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09.09.10
14:24 Uhr
SSW

Anke Spoorendonk zu TOP 44 - Grenzüberschreitende Zusammenarbeit

Presseinformation Kiel, den 09. September 2010 Es gilt das gesprochene Wort



Anke Spoorendonk
TOP 44 Grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen Schleswig-Holstein und der Region Syddanmark Drs. 17/358 und 17/782

In seiner Länge und Ausführlichkeit ist dieser Bericht bemerkenswert. Man merkt den
Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Landesregierung an, dass sie sich Mühe gegeben haben.
Dafür einen herzlichen Dank. Allerdings ist bedauerlich, dass genau die Punkte aus unserem
Berichtsantrag nicht beantwortet werden, die zu Reflexionen über Zielsetzungen und
Umsetzungsprozesse einladen. Hier ist zwar von der Pflege guter Beziehungen, von
Absichtserklärungen sowie Informations- und Erfahrungsaustausch die Rede; unbeantwortet
bleibt dagegen, wie die Landesregierung die Träger der Zusammenarbeit konkret berät und
unterstützt oder wie die lange angekündigte Dänemark-Strategie im Detail aussieht.


Deutlich macht der vorliegende Bericht, dass - und hier gebe ich der Landesregierung Recht -
das Aktivitätsniveau der deutsch-dänischen Zusammenarbeit in den letzten Jahren intensiviert
und gesteigert wurde. Sie hat auch Recht, wenn im Bericht behauptet wird, dass das INTERREG
IV A-Programm vorrangig das Ziel hat, einen direkten Nutzen für die gemeinsame
wirtschaftliche und regionale Entwicklung der Grenzregion zu schaffen. Dass den Akteuren 2
trotzdem oft die Lust vergeht, sich an INTERREG-Projekten zu beteiligen, ist leider die andere
Seite dieser Medaille. Nicht nur das Antragswesen ist umständlich und bürokratisch, das
Zuwendungsverfahren ist es auch. Dazu hatte der SSW Anfang des Jahres einen Bericht im
Europa-Ausschuss erbeten, der – so ist mir gesagt – dann auch zu einigen Verbesserungen bei
den Abläufen geführt hat. Aber anders herum ist doch genau dies eine Barriere in der
grenzüberschreitenden Zusammenarbeit, die die Landesregierung von sich aus unter ständiger
Beobachtung hat. Es sollte auch klar und deutlich gesagt werden, dass es die EU ist, die den
Hauptteil der deutsch-dänischen Zusammenarbeit finanziert. - Und es sind die Akteure vor Ort,
die die Co-Finanzierung leisten. Sie arbeiten erfolgreich in den Bereichen Tourismus, Umwelt,
Justiz, Arbeitsmarkt oder Bildung zusammen, und sie stecken auch sehr viel unbezahlte
Arbeitskraft in diese Zusammenarbeit. Die Landesregierung ist vor diesem Hintergrund häufig
nur die Tante, die Klavier spielt, und nicht der Onkel, der Gutes mitbringt. Das Scheitern des
Projektes Collegium Mare Balticum lässt grüßen!


Es ist wegen der Kürze meiner Redezeit unmöglich, auf Einzelheiten des Berichts einzugehen.
Dazu wird die Ausschussberatung hoffentlich Gelegenheit geben. Dort werden wir sicherlich
auch - genauer als im Bericht dargelegt - erfahren, wie weit man ist, wenn es darum geht,
Gesundheitsleistungen grenzüberschreitend anzubieten. Denn auch in diesem Bereich gilt
letztlich die Devise, dass Zusammenarbeit keine Einbahnstraße sein darf. - Oder wie die
Landesregierung gedenkt, in der nunmehr beschlossenen deutsch-dänischen
Verkehrskommission zu agieren. Zu sagen, jede Seite listet seine Infrastrukturprojekte auf und
koordinieren will man erst einmal gar nichts, ist wenig ambitiös und nicht im Sinne einer
verstärkten Zusammenarbeit.


Fast wie Hohn klingt es, wenn die Landesregierung den konstruktiven Austausch und die
positiven Ergebnisse der Kompetenzanalyse zum Mehrwert der Minderheiten in der
Grenzregion hervorhebt. Denn hier scheint die eine Hand nun wirklich nicht zu wissen, was die
andere tut. Hinzu kommt – und das ist wirklich abenteuerlich – wenn beim Thema „Förderung 3
der dänischen Sprachkenntnisse“ aus dem Bericht der Landesregierung hervor geht, wie
wichtig die Rolle der Dänischen Zentralbibliothek in diesem Zusammenhang ist. Gleichwohl
schlägt die Landesregierung im gestern debattierten Haushaltsentwurf für 2011-2012 vor, den
Landeszuschuss für Dansk Centralbibliotek von gut 90.000 € auf gut 60.000 € zu reduzieren.
Oder anders ausgedrückt: Man findet es anscheinend völlig in Ordnung, dass man „für ’n Appel
und ’n Ei“ alles haben kann: eine Minderheitenpolitik für schöne Sonntagsreden und ein
Sprachangebot zum 0-Tarif für Menschen, die ohne einen grenzüberschreitenden
Arbeitsmarkt, keine Chance auf einen Arbeitsplatz hätten. Für beides zahlt die dänische Seite:
Partnerschaft und Wertschätzung sieht anders aus.


Wenn man sich vor Augen führt, dass die Landesregierung diesen Bericht - bevor er überhaupt
im Landtag debattiert wurde - bereits dem Sachverständigenausschuss des Europarates
überreicht hat, der anlässlich der Fortschreibung des Staatenberichts zur Sprachencharta vor
kurzem in Kiel tagte, dann bekommt man den Eindruck, dass es der Landesregierung mehr um
den Symbolgehalt geht als um Inhalte. Denn die oft angekündigte neue Dänemark-Strategie
liegt immer noch nicht vor - auch wenn die Landesregierung schon einmal die Richtung
andeutet. Sie soll ganz Dänemark umfassen, heißt es, und verstärkt die Fehmarnbelt-Region
umfassen. Aus anderen Zusammenhängen wissen wir, dass der Landesregierung dabei in
erster Linie ein Bild von einer verstärkten Zusammenarbeit zwischen der Öresundregion und
der Metropolregion Hamburg vorschwebt. Weitere Stichworte lauten: Einbindung in die
Makroregion Ostsee und Umsetzung der EU-Ostseestrategie. Daher sage ich für den SSW: Wir
werden nicht hinnehmen, dass die grenzüberschreitende Zusammenarbeit im deutsch-
dänischen Grenzland auf die lokalen Akteure abgewälzt wird, damit sich die Landesregierung
auf schöner gebohnerten Fluren ausleben kann , denn für den nördlichen Landesteil ist diese
Kooperation nicht „nice to have“, sie ist eine wichtige strategische Perspektive.