Marlies Fritzen zum Missbilligungsantrag gegen Minister de Jager
PresseinformationEs gilt das gesprochene Wort! Landtagsfraktion Schleswig-Holstein Pressesprecherin TOP 20 – Entschließung zur Verlängerung Claudia Jacob der Konzession zur Ölförderung im Wattenmeer Landeshaus Düsternbrooker Weg 70 24105 Kiel Dazu sagt die umweltpolitische Sprecherin von Bündnis 90/Die Grünen, Telefon: 0431 / 988 - 1503 Fax: 0431 / 988 - 1501 Marlies Fritzen: Mobil: 0172 / 541 83 53 presse@gruene.ltsh.de www.sh.gruene-fraktion.de Der Landtag muss das Verhalten Nr. 599.10 / 08.10.2010 des Ministers missbilligen Am 21. Mai debattierten wir im Landtag über unseren Antrag auf Beendigung der Ölförderung im schleswig-holsteinischen Wattenmeer. Schwarz-Gelb lehnte ab und war nicht einmal bereit, mit uns im Ausschuss zu beraten, auf welche Weise umweltrechtliche Bestimmungen, wie z. B. die FFH-Richtlinie, in das bestehende Bergrecht integriert werden könnten.Im Gegenteil, ich erinnere mich noch an den arroganten Ton, in dem der Minister uns meinte belehren zu müssen, Mittelplate sei nicht deep water horizon, was niemand behauptet hatte, das Wattenmeer sei ausreichend gegen Ölkatastrophen geschützt, was eine gewagte These ist, und im Übrigen werde man bei der anstehenden Konzessionsverlängerung Umweltprüfun- gen durchführen, was eine glatte Falschaussage war.Tatsächlich war die Verlängerung bereits zehn Tage zuvor, am 11. Mai vom Landesamt für Bergbau und Energie ausgesprochen worden. Die eigentliche Entscheidung aber fiel im Wirt- schaftsministerium noch früher, nämlich am 19. April. Das alles geschah ohne jegliche Prüfung umweltrelevanter Belange.Nun stellen Sie sich, Herr Minister, hin und sagen, Sie hätten von all dem nichts gewusst, und zwar – und jetzt kommt’s - weil Sie ihre Mails nicht gelesen hätten.Da drängen sich uns doch zwei Fragen auf: Erstens: wie bereiten Sie sich eigentlich auf solche Landtagsdebatten vor? Immerhin stand das Thema schon lang auf der Tagesordnung, da sollte man doch annehmen, dass Ihnen Ihre MitarbeiterInnen alle Informationen zusammenstellen und ein vollständiges Mäppchen packen.Zweitens verwundert es – und das wiegt noch viel schwerer – dass Entscheidungen von sol- cher Tragweite und politischer Brisanz – 30 Jahre länger Ölförderung in einem ökologisch höchst sensiblen Gebiet mit Weltnaturerbestatus – nicht etwa in der Hausspitze, sondern mal ebenso per Mail aus der Energieabteilung heraus gefällt werden.Herr Minister, Sie sind verpflichtet gegenüber dem Parlament die Wahrheit zu sagen und das haben Sie am 21. Mai nicht getan. Wir sind nicht bereit, mangelhafte Vorbereitung auf die Par- lamentsdebatte als Entschuldigung zu akzeptieren und missbilligen daher Ihre Falschaussage bezüglich der Ölfördergenehmigung für RWE. Seite 1 von 2 Wir sind aber vor allem nicht bereit zu akzeptieren, dass solch folgenschwere Entscheidungen ganz offensichtlich ohne weitere fachliche Prüfung von einem einzigen Abteilungsleiter gefällt wurden.Auf die Anfrage des Sachbearbeiters im Landesbergamt, ob angesichts der geografischen La- ge der Ölförderung Mittelplate mitten im Nationalpark das Umweltministerium um eine Stellung- nahme gebeten und das Nationalparkamt einbezogen werden solle, beschied Ihr Mitarbeiter kurz und knapp: nein, nicht nötig.Auf die weitere Empfehlung des Fachmannes aus Clausthal-Zillerfeld, die Fördergenehmigung aufgrund der von RWE selbst angegebenen Ressourcenabschätzung zunächst bis 2022 zu begrenzen, antwortete Ihr Mitarbeiter: nein, Förderung wie beantragt bis 2041.Damit sei das Wirtschaftsministerium abgesichert für den Fall, „dass die Umweltseite, was nicht ausgeschlossen werden kann, mehr und mehr industrieavers wird.“Nun, abgesehen davon, dass sich auch die „Umweltseite“ in Person von Frau Ministerin Rumpf in einem Schreiben vom 6. Juli über dieses „intransparente Verfahren“ beklagt – ihr Haus hatte von der Verlängerungsgenehmigung nur zufällig angesichts eines Ortstermins erfahren – wer- den auch wir Grüne in der Beantwortung einer Kleinen Anfrage (Drucksache 17/742) erneut mit Halbwahrheiten abgefertigt.Wir fragten nach der Begründung für die Falschaussage des Ministers in der Landtagssitzung vom 21. Mai und wurden darauf verwiesen, dass das Landesamt über die erteilte Genehmigung „routinegemäß im Nachgang […] auf Arbeitsebene informiert“ habe.Wie wir aber jetzt alle wissen, kam die Entscheidung zur Verlängerung aus dem Ministerium selbst. Einen anderen Interpretationsspielraum lässt die Aktenlage nicht zu. Und jetzt hätten auch Sie, Herr Minister, Ihre Mails gelesen haben können, denn wir schreiben bereits den 28. Juli (Datum der Antwort der Kleinen Anfrage).Im Ausschuss beharrten Sie darauf, keine formalen Fehler gemacht zu haben. In der Tat ist die falsche Unterrichtung des Parlaments kein Formfehler, sondern eine politische Manipulation und eine grob fehlerhafte Amtsführung!Ihre Antworten im Ausschuss lassen nur zwei Schlüsse zu: Entweder, Sie haben Ihr Ministeri- um nicht im Griff oder aber Sie decken das eigenmächtige Handeln eines Abteilungsleiters, der einen Antrag von RWE maximal positiv beschied. Dieser Abteilungsleiter ist zugleich als Bera- ter für eben diesen Energiekonzern tätig und wird von ihm bezahlt.Diese Entscheidung wurde also nicht aufgrund fachlicher Abwägung – geografische Lage der Ölplattform, Abschätzung der Fördermenge – sondern rein politisch zum Nutzen von RWE ge- troffen – geradezu industrieaffin.Dass ein Beamter ganz offensichtlich keine sachlich gebotenen Abwägungen vornimmt, son- dern willkürlich genehmigt ist allein schon unglaublich, dass ein Beamter im Alleingang über Anträge eines Unternehmens entscheidet, dem er gleichzeitig als Berater dient, ist skandalös, dass ein Minister dieses Verhalten deckt, ist in einem demokratischen Rechtsstaat absolut in- akzeptabel. *** 2