Thorsten Fürter zur Forderung der Fraktion SSW, die Parlamentarischen Untersuchungsausschüsse durch "unabhängige Richteruntersuchungen" zu ersetzen
Presseinformation Landtagsfraktion Schleswig-Holstein Stellv. Pressesprecher Dr. Jörg Nickel Landeshaus Düsternbrooker Weg 70 24105 Kiel Telefon: 0431 / 988 - 1503 Fax: 0431 / 988 - 1501 Mobil: 0178/28 49 591 presse@gruene.ltsh.de www.sh.gruene-fraktion.de Nr. 437.10 / 21.07.2010Alter Wein in alten Schläuchen Zur Forderung der Fraktion SSW, die Parlamentarischen Untersuchungsausschüsse durch „unabhängige Richteruntersuchungen“ zu ersetzen, erklärt der rechtspolitische Sprecher der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Thorsten Fürter:Die Diskussion über die Einführung „unabhängiger Richteruntersuchungen“ wurde bereits 2004 einmal geführt. Der damalige Antrag des SSW wurde dabei von allen Fraktionen ein- hellig abgelehnt. Die Argumente, die ehedem zur Ablehnung des Antrags führten, haben nach wie vor unverändert Bestand.Nach wie vor gilt: Die Kontrolle der Regierung ist neben der Gesetzgebung die wichtigste Aufgabe des Parlaments. Untersuchungsausschüsse sind das schärfste Schwert, um die- ses Recht durchzusetzen. Die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses versetzt das Parlament in die Lage, weitgehend eigenständig und unabhängig von Regierung, Verwal- tung und Justiz mit hoheitlichen Mitteln Sachverhalte zu überprüfen, an deren Aufklärung ein hohes öffentliches Interesse besteht. Das Recht, einen Untersuchungsausschuss ein- zusetzen, ist hart erkämpft worden, hat Verfassungsrang und gehört zum Selbstverständnis eines Parlaments. Es ist insbesondere das Recht der parlamentarischen Minderheit. Der Vorschlag, Untersuchungen zukünftig durch einen oder mehrere Richter durchführen zu lassen, bedeutet nichts anderes als eine Beschneidung der Rechte der parlamentarischen Seite 1 von 2 Minderheit. Sie hätte fortan nur noch die Möglichkeit, den Gegenstand der Untersuchung zu bestimmen und müsste dann alle weiteren Rechte aus der Hand geben. Insbesondere hät- te sie keine Möglichkeit mehr, den Gang der Untersuchung zu steuern.Die Argumente gegen die Einführung einer „unabhängigen Richteruntersuchung“ sind hin- länglich bekannt und längst ausgetauscht. Die nunmehr vom SSW erneut aufgewärmte Debatte ist deshalb nicht zielführend. Wichtiger ist, dass die Parlamente auf die zuneh- menden länderübergreifenden Kooperationen (z. B. zwischen Hamburg und Schleswig- Holstein) reagieren und in den Verfassungen den Weg für länderübergreifende Untersu- chungsausschüsse frei machen. Dann wäre beispielsweise die aktuelle Untersuchung des Versagens der Aufsicht über die HSH Nordbank mit nur einem Untersuchungsausschuss möglich gewesen.Es überzeugt auch nicht, wenn beklagt wird, Untersuchungsausschüsse hielten teilweise Jahre lang Abgeordnete, davon ab, sinnvolleren Tätigkeiten nachzugehen. Die Aufarbei- tung einer komplexen Materie wie der HSH Nordbank könnte auch ein Richtergremium nicht im Handumdrehen erledigen. Auch dieses Gremium müsste kostbare Arbeitszeit für die Aufklärung politischer Vorgänge einsetzen, die anderer Stelle fehlen würden. Sinnvolle Tätigkeiten werden schließlich nicht nur im Schleswig-Holsteinischen Landtag wahrgenom- men, sondern auch in der Justiz. *** 2