Siegrid Tenor-Alschausky zu TOP 28 + 40: Kürzungen gefährden den Schutz von Mädchen und Frauen
Es gilt das gesprochene Wort! Kiel, 18. November 2010TOP 28 und 40, Erhalt der Frauenfacheinrichtungen in Schleswig-Holstein; Mädchentreffs in Schleswig-Holstein erhalten und ausbauen (Drucksachen 17/983neu, 17/999neu)Siegrid Tenor-Alschausky:Kürzungen gefährden den Schutz von Mädchen und FrauenFrauenfachberatungseinrichtungen, Frauennotrufe und Frauenhäuser sind für unser Land ebenso unverzichtbar wie Mädchentreffs. Doch die Landesregierung schlägt in ihrem Haushaltsentwurf vor, die Förderung der Mädchentreffs völlig einzustellen und 500.000 € bei der Förderung der Frauenberatungsstellen und den Frauenhäusern zu kürzen. Das bedeutet das „Aus“ für das AWO-Frauenhaus in Lübeck und das Wedeler Frauenhaus und die Zusammenlegung von Beratungsstellen, weil man schematisch nur noch eine Stelle pro Kreis fördern will. So bekommt auch der Kreis Steinburg erstmalig eine Frauenberatungsstelle, gut für die Frauen dort, aber um welchen Preis erkauft?Diese Pläne zeugen davon, dass man sich entweder nicht mit der Funktion und Aufgabe der Einrichtungen auseinandergesetzt hat oder aber die Kürzung um 500.000 € um jeden Preis umsetzen will. Es mutet fast schon zynisch an, wenn im so genannten „handout“ des Gleichstellungsministeriums zu lesen ist: „das Finanzierungskonzept verhilft darüber hinaus den Trägern zu einem Höchstmaß an Planungssicherheit“.Sicher ist für die Mitarbeiterinnen der betroffenen Frauenhäuser, für die Bewohnerinnen und ihre Kinder, dass sie vor dem Nichts stehen! Sicher ist, dass Fachwissen der Mitarbeiterinnen, dass die Vernetzung im Hilfesystem vor Ort von einem Tag auf den anderen verloren gehen. Sicher ist auch, dass das ehrenamtliche Engagement der Frauen in den 2Vorständen und Fördervereinen von dieser Landesregierung so gering geschätzt wird, dass es nicht einmal der Erwähnung wert zu sein scheint!Die LAG der Autonomen Frauenhäuser hat uns allen dargelegt, dass das Gleichstellungsministerium nicht mit korrekten Zahlen argumentiert. So wird behauptet, im Jahr 2009 hätten 2.101 Frauen und Kinder die Frauenhäuser aufgesucht, die tatsächliche Anzahl betrug, ausweislich der Qualitätsberichte aber 2.193! Tatsache ist jedenfalls, dass sich weder Belegung noch Verweildauer in den letzten 7 Jahren signifikant geändert haben.Tatsache ist ebenfalls, dass die Argumentation, dass z.B. im Wedeler Frauenhaus nur wenige Frauen und Kinder aus Wedel leben oder lebten und dieses Haus deshalb überflüssig sei, auch davon zeugt, dass wenig Sachkenntnis der Arbeit der Frauenhäuser vorhanden zu sein scheint.Eine Frau, die mit ihren Kindern in einer relativ kleinen Stadt vor ihrem gewalttätigen Partner flüchtet, wird in dieser Stadt wahrscheinlich nicht unbehelligt vor diesem Partner oder auch dessen Familie leben können. Die Folge: Sie muss in ein Frauenhaus, das weiter entfernt ist. Auch ein Austausch zwischen den Bundesländern ist fachlich zum Schutz der Frauen und ihrer Kinder häufig genug geboten.Vor wenigen Wochen haben uns hier vor dem Landeshaus Vertreterinnen und Bewohnerinnen von Frauenhäusern drastisch vor Augen geführt, dass für viele ihre Situation lebensbedrohend ist. Ich frage mich, ob die Abgeordneten, die diesem Kürzungskonzept zustimmen wollen, wirklich die Verantwortung für derartige Vorfälle übernehmen wollen und können!Auch die Frauenberatungsstellen sind darauf angewiesen, dass sie vor Ort Vertrauen genießen, als kompetente Partnerinnen z. B. auch der Polizistinnen und Polizisten, die zu einem Einsatz wegen häuslicher Gewalt gerufen werden, bekannt und anerkannt sind.Auf die wichtige Tätigkeit in den KIK-Runden bei der Umsetzung des Kinderschutzgesetzes, der Präventionsarbeit in Kitas und Schulen kann ich ihm Rahmen der Redezeit gar nicht eingehen.Und das „Aus“ für die „Flotten Lotten“ und die „Zimtzicken“ und die anderen Mädchentreffs? Das bedeutet nämlich die Streichung des Landeszuschusses! Das Ende der konkreten Arbeit mit 3Mädchen und jungen Frauen, für die Jugendhäuser keine Alternative darstellen. Weil sie z.B. aus Familien stammen, die ihnen den Besuch eines solchen Hauses einfach verbieten. Das Ende der Entwicklung landesweiter Konzepte zum Schutz gefährdeter junger Mädchen vor Gewalt und Unterdrückung, zur Stärkung gerade von Mädchen und jungen Frauen, deren Familien dies nicht leisten können oder wollen.Unser Fazit: Die Landesregierung zerstört mit den geplanten Kürzungen wichtige Strukturen der Hilfe, Beratung und Prävention für Mädchen und Frauen, die von häuslicher und sexualisierter Gewalt betroffen sind oder sich in anderen Notlagen befinden.Diese Pläne sind ein weiterer Beleg dafür, dass diese Landesregierung Gleichstellungspolitik nur gering achtet und ihren Kürzungsplänen den Vorrang gibt gegenüber dem Schutz derjenigen, die qualifizierte Hilfe dringend brauchen!