Anke Spoorendonk zu TOP 26 - Rücknahme der unangemessenen Konsequenzen aus dem Lehrerstreik
Presseinformation Kiel, den 10. September 2010 Es gilt das gesprochene WortAnke SpoorendonkTOP 26 Rücknahme der unangemessenen Konsequenzen aus dem Lehrerstreik Drs. 17/802Anfang Juni dieses Jahres sind rund 3.000 schleswig-holsteinische Lehrerinnen und Lehrer aufdie Straße gegangen, um sich gegen die Bildungspolitik der schwarz-gelben Landesregierungzu wehren. Diese Demonstration ist einmalig für dieses Land, weil sie während der Schulzeitstattgefunden hat und verbeamtete Lehrer gestreikt haben, um an dem Protest teilzunehmen.Statt uns heute mit den sehr interessanten Themen des Protests auseinander zu setzen, gehtes aber um die Konsequenzen des Streiks für die verbeamtete Lehrerschaft. Klar ist, dass dieArbeitsniederlegung der verbeamteten Lehrerinnen und Lehrer gegen das Beamtengesetzverstößt. Und für diese Beurteilung gibt es auch keinen Ermessensspielraum.Ermessensspielraum gibt es allerdings bei der Bestrafung der Betroffenen und hier ist dasBildungsministerium aus Sicht des SSW weit über das Ziel hinausgeschossen.Schon vor dem Streik war klar, dass die verbeamteten Lehrer bei einer Demo während derSchulzeit in eine Zwickmühle kommen würden. Dies haben alle gewusst, inklusive GEW und 2Bildungsministerium. Und das Bildungsministerium hat sogar Briefe an alle Schulen geschickt,vor einem Streik gewarnt und mit Konsequenzen gedroht. Die Lohnkürzungen und Einträge inden Personalakten dürften daher niemanden überraschen. Sie sind auch nach demDisziplinargesetz heftig, aber okay. Ganz nüchtern betrachtet muss nämlich aus unserer Sichtfestgestellt werden, dass Beamte tatsächlich ein besonderes Dienstverhältnis eingehen unddamit auch bestimmte Vor- und Nachteile akzeptieren. Das gilt für Beamte ebenso wie fürAngestellte oder Selbständige - es gibt immer gewisse Vorteile und auch gewisse Nachteile.In diesem Falle muss aber auch deutlich gemacht werden, dass niemand gezwungen wird, einBeamtenverhältnis einzugehen. Wer die Vorteile der Unkündbarkeit oder der guten Bezahlungund Altersversorgung möchte, muss sich daher auch damit einverstanden erklären, seinemDienstherren zur Verfügung zu stehen und auf Arbeitsniederlegung zu verzichten.Das Streikverbot für Beamte in Deutschland ist europaweit einmalig und seit vielen Jahrenumstritten. Allerdings möchte ich heute keine Diskussion über eine rechtliche Grauzonebeginnen, ob das Streikverbot überhaupt noch angemessen ist oder ob 1.939 eingeleiteteDisziplinarverfahren nicht mehr Unsinn als Sinn stiften. Auch möchte der SSW nichtpolarisieren und das böse Bildungsministerium verteufeln. Es gibt Gesetze und an die mussman sich auch halten.Aber aus unserer Sicht muss ganz klar sein, dass es einen Ermessensspielraum beim Ausmaßder Bestrafung gibt und dieser ist vom Bildungsministerium überschritten worden. Diepersonellen Konsequenzen insbesondere für die angehende Schulleiterin in Flensburg und denangehenden Schulleiter in Elmshorn sind so übertrieben, dass man darüber nur noch den Kopfschütteln kann. Bei der Bestrafung sollte eine Balance herrschen zwischen Verhältnismäßigkeitund Beamtenrecht und diese Balance ist hier nicht gegeben. Viel mehr werden besondersengagierte Lehrerinnen und Lehrer, die aus guten Gründen ausgewählt wurden eine Schule zuleiten, aufgrund einer dreistündigen Demonstrationsteilnahme während der Arbeitszeit von 3ihrer Beförderung zurückgezogen, da sie ihre besonderen Anforderungen in Bezug auf dieTreuepflicht zum Dienstherren nicht erfüllt haben.Nein, diese Treuepflicht haben sie nicht erfüllt und trotzdem ist es völlig überzogen, daraufhindie Beförderung dieser zwei Personen wieder einzukassieren. Nicht zuletzt in Flensburg hat derSchulleiterwahlausschuss erst einen Monat nach der Demonstration getagt, so dass dasMinisterium genug Zeit hatte, um den Ausschuss über den Einspruch zu informieren. Stattdessen wurde abgewartet und erst viel zu spät reagiert. Ein dreistündiger Streik sagt jedochnichts über die Qualifizierung dieser Personen für die Schulleitung aus. Oder vielleicht geradedoch - weil diese Personen gezeigt haben, dass sie sich engagieren und für die Sache einsetzen.Der SSW begrüßt daher den Antrag von Bündnis 90/Die Grünen. Unserer Meinung nach solltesich der Bildungsminister ganz genau überlegen, ob er diese harten Strafen wirklichdurchziehen will. Die Signale, die damit gesandt werden, können weitreichende, negativeKonsequenzen haben. Es sind nämlich nicht nur die Lehrerinnen und Lehrer an den schleswig-holsteinischen Schulen, die einen Bildungsminister brauchen, der sich für sie einsetzt und zuihnen steht. Auch der Bildungsminister braucht Lehrerinnen und Lehrer, die sich für ihneinsetzen und zu ihm stehen. Davon ist Herr Klug derzeit weit weg und entfernt sich Tag fürTag immer mehr.