anbieten? Ist der Betrieb der Autozugstrecke ausgeschrieben worden?Antwort: Ein Verbot, einen weiteren Autozug auf der vorgenannten Relation zu fahren, existiert nicht und darf es auch nicht geben, da den Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU) gemäß § 14 AEG der 4Zugang zum Netz und zu den Serviceeinrichtungen zu gewähren ist. Die Bundesnetzagentur hat die DB AutoZug GmbH durch Bescheid vom 14.10.2010 verpflichtet, Nutzungsbedingungen für die von ihr betriebenen Autozugverladeeinrichtungen aufzustellen und zu veröffentlichen. Damit wurde inzident auch darüber entschieden, dass die DB AutoZug GmbH verpflichtet ist, Wettbe- werbern den diskriminierungsfreien Zugang zu den Verladeeinrichtungen zu ermöglichen.Frage 10: Stimmt es, dass die Konzession für den DB-Autozug ausläuft? Wenn ja, wann wird der Betrieb der Strecke öffentlich ausgeschrieben und wenn nein, wieso nicht?Antwort: Die Erteilung von Linien- oder Gebietskonzessionen für die ausschließliche Verkehrsbedienung ist dem derzeitigen deutschen Eisenbahnrecht fremd. Nach der vom Eisenbahn-Bundesamt (EBA) im Internet veröffentlichten Liste der EVU läuft die Betriebsgenehmigung der DB Auto- Zug GmbH, 44137 Dortmund, am 31.08.2015 aus. Diese bezieht sich aber nicht auf einzelne Strecken, sondern auf die Tätigkeit als EVU als solches. Die DB AutoZug GmbH hat die Mög- lichkeit, die Erneuerung dieser Genehmigung nach § 6 AEG zu beantragen. Betreiber der Infra- struktur der Strecke ist die DB Netz AG. Ausschreibung und Vergabe von Verkehrsleistungen im SPNV sind Angelegenheiten der nach Landesrecht zuständigen Aufgabenträger.Frage 11: Inwiefern hat die jetzige große Nachfrage nach dem DB-Autozug Auswirkungen auf den Personenverkehr der Nord-Ostsee-Bahn und Qualitätseinbußen des regulären Bahnver- kehrs zur Folge, beispielsweise in Beschränkungen in Häufigkeit und Pünktlichkeit der verkehrenden Personenzüge?Antwort: Nach den bisherigen Erkenntnissen der Bundesnetzagentur aus den Rahmenvertragsverfahren ge- mäß § 14a AEG sind gegenwärtig auf der Relation Niebüll - Westerland vier Trassen pro Stunde und pro Fahrtrichtung realisierbar. Weitere Trassen - insbesondere im Gelegenheitsverkehr - lassen sich mit den aktuellen Schienenwegskapazitäten und mit dem gegenwärtigen Betriebspro- gramm nur in geringem Umfang realisieren. Konkrete Informationen oder Beschwerden zu An- gebotseinschränkungen oder Verspätungen auf Grund der eingleisigen Streckenabschnitte liegen nicht vor.Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung verwiesen.