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08.10.10
11:33 Uhr
SPD

Andreas Beran zu TOP 18: Kein Sonderweg in Schleswig-Holstein beim Glücksspiel

Es gilt das gesprochene Wort!
Kiel, 8. Oktober 2010


TOP 18: Neufassung des Glückspielstaatsvertrages (Drucksache17/885 und 17/941)



Andreas Beran:
Kein Sonderweg in Schleswig-Holstein beim Glücksspiel

Mit diesem Antrag wollen wir verhindern, dass durch ein Aufheben des staatlichen Glücksspielmonopols sich das Suchtpotential in der Gesellschaft durch Internetwettangebote weiter erhöht. Suchtverhalten bei Glücksspiel führt zu Leid bei Betroffenen und deren Angehörigen, oft ist die Existenz ganzer Familien durch Spielsucht zerstört worden. Schnelles Handeln ist hier zwingend erforderlich, da die CDU/FDP-Landtags-fraktionen den Entwurf eines Glücksspielstaatsvertrages vorgelegt haben, in dem sie am Monopol für Lotto und Toto zwar festhalten, jedoch alle anderen Spielarten dem freien Wettbewerb überlassen wollen.
Um dies richtig in Szene zu setzen, gab es hier im Landeshaus einige Aktivitäten der Regierungsfraktionen. Zwei Prominente kamen extra nach Kiel. Der eine aus dem Bereich Profifußball, wo immer nach neuen potentiellen Werbeeinnahmen geschielt wird, der andere, ein ehemaliges Tennis-As, der heute u.a. damit sein Geld verdient, dass er für Pokerspiele wirbt. Die beiden honorigen Vertreter ihrer Zunft sollten uns klarmachen, wie wichtig es ist, das Glücksspielmonopol in Deutschland aufzugeben. Der Sport würde dadurch zu mehr Einnahmen kommen. Verschwiegen wurde auf dieser Veranstaltung, dass diese Mehreinnahmen primär für bereits finanziell starke Profisportvereine gedacht sind, beim Breitensport dagegen wird davon kaum etwas ankommen.
Als zweites Ereignis wurde uns präsentiert, dass der Europäische Gerichtshof angeblich das Glücksspielmonopol gekippt haben sollte. Der EuGH hat in seinem Urteil bestätigt, dass ein staatliches Glücksspielmonopol zulässig ist. Der deutsche Glückspielstaatsvertrag ist nicht in Frage gestellt worden - die Ziele des Spielerschutzes, des Jugendschutzes, der Suchtprävention oder der Eindämmung der Kriminalität sind in diesem Glückspielstaatsvertrag festgeschrieben.



1 Der Europäische Gerichtshof hat lediglich darauf hingewiesen, dass das Glücksspielmonopol in Deutschland nicht in der aktuellen Form haltbar ist, da sich Deutschland nicht an die hierfür geltenden Regeln hält.
Dann kam eine weitere Veranstaltung. Eine Anhörung, durchgeführt von den beiden Regierungsfraktionen, nicht jedoch des Landtages, wie es auch zu hören war. Angehört wurden übrigens hauptsächlich die Profiteure des Glücksspiels. Da passt es ins Bild, dass die Verantwortlichen der Anhörung nicht einmal auf die Idee gekommen sind, die Experten zum Thema Sucht im eigenen Land, zum Beispiel die Landesstelle gegen die Suchtgefahren, einzuladen.
Glücksspielumsatzsteigerungen und Sucht sind zwei eng zusammengehörende Themen. Nur für eine öffentliche Darstellung macht es sich nicht gut. Klar, dass die Ergebnisse der Anhörung zum Entwurf eines Glücksspielstaatsvertrags von den Verfassern gefeiert wurden und die Darstellung in der Öffentlichkeit vor allem positiv war.
Während CDU/FDP glauben, dass es möglich ist, das Glücksspiel durch ein kontrolliertes Nebeneinander von privaten und öffentlichen Anbietern in den Griff zu bekommen und gar zu mehr öffentlichen Einnahmen zu gelangen, wird dies durch uns bezweifelt. Sie befürchten jedoch die Zerschlagung des – wie sie sagen – traditionellen Glückspiels in Deutschland. Dabei befürchten sie, dass die Spieler in den Schwarzmarkt und ins Internet gedrängt werden. Daher wollen sie die Legalisierung des Angebots im Internet, Anbieter soll dann die Glücksspielwirtschaft sein.
Übrigens, bei zurzeit ca. 25 Mrd. € Umsatz im Jahr kann ich verstehen, dass Sie da neue Freunde gewonnen haben! Um es auf den Punkt zu bringen: Sie betreiben unter dem Deckmantel der Wirtschaftsförderung mal wider Klientelpolitik, während wir den potentiell suchtgefährdeten Menschen in den Mittelpunkt unserer Entscheidungen stellen.
Auf unseren Straßen in Deutschland werden leider täglich Geschwindigkeitsüberschreitungen begangen. Heben wir deshalb die Geschwindigkeitsbegrenzungen auf und gefährden dadurch verstärkt die Fußgänger? So ähnlich ist doch die Begründung für ein Aufheben der Online- Glücksspiele: Nur weil es einige verbotenerweise tun, muss es doch nicht freigegeben werden. Gerade Online-Spiele bergen das größte Suchtpotential. Hier hat der Spieler unbeschränkten Zugriff. Nebenbei gefragt: Wie wollen Sie denn dafür sorgen, dass nur auf den Internetseiten gespielt wird, die für Mehreinnahmen sorgen sollen – mit Internetsperren?



2 Ich gebe Ihnen gerne wieder, wie die öffentliche Meinung zu diesem Thema ist. In einer repräsentativen Forsa-Umfrage aus dem August 2007 spricht sich eine klare Mehrheit der Deutschen gegen eine Kommerzialisierung des Glückspielmarktes aus: 76% sind für ein begrenztes Glücksspiel unter staatlicher Kontrolle, nur 11% sind für die Öffnung des Marktes. Ich kann Ihnen nur empfehlen, stellen Sie sich an die Seite der Mehrheit der Bevölkerung und nicht an die Seite derjenigen, die vor allem ihren eigenen Profit im Sinn haben.
Sehr geehrte Damen und Herren von CDU und FDP, geben Sie allen Mitgliedern des Landtages die Chance, dieses Thema in den Ausschüssen vertieft zu erörtern. Hier gibt es dann ja auch die Möglichkeit, nicht nur die Profiteure, sondern auch die Betroffenen und deren Vertreter offiziell zu einer Anhörung einzuladen, die Experten der Sucht- und der Schuldnerberatungen, der fachtherapeutischen Einrichtungen und der Krankenkassen, die Tag für Tag mit den vom Glücksspiel Betroffenen zu tun haben.
Gehen Sie keinen Sonderweg. Die anderen Länder wollen Ihrem Weg des „freien Spiels“ mit weniger Spielerschutz nicht folgen. Sie sind allein – kommen Sie zurück in die Gemeinschaft der Länder.



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