Heinz-Werner Jezewski zu TOP 1: "Berechnung ist fortgesetzte gesetzliche Verweigerung eines menschenwürdigen Existenzminimums."
Jannine Menger-Hamilton Pressesprecherin Rede von Heinz-Werner Jezewski zu TOP 1: Berechnung DIE LINKE Fraktion im Schleswig-Holsteinischen der Regelleistung nach ALG II der Bundesregierung Landtag Düsternbrooker Weg 70 303/10 24105 Kiel Telefon: 0431 / 9 88 16 02 Es gilt das gesprochene Wort Telefax: 0431 / 9 88 16 18 Mobil: 0160 / 90 55 65 09 Kiel, 6. Oktober 2010 presse@linke.ltsh.de www. linksfraktion-sh.deHeinz-Werner Jezewski zu TOP 1: „Berechnung ist fortgesetzte gesetzliche Verweigerung eines menschenwürdigen Existenzminimums.“„Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren,die neuen Hartz IV-Regelsätze schreiben den Verfassungsbruch fort.Der Herr Sozialminister hat sich in einer Pressekonferenz am 28. September lang und breit ausge- lassen über die akribische Gründlichkeit, in der der Referentenentwurf die Ermittlung der Regelsät- ze nun „nachvollziehbar“ offenlege. Er hat dabei als Beispiel die Passage benannt, die sich mit der Streichung des Ansatzes für das „gesundheitsgefährdende Genussgift“ Alkohol aus dem Regelsatz befasst. Dabei kommt er dann zu den 2,99 Euro, die als Geldbetrag notwendig sein sollen, um die Flüssigkeitsmenge von zwölf Litern preiswertes Bier zu „substituieren“.Um diese Maus zu gebären, hat die Bundesministerin für Arbeit und Soziales monatelang gekreißt. Die komplette Regelsatzermittlung offenbart sich an dieser Stelle als Gaunerstück und bitterböse Realsatire. Das könnte sogar ein FDP-Sozialminister merken, Herr Dr. Garg.Die Bundesregierung hat sich aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts die passenden Stellen herausgelesen und ein politisches Mantra entwickelt, nach dem gerade nicht die Höhe des Regel- satzes sondern lediglich die Art und Weise seiner Ermittlung unvereinbar sei mit dem Grundgesetz. Das haben wir unmittelbar nach der Verkündung des Urteils das erste Mal so gehört. Und seither geht es unermüdlich so weiter.Die Regierung hat sich entschieden, in der Form zu tricksen und dabei in der Substanz keine Rück- sicht zu nehmen auf die Forderung des Gerichts nach einer Ermittlung der Höhe der Regelleistun- gen, die die Gewährung des Grundrechts auf ein menschenwürdiges Existenzminimum sicher stellt. Diese und alle weiteren Presseinformationen der Fraktion DIE LINKE finden Sie auf http://www.linksfraktion-sh.de Um es klar zu sagen: Die Höhe des Regelsatzes ist politisch entschieden worden. Von einer tatsäch- lichen Ermittlung dieser Höhe kann keine Rede sein.„Nachvollziehbarkeit“ hätte bedeutet, die Datenbasis der EVS offenzulegen. „Nachvollziehbarkeit“ hätte auch bedeutet, die Einkommens- und Verbrauchsstichprobe kritisch zu bewerten und ihre Referenztauglichkeit zu untersuchen. Und zwar, bevor die eigentliche und detaillierte Ermittlungs- arbeit kommt.Es ist wohl zumindest zweifelhaft, Haushalte von Hartz IV-BezieherInnen mit den Verbrauchsge- wohnheiten von Rentnern und Studenten vergleichen zu wollen. Aber wie hoch ist denn der Anteil der Rentnerhaushalte, der Studentenhaushalte in der Stichprobe. Man weiß es nicht.Die Regierung legt den Referentenentwurf mit seitenlangen Listen vor. Aber die Ausgangsdaten behält sie für sich. Das ist schlicht politische Vernebelungstaktik und das Gegenteil von sauberer und methodischer Arbeit.Nehmen wir zum Beispiel die Festlegung der maßgenommenen Referenzhaushalte der EVS. Weil sich für Einpersonenhaushalte ein Ergebnis von 364 Euro offensichtlich nicht errechnen lässt aus den unteren 20 Prozent der Haushalte, wird eben einfach mit den unteren 15 Prozent der Haushal- te gerechnet.Das ist nichts anderes als eine Manipulation der Datenbasis, um das gewünschte Ergebnis zu errei- chen. Der Volksmund nennt das Betrug, zumindest aber ist die Methode schlicht schäbig. Und das setzt sich fort in der Willkür der Entscheidungen darüber, welche Teile der ermittelten EVS für Hartz IV-EmpfängerInnen nicht „regelsatzrelevant“ sein sollen – und also abgezogen werden kön- nen.Dieses Vorgehen mit dem erhobenen Zeigefinger ist nicht nur ein Rückfall in die moralisch so zwei- felhafte wie knochenharte Wohlfahrtspädagogik des 19. Jahrhunderts.Das Verfassungsgericht hat die Verwendung des Statistikmodell nicht ausgeschlossen. Wo es der Bundesregierung jetzt politisch in den Kram passt, wird das Statistikmodell gleich ausgeweitet zu einer Art negativem Warenkorbmodell.Der arme Mensch, soweit er statistisch zu erfassen ist, säuft, er raucht und gibt sich Glückspielen hin, so scheint das Weltbild der Bundesregierung gestrickt zu sein. Da kann es ja wohl nicht ange- hen, dass der Steuerzahler den Hartz IV-Bedürftigen auch noch Bier, Tabak, Lottoschein und Cur- rywurst/Pommes zahlen soll. Also weg mit diesen Beträgen. Diese und alle weiteren Presseinformationen der Fraktion DIE LINKE finden Sie auf http://www.linksfraktion-sh.de Dazu passt dann auch die Forderung des ehemaligen bayrischen Ministerpräsidenten Stoiber, die Regelsätze für Gartenbesitzer zu kürzen, weil die doch Obst und Gemüse aus eigener Ernte für ih- ren Lebensunterhalt ziehen würden.Was die Bundesministerin für Arbeit und Soziales hier treibt ist ein schmutziges und unredliches Geschäft. Hier geht es nicht um Sozialpolitik sondern um Armutsverwaltung nach Kassenlage.Was die Bundesministerin für Arbeit und Soziales hier vorgelegt hat, ist nicht die Gewährung son- dern die fortgesetzte gesetzliche Verweigerung des Grundrechts auf ein menschenwürdiges Exis- tenzminimum.DIE LINKE fordert die Landesregierung auf, im Bundesrat ein offenliegendes und nachprüfbares Verfahren für die Ermittlung der Regelsätze einzufordern. Machen Sie sich nicht zum Komplizen eines fortgesetzten Verfassungsbruchs.“ Diese und alle weiteren Presseinformationen der Fraktion DIE LINKE finden Sie auf http://www.linksfraktion-sh.de