Thorsten Fürter zu Richterunstersuchungen in Parlamentarischen Untersuchungsausschüssen
Presseinformation Landtagsfraktion Es gilt das gesprochene Wort! Schleswig-Holstein Pressesprecherin Claudia Jacob TOP 23 – Unabhängige Richteruntersuchungen zur Landeshaus Beweiserhebung im Rahmen der Parlamentarischen Düsternbrooker Weg 70 24105 Kiel Untersuchungsausschüsse Telefon: 0431 / 988 - 1503 Fax: 0431 / 988 - 1501 Dazu sagt der innen- und rechtspolitische Sprecher Mobil: 0172 / 541 83 53 der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, presse@gruene.ltsh.de Thorsten Fürter: www.sh.gruene-fraktion.de Nr. 512.10 / 10.09.2010Parlamentarische Untersuchungsausschüsse gehören zur politischen Kultur in DeutschlandDie heutige Debatte wurde an dieser Stelle beinahe inhaltsgleich schon einmal Anfang 2004 geführt. Um es gleich vorweg zu sagen: Ich sehe nicht, warum der heutige – im Vergleich zu damals nur leicht modifizierte – Antrag des SSW Zustimmung finden soll- te.Der SSW nennt drei Ziele, die mit seinem Antrag erreicht werden sollen:1. Eine Beschleunigung des Verfahrens, 2. eine Steigerung der Effizienz des Verfahrens und 3. eine Entpolitisierung des Verfahrens.Zugegebenermaßen: Das klingt zunächst einmal gut. Bei genauer Betrachtung zeigt sich jedoch, dass der SSW-Antrag – wie schon damals – auch heute nicht überzeugt.Ich will das im Einzelnen an den drei genannten Zielsetzungen verdeutlichen:Erstens. Der SSW ist der Meinung, die Untersuchung würde „erheblich“ beschleunigt, wenn man nur RichterInnen die Beweisausnahme überlassen würde. Ich halte das für sehr zweifelhaft.Was hat denn dort bislang zu den vereinzelten Verzögerungen geführt? Doch nicht et- wa, dass wir Ausschussmitglieder keine Zeit für die Beweisaufnahme gefunden hätten. Nein, Grund und Ursache der vereinzelten Verzögerungen war doch, dass der Aus- schuss die angeforderten Unterlagen nur schleppend und zum Teil erst nach Andro- hung von rechtlichen Schritten bekommen hat. Die Fraktionen erhalten erst jetzt die Seite 1 von 2 letzten 30 Aktenordner zur Auswertung ausgehändigt. Diese Akten wären auch nicht früher eingetroffen, nur weil RichterInnen an der Untersuchung beteiligt wären. Und den Gesetzen der Logik folgend kann auch eine RichterIn Akten erst dann auswerten, wenn sie ihm vorgelegt wurden.Ich halte es nicht für richtig, aus der Arbeit des aktuellen PUA eine besondere Reform- bedürftigkeit herzuleiten. Dieser Parlamentarische Untersuchungsausschuss übernimmt eine Aufklärungsarbeit, an der die Gesellschaft ein immenses Interesse hat. Der Aus- schuss bearbeitet eine Vielzahl von Fragen und eine hoch komplizierte Materie. Wenn er seinen Bericht – wie es sich derzeit abzeichnet – in etwa zur Jahreswende vorlegen wird, dann können wir mit Fug und Recht sagen: Hier wurde in einem angemessenen Zeitrahmen gearbeitet. Ich war viele Jahre in Berlin und Lübeck in Wirtschaftsstrafkam- mern tätig. Wer glaubt, Gerichte könnten bei streitigen und komplexen Verhandlungen kurzen Prozess machen, sollte sich einmal mit solchen RichterInnen in Kiel und Lübeck unterhalten.Zweitens: Auch dass der SSW-Vorschlag zu einer wesentlichen Effizienzsteigerung füh- ren könnte, steht nach meinem Dafürhalten nicht zu erwarten.Sicherlich: Die Abgeordneten selbst würden beim SSW-Vorschlag von der Beweisauf- nahme befreit werden. Aber zu sagen, der PUA hält die Abgeordneten davon ab, sinn- volleren Tätigkeiten nachzugehen, das sollen dann besser RichterInnen machen: Das halte ich für unangebracht. Denn sinnvolle Tätigkeiten werden nicht nur im Schleswig- holsteinischen Landtag wahrgenommen, sondern auch in der Justiz.Es bleibt damit übrig der dritte Wunsch, der mit dem Antrag verbunden ist: Die Aufklä- rung des Sachverhaltes soll entpolitisiert werden. Um es klar zu sagen: Parlamentari- sche Untersuchungsausschüsse gehören zur politischen Kultur in Deutschland. Sie müssen deshalb politisch sein. Wir wollen, dass dies so bleibt. Ein Untersuchungsaus- schuss ist eben gerade kein Gericht.Und das gilt auch für die Verfahrensgestaltung: Zum parlamentarischen Kontrollrecht gehört untrennbar die Möglichkeit, Einfluss auf den Verlauf des Verfahrens nehmen zu können. Mit dem zur Abstimmung stehenden Vorschlag werden deshalb die parlamen- tarischen Kontrollrechte beschnitten. Dem kann die Grüne Landtagsfraktion nicht zu- stimmen.Wichtiger wäre aus unserer Sicht, Erkenntnisse aus dem aktuellen PUA hier im Landtag umzusetzen: Wir sollten in unserer Verfassung den Weg für länderübergreifende Unter- suchungsausschüsse frei machen. Die Parlamente hinken hier der Entwicklung im Be- reich der Exekutive meilenweit hinterher.Wir müssen uns auch die Qualität von Aufsichtsräten ansehen, die staatliche und kom- munale Unternehmen beaufsichtigen. Sie können davon ausgehen, dass wir Konse- quenzen aus den Erkenntnissen im Untersuchungsausschuss schon recht bald in das parlamentarische Verfahren einspeisen werden. Ich will es nicht wieder erleben, dass sich Aufsichtsräte wenn es schief geht auf ihre mangelnde Ausbildung berufen.Ich denke, dass sind Debatten, die wir führen sollten. *** 2