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17.11.10
11:26 Uhr
SPD

Wolfgang Baasch zu TOP 60: Es ist noch viel zu tun, um gute Arbeit durchzusetzen

Es gilt das gesprochene Wort!
Kiel, 17. November 2010



TOP 60, Bericht zur Situation auf dem Arbeitsmarkt in Schleswig-Holstein (Drucksache 17/898)


Wolfgang Baasch: Es ist noch viel zu tun, um gute Arbeit durchzusetzen

Warum dieser Berichtsantrag zur Situation auf dem Arbeitsmarkt in Schleswig-Holstein durch CDU und FDP? Es wäre doch ein leichtes, den Monatsbericht der Bundesagentur für Arbeit / Regionaldirektion Nord vom 28. Oktober zu lesen. „Leichter Rückgang der Arbeitslosigkeit, im Vergleich zum Vormonat September minus 1.400, aktuell 97.600 Arbeitslose, Vorjahresvergleich positiv, 6.500 Arbeitslose weniger als im Oktober 2009. Arbeitslosenquote liegt bei 6,8 %.“
So in Kurzform die Mitteilung der Regionaldirektion Nord der Bundesagentur für Arbeit. Diese an sich erfreuliche Entwicklung darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Anzahl der Leiharbeiter steigt, dass bundesweit ca. 600.000 Menschen in 1-€-Jobs arbeiten und dass der Aufschwung an den älteren Arbeitssuchenden auch in Schleswig-Holstein fast komplett vorbeigegangen ist. So ist die Zahl der Arbeitslosen bei den 55- bis 64-jährigen im Vergleich zum Vorjahr sogar um 11,3% - das sind fast 1.300 – gestiegen. Also keine Entwarnung am Arbeitsmarkt und viele Probleme, die es noch zu bewältigen gibt.
Und diese Probleme werden auch noch durch politisches Handeln verschärft. So hat die flotte Arbeitsministerin Frau von der Leyen mit ihrer Politik dafür gesorgt, dass sich die Situation von Langzeitarbeitslosen nicht verbessert, sondern verschlechtert. 2009 waren 45,5 % der Erwerbslosen zwischen 15 und 64 Jahren in Deutschland länger als ein Jahr ohne Arbeit. Und wie sieht die Reaktion der Bundesregierung aus? Die von der Bundesregierung beschlossene Sparliste besagt, dass in der Arbeitsförderung allein im kommenden Jahr 2 Mrd. € gekürzt werden sollen. Langzeitarbeitslosigkeit und Armut werden so weiter zunehmen.
Oder schauen wir uns die Arbeit der Landesregierung an. Die Aufforderung von CDU und FDP zum mündlichen Bericht galt ja auch insbesondere dem drohenden Mangel an Fachkräften. Und wie ernst meint es diese Landesregierung damit, dem drohenden Fachkräftebedarf zu 2



entgegnen? Am gestrigen Dienstag diskutierte in Lübeck die Regionaldirektion unter der Überschrift „Alleinerziehende - Perspektiven und Potentiale“, wie auch alleinerziehende Mütter und Väter, überwiegend Mütter, den Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt schaffen. Auch die Landesregierung war mit einem Grußwort durch die Staatssekretärin vertreten. Aber gleichzeitig streicht die Landesregierung die Beratungsstellen „Frau und Beruf“ in Schleswig-Holstein komplett zusammen, obwohl diese landesweit über 60 % der von ihnen betreuten Frauen in den ersten Arbeitsmarkt integriert haben. Das ist ein Skandal in der aktiven Arbeitsmarktpolitik des Landes Schleswig-Holstein.
Bundes- und Landesregierung sind aufgefordert, weiter eine aktive Arbeitsmarktpolitik zu betreiben, die für faire Verhältnisse auf dem Arbeitsmarkt sorgt und für Löhne, von denen man auch leben kann. So muss der Leiharbeit, die als Lohndumping missbraucht wird, ein Riegel vorgeschoben werden. Der jüngste Tarifabschluss in der Stahlindustrie ist hier wegweisend. Die IG-Metall hat durchgesetzt, dass Leiharbeit genauso bezahlt werden muss wie die Arbeit von Festangestellten. Das Prinzip gleicher Lohn für gleiche Arbeit muss überall gelten und auch die Dauer der Leiharbeit im Betrieb muss begrenzt werden.
Und es ist wichtig, endlich Geschlechtergerechtigkeit auf dem Arbeitsmarkt herzustellen. Die meisten Frauen wollen ebenso wie Männer ein Normalarbeitsverhältnis mit einer existenzsichernden und gerechten Bezahlung. Es ist nicht hinzunehmen, dass Frauen heute noch im Schnitt 23 % weniger bei vergleichbarer Arbeit als Männer verdienen. Die Zahl der teilzeitbeschäftigten Frauen steigt stetig an. Fast 40 % aller erwerbstätigen Frauen arbeiten in sozialversicherungspflichtiger Teilzeit, eine ständig steigende Zahl von Frauen ausschließlich in einem Minijob. Und das nicht, weil sie es so wollen, sondern weil sie wegen fehlender Vollzeitstellen und fehlender Möglichkeiten, Beruf und Familie zu vereinbaren, keine andere Wahl haben. Dies darf nicht länger hingenommen werden.
Wir brauchen eine gesetzliche Regelung, die die Entgeltgleichheit durchsetzt. Wir brauchen gezielte Beratungs- und Unterstützungseinrichtungen, damit Mütter nach der Familienphase und insbesondere Alleinerziehende zurück in den Arbeitsmarkt finden. Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, das heißt in der Regel vor allem eine verlässliche Kinderbetreuung in Ganztages- Kindertagesstätten und Ganztagsschulen, ist ebenso notwendig wie eine gezielte Beratung, zum Beispiel durch Einrichtungen wie „Frau und Beruf“.
Weil in Deutschland mindestens 1,3 Mio. Menschen nach der Arbeit noch staatliche Unterstützung erhalten, weil ihre Löhne zu niedrig sind, um wenigstens das gesetzliche Existenzminimum abzusichern, brauchen wir auch den gesetzlichen Mindestlohn. Aber nicht nur um Lohndumping zu verhindern, ist der Mindestlohn notwendig. Weil Mindestlöhne fehlen, 3



werden faire Unternehmen mit Tariflöhnen im Handel und Handwerk und im Dienstleistungssektor zunehmend vom Markt verdrängt. Ihre Wettbewerber setzen sich durch, weil die von ihnen gezahlten Armutslöhne staatlich subventioniert werden. Diesem unfairen Wettbewerb gilt es einen Riegel vorzuschieben, den Riegel gesetzlicher Mindestlöhne.
Die Herausforderungen einer aktiven Arbeitsmarktpolitik bleiben weiterhin bestehen. Langzeitarbeitslosigkeit lässt sich nur mit gezielter Förderung und Qualifizierung überwinden. Jugendliche brauchen einen guten Start ins Arbeitsleben, im Regelfall einen Ausbildungsplatz und nicht nur eine Maßnahme oder einen Minijob im Niedriglohnsektor. Frauen brauchen gerechte und gleiche Chancen am Arbeitsmarkt. Und all dies macht deutlich, dass noch viel zu tun ist, um gute Arbeit und soziale Gerechtigkeit durchzusetzen.