Navigation und Service des Schleswig-Holsteinischen Landtags

Springe direkt zu:

Diese Webseite verwendet ausschließlich für die Funktionen der Website zwingend erforderliche Cookies.

Datenschutzerklärung

Pressefilter

Zurücksetzen
09.07.10
10:20 Uhr
B 90/Grüne

Thorsten Fürter zum Gesetzentwurf zur Änderung des Wahlgesetzes für den Landtag

Presseinformation

Es gilt das gesprochene Wort! Landtagsfraktion Schleswig-Holstein Pressesprecherin TOP 12 – Gesetzentwurf zur Änderung des Wahlgesetzes Claudia Jacob für den Landtag in Schleswig-Holstein Landeshaus Düsternbrooker Weg 70 24105 Kiel Dazu sagt der rechtspolitische Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen, Telefon: 0431 / 988 - 1503 Fax: 0431 / 988 - 1501 Thorsten Fürter: Mobil: 0172 / 541 83 53 presse@gruene.ltsh.de www.sh.gruene-fraktion.de
Nr. 414.10 / 09.07.2010

Wahlalter 16: Mehr Jugend wagen
Meine Erinnerung ans eigene Geburtsjahr ist dürftig. Aus dem Geschichtsunterricht weiß ich: 1970. Es war die Anfangszeit der sozial-liberalen Koalition. Aufbruch war an- gesagt. Willy Brandt wollte „Mehr Demokratie wagen“. 40 Jahre nach der Senkung des Wahlalters zur Bundestagswahl von 21 auf 18 Jahre ist es nun wieder an der Zeit, eine Änderung des Wahlalters in Angriff zu nehmen. Wir müssen heute „Mehr Jugend wa- gen.“
Mit unserer gemeinsamen Gesetzesinitiative von SPD und Grünen werden wir den 16- und 17-jährigen das aktive Wahlrecht auch bei Landtagswahlen ermöglichen. Politik muss ein klares Signal für die junge Generation aussenden: Sie ist uns wichtig. Wir nehmen ihre Anliegen ernst. Wir wollen sie an allen politischen Entscheidungen beteili- gen.
Schließlich ist es die junge Generation, die von den Konsequenzen der heutigen Ent- scheidungen am stärksten betroffen ist. Meine verehrten Damen und Herren von den Regierungsfraktionen: Sie selbst bemühen wieder und wieder die Interessen der jungen Menschen, wenn sie Schuldenbremse und Sparpolitik vor Schulklassen und hier im Plenum erklären. Zwar gelingt es Ihnen bei der Umsetzung des Sparpakets jeden Tag ein Stück weniger die Fassade einer strategischen Planung aufrecht zu erhalten. Trotz- dem: Der Ansatzpunkt ist richtig. Egal ob Bildungspolitik, Klimawandel oder Finanzpoli- tik. Die Konsequenzen unserer Arbeit treffen die jungen Menschen am härtesten. Sie werden sie schlicht am längsten zu ertragen haben.
Deswegen ist es notwendig, dass die Jugendlichen ab 16 mit ihren Wünschen und Vor- Seite 1 von 2 stellungen – mit ihren Erwartungen an die Politik – gleichberechtigt Einfluss nehmen können. Einfluss nehmen darauf, wer das Land regiert und mit welchen Zielen.
Lassen Sie mich auf den einzigen Einwand gegen eine Herabsetzung des Wahlalters eingehen, dem bei oberflächlicher Betrachtung wenigstens eine gewisse Berechtigung eingeräumt werden könnte. Ja, durch unseren Vorstoß fallen die Volljährigkeit nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch und das aktive Wahlrecht in Zukunft auseinander.
Aber die Zuordnung von Rechten und Pflichten ist nicht immer an den Erwerb der Voll- jährigkeit geknüpft. Der für dieses Thema wichtigste Beleg ist die Religionsfreiheit, die jedem ab Vollendung des 14. Lebensjahrs zusteht. Und ja, natürlich kann am Ende ei- nes Prozesses, mit dem das Recht (wie schon 1970) auf die Verkürzung der Kindheit reagiert, auch eine Neubestimmung des Volljährigkeitsalters stehen. Wir sollten vor dieser Debatte keine grundlegende Furcht haben.
Vor ein paar Wochen war hier im Landtag eine Runde, wir sie alle kennen. Regional- schüler aus Lübeck hatten uns besucht. Herr Günther, Frau Jansen und andere sie wa- ren damals dabei, meine ich. Wir sprachen vom Sparen und was dies alles mit den Ho- telbesitzern zu tun hätte. Wer in die Runde blickte konnte sehen, dass uns kaum einer folgen konnte oder wollte. Was diese Runde aber von anderen unterschied, war, dass ein paar Schüler das auch ganz deutlich gesagt haben: „Sie reden über unsere Köpfe hinweg.“ Wer das jetzt als Beweis nimmt, diesen Jugendlichen das Wahlrecht zu ver- sagen, ist dumm. Es soll mir doch keiner erzählen, dass auch nur einer dieser Schüler plötzlich mit dem 18. Geburtstag – quasi automatisch - die FAZ abonniert oder regel- mäßiger Besucher auf Parteiversammlungen der Linkspartei wird.
Wir sollten diese Änderung des Wahlalters zum Anlass nehmen, auch unsere politische Rhetorik und Gepflogenheiten ein wenig zu überdenken. Wir müssen auch viel aktiver junge Menschen in den politischen Prozess mit einbeziehen. Die Absenkung des Wahl- alters ist hier ein wichtiger Baustein. Meine Damen und Herren, die Absenkung des Wahlalters ist Chance und Verpflichtung zu gleich. Eine Chance für mehr Teilhabe und eine Verpflichtung, im Elternhaus und in der Schule früh damit zu beginnen, für unsere Demokratie zu werben und die jungen Menschen für Politik zu begeistern.

***



2