Bernd Heinemann zu TOP 22: Gleiche Lebensverhältnisse statt Dumping-Wettbewerb
Es gilt das gesprochene Wort! Kiel, 8. Oktober 2010TOP 22, Bundesweit einheitlichen Basisfallwert umsetzen – Planungssicherheit für Schleswig-Holsteins Krankenhäuser schaffen (Drucksachen 17/892neu, 17/945)Bernd Heinemann:Gleiche Lebensverhältnisse statt Dumping-WettbewerbHerr Minister Dr. Garg, am liebsten hätte ich einfach Ihre Rede vom 17. Juli 2008 in diesem Hohen Haus heute noch einmal gehalten und nur die Namen und einige Fakten Ihrer Kritik von damals ausgetauscht, denn jetzt haben wir wirklich ein Problem - hoffentlich kein dauerhaftes.Zwar ist das UKSH seit diesem Jahr der größte Arbeitgeber in Schleswig-Holstein geworden, der, zusammen mit der Damp-Holding, allein 15.000 Menschen in der stationären Versorgung beschäftigt, und es sind heute ca. 35.000 Menschen, die in der Krankenhausversorgung in Schleswig-Holstein arbeiten. Aber die Angleichung der bundesdeutschen Basisfallwerte, die Frau Ministerin Dr. Trauernicht am 3. Juli 2008 als einstimmiges Ergebnis in Plön mit erkämpft hat und die Schleswig-Holstein auf Dauer fairere Arbeitsbedingungen gebracht hätte, sie ist gekippt.Herr Minister, das war Ihnen alles noch zu wenig damals – und nun? Die Freien Demokraten kippen mit Unterstützung der Union in Berlin die Angleichung der Basisfinanzierung der stationären Versorgung. Das hat einen offensichtlich gewünschten Dumping-Wettbewerb zur Folge und Sie, Herr Minister, als Robin Hood der Krankenhäuser bewirken bisher für unsere Kliniken leider noch gar nichts.Mindestens 20 eingeplante Millionen im Rahmen der Konvergenzentwicklung sind futsch; um diesen auch mit Abweichungen nach oben ruinösen Länderpreiswettbewerb wieder in einen 1 nachhaltigen Qualitätswettbewerb zurückzuverwandeln ist Ihr Schwert offensichtlich schlicht zu klein, Herr Minister.Meine Damen und Herren von CDU und FDP, um so mehr freue ich mich, dass nun auch Sie das Anliegen der Fraktionen des SSW, der Linken, der GRÜNEN und der SPD teilen und sich gemeinsam in Richtung einer Art einstimmigen Resolution für Schleswig-Holstein auf den Weg machen wollen. Wenn wir die Begrüßungsformulierungen für einen Aufbruch auch als eher schwach empfinden. Das Eis, auf dem sich Schwarz-Gelb in Schleswig-Holstein jetzt bewegt, ist eben dünn – sehr dünn?Für die Krankenhäuser in Schleswig-Holstein und besonders für das UKSH ist es auch im Hinblick auf die zusätzliche Kostendeckelung bereits fünf nach zwölf. Jetzt muss der Ministerpräsident auch mal höchst selbst ran, um gemeinsam mit seinem Stellvertreter für unser Land noch eine Lösung zu finden.Das aktuelle GKV-Finanzierungsgesetz ist die Grundlage für weitreichende Nachteile in der Gesundheitsversorgung. Ich sage nur: Kopfpauschale und Entsolidarisierung. Bundesländer, in denen das Geld für die medizinische Versorgung jahrelang mit vollen Händen ausgegeben wurde, freuen sich nun auch noch über entsprechend hohe Basisfallwerte, weil es bei den Spitzenreitern trotz gleicher Personal- und Sachkosten so wahnsinnig teuer ist und die sparsamen Schleswig-Holsteiner Krankenhäuser bekommen von Minister Rösler den Karl Valentin-Orden. Das ist kein Wettbewerb, das nenne ich unfaires Abdrängen.Was mich allerdings wundert, ist, dass der vdek darin für seine Patientinnen und Versicherten in Schleswig-Holstein einen Vorteil sieht. Was für einen Vorteil, wenn jedes fünfte Krankenhaus in Schleswig-Holstein schon jetzt vor der Pleite steht, so die Vorstandsvorsitzenden der Krankenhausgesellschaft, Frau Tobaben. Ein Insolvenzkollaps wäre jedenfalls die bedrohlichste Situation für die stationäre Versorgung.Am schlimmsten trifft es unseren einzigen Maximalversorger, das UKSH, der bei gleicher Leistung bis 2011 und seit Einführung der Landesbasisfallwerte mit ca. 85 Millionen Euro weniger auskommen musste als im gleichen Zeitraum z.B. die Uniklinik in Mainz. Ist das 2 gerecht? Was das zur Folge hat, wissen wir alle. Lohnverzicht der Mitarbeitenden und Vernachlässigung der Infrastruktur. Und die Schere wird immer breiter.Und es trifft weiterhin die zweite Reihe, allen voran das Pflegepersonal. Wenn wir nicht aufpassen, wird uns das alles teuer zu stehen kommen. Es ist schön, dass die niedergelassenen Ärzte, für die ich mich besonders in Schleswig-Holstein sehr freue, eine weitere zusätzliche Milliarde aus dem System heraushandeln, aber die Krankenhäuser und Mitarbeiter, besonders hier im Norden, fallen immer weiter zurück.Artikel 20 und 72 unseres Grundgesetzes fordern gleiche Lebensverhältnisse. Ist der von FDP- Minister Rösler gepriesene Länderwettbewerb jetzt die erste Anstrengung für einen Wettbewerb zwischen Arm und Reich und statt Ost gegen West nun Nord gegen Süd? Wenn diese neue Art Wettbewerb so wünschenswert ist, sollten wir so konsequent sein und gleich das Grundgesetz ändern.Meine Damen und Herren, wir Sozialdemokraten würden uns beteiligen, wenn wir mit vereinten Kräften, einschließlich Ministerpräsident und den anderen betroffenen Ländern, auf die Tonne hauen und notfalls auch prüfen, Herr Minister, ob das Verfassungsgericht zur Bewertung dieser neuen ungerechten Form von Länderwettbewerb etwas beitragen kann. Wenigstens in Fragen der sozialen Gerechtigkeit nach außen sollten wir Schleswig-Holsteiner glasklar die Interessen unserer Menschen, besonders der Kranken, gemeinsam und solidarisch vertreten. 3