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08.07.10
17:35 Uhr
SSW

Anke Spoorendonk zu TOP 37 - Hintergrundpapiere und Hintergrundanalysen

Presseinformation Kiel, den 8.07.2010 Es gilt das gesprochene Wort



Anke Spoorendonk
TOP 37 Dem Parlament müssen Hintergrundpapiere und Hintergrundanalysen zur Verfügung gestellt werden Drs. 17/702

Es ist eine ziemlich skurrile Situation, in der wir hier stecken. Eine Kommission aus Mitgliedern
der Landesregierung , Vertretern der regierungstragenden Fraktionen und Hospitanten des
Landesrechnungshofs hat die zukünftige Finanzpolitik des Landes beschlossen. Sowohl das
Kabinett als auch die Landtagsfraktionen von CDU und FDP haben dieses Papier abgesegnet
und es öffentlich verbreitet. Der Opposition wird aber gesagt, sie hat keinen Anspruch auf die
entsprechenden Unterlagen, weil es schließlich nicht um Regierungshandeln ginge und es
auch nicht dem Landtag vorgelegt wird. Das ist absurdes Theater. Niemand ist wirklich
zuständig für das Papier, von dem wir seit Ende Mai wissen, dass es das finanzielle Schicksal
Schleswig-Holsteins bestimmt und zu dem der Ministerpräsident sogar eine Regierungs-
erklärung abgegeben hat. Die wichtigste Reform seit Jahrzehnten ist ein schwarzes Loch. Wir
sehen die finanziellen Auswirkungen, aber niemand kann erklären, weshalb sie eintreten, denn
die entsprechenden Hintergründe darf keiner sehen. 2
Das Ziel der Haushaltskonsolidierung heiligt für die schwarz-gelbe Koalition offensichtlich die
Mittel. Die Gewaltenteilung und die demokratische Transparenz werden ohne Not auf dem
Altar der Schuldenbremse geopfert. In ihrer Antwort auf meine Kleine Anfrage „Empfehlungen
zur Konsolidierung der Finanzen des Landes Schleswig-Holstein“ schreibt die Landesregie-
rung:“Die Haushaltsstrukturkommission ist keine Einrichtung der Landesregierung. Sie ist auf
der Grundlage des Koalitionsvertrages zusammengetreten“. Sie verweist vielmehr darauf, dass
sie „zum Abwägungs- und Entscheidungsprozess der Haushaltsstrukturkommission keine
Stellung“ bezieht, weil es eben kein Regierungsgremium ist, und weigert sich, auf konkrete
Fragen zu den einzelnen Empfehlungen der Haushaltsstrukturkommission einzugehen. So geht
man nicht mit einem demokratisch gewählten Parlament um.


Wenn die Landesregierung sich die Empfehlungen einer Kommission eins-zu-eins zu eigen
macht, dann muss sie auch bereit sein, die Argumente und Fakten offen zu legen, die zu den
Entscheidungen geführt haben. Deshalb fordern wir, dass uns diese Informationen, die den
Landeshaushalt entscheidend prägen werden, mit dem Haushaltsentwurf der Landesregierung
zur Verfügung gestellt werden. Dies gilt umso mehr, als die Landesregierung natürlich
maßgeblich an den Beschlüssen beteiligt gewesen ist. Sie hat nicht nur mit am Tisch gesessen
und in Person des Finanzministers der Kommission sogar vorgesessen. Sie hat auch die
entscheidenden Daten geliefert. Die Haushaltsstrukturkommission hat für ihre Arbeit
Unterlagen genutzt, die in den Ministerien erarbeitet worden sind. Die Landesregierung hat
sogar mehr getan. Sie hat sich schon jetzt von der Kommission leiten lassen. In den letzten
Monaten haben Mitglieder der Landesregierung in Ausschuss-Sitzungen mehrfach Vorschläge
vorgelegt, die aus der Feder der Kommission stammten. Minister Dr. Klug hat im
Bildungsausschuss als Begründung für seine Rücknahme des Pflichtstundenerlasses
angegeben: Die Haushaltsstrukturkommission wollte es so – ohne Begründung und ohne
Abwägung. Das ist die Veralberung des Parlaments. Und das ist auch kein Umgang mit den
Bürgerinnen und Bürgern die nachher unter den Einsparungen leiden. Es ist das mindeste, dass 3
die Landesregierung den Betroffenen klar und schlüssig begründet, weshalb sie zu so
schwerwiegenden Maßnahmen greift.


Die CDU und die FDP haben gemauert und sich nicht in die Karten gucken lassen – was
nebenbei bemerkt den Eindruck hinterlässt, als würden sie ihren eigenen Argumenten nicht
trauen. Und dann wird der Opposition seit Veröffentlichung der Haushaltsempfehlungen auch
noch zugerufen, sie könne ja einfach Änderungsvorschläge machen. Ja wie bitte? Wie soll
irgendjemand qualifiziert Stellung zu einem Sparpaket beziehen, wenn er nicht weiß, wie und
weshalb es zustande gekommen ist. Auf die Expertise des Landesrechnungshof s können wir
dabei auch nicht zurückgreifen. Er hat seine Neutralität aufgegeben und ein Gremium
unterstützt, das ja auch aus der Sicht der Landesregierung weder der Regierung noch dem
Parlament diente, sondern den Parteien und ihrem Koalitionsvertrag zuzuordnen ist.


Es ist höchste Zeit, dass die Koalition signalisiert, dass sie zu einem geordneten parlamentari-
schen Verfahren zurückkehren wird. Das gesamte Parlament – Regierungsfraktionen wie
Opposition – müssen aufgeklärte Entscheidungen treffen können. Ein fruchtbarer und ergeb-
nisoffener Dialog ist aber nur möglich, wenn dem Landtag zumindest jene Hintergrundpapiere
zur Verfügung gestellt werden, die die Haushaltsstrukturkommission und der Landesrech-
nungshof erhalten haben. Daran müssten eigentlich auch die Kolleginnen und Kollegen der
regierungstragenden Fraktionen ein Interesse haben, denen ich ganz einfach nicht unterstellen
mag, dass sie auch ihr Verständnis von Parlamentarismus und Gewaltenteilung in der
Garderobe des Landtages abgegeben haben.