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08.07.10
12:50 Uhr
B 90/Grüne

Marret Bohn zu Frauen in Führung

Presseinformation

Landtagsfraktion Schleswig-Holstein Es gilt das gesprochene Wort Pressesprecherin Claudia Jacob TOP 33 – Frauen in Führung Landeshaus Düsternbrooker Weg 70 24105 Kiel Dazu sagt die frauenpolitische Sprecherin Telefon: 0431 / 988 - 1503 der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Fax: 0431 / 988 - 1501 Mobil: 0172 / 541 83 53 Marret Bohn: presse@gruene.ltsh.de www.sh.gruene-fraktion.de
Nr. 404.10 / 08.07.2010

Freiwillige Vereinbarungen und schöne Versprechen reichen nicht aus
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren,
Kinder, Küche und Kirche – auf diese Lebensinhalte möchte sich im 21.Jahrhundert kaum noch eine Frau konzentrieren. Frauen werden Bundeskanzlerin, Frauen fliegen ins Weltall, aber Frauen in den Führungsetagen der Wirtschaft müssen wir mit der Lupe suchen. Passt das noch in die heutige Zeit? Nein, das passt nicht in die heutige Zeit.
Für uns Grünen steht fest: Das wollen wir ändern. Die freiwillige Selbstverpflichtung der Wirtschaft ist gnadenlos gescheitert. Wer etwas anderes behauptet, verkennt die Reali- tät. Um den Anteil an Frauen in Führungspositionen zu steigern, streben die Konferen- zen der Gleichstellungs- und JustizministerInnen jetzt eine gesetzliche Regelung an. Die JustizministerInnenkonferenz hat sogar eine Arbeitsgruppe gebildet, um Worten Taten folgen zu lassen.
Schade, dass Schleswig-Holstein darin nicht vertreten ist. Wir hatten Justizminister Schmalfuß im Vorwege der Konferenz aufgefordert, sich der Hamburger Initiative für eine gesetzliche Quotenregelung anzuschließen. Die Chance ist verpasst. Und das, obwohl Sie, lieber Herr Minister Schmalfuß, bei Ihrer Vorstellung im Ausschuss bewie- sen haben, dass Sie als junger Familienvater Akzente für eine moderne Gesellschafts- politik gesetzt haben.
Wir reden vom demografischen Wandel, aber wo sind die Konsequenzen? Wir Grünen wollen nicht nur reden, wir wollen Konzepte sehen und wir wollen handeln. Der Fach- kräftemangel steht nicht mehr vor der Tür, er ist schon längst eingetreten.

Seite 1 von 2 Einige wenige Firmen haben begriffen und legen großen Wert auf transparente Vergü- tungsstrukturen und eine konsequente Förderung von Frauen. Und das ist der richtige Weg. Die Telekom macht es vor und hat eine verbindliche Frauenquote eingerichtet. Das zeigt, dass Frauen in Führungspositionen im ureigensten Interesse der Firmen sind. Und die Telekom begründet übrigens diese Quote nicht mit sozialem Engage- ment, sondern mit dem Fachkräftemangel.
Gleichstellungspolitik, moderne Gesellschaftspolitik und Wirtschaftspolitik unter einen Hut bringen – das ist die Herausforderung in einer älter werdenden Gesellschaft. In deutschen Großunternehmen beträgt der Frauenanteil in den Aufsichtsräten magere 7,8 Prozent. Das hat das Deutsche Institut der Wirtschaft festgestellt. Diese 7,8 Prozent haben ihr Mandat weniger der Unternehmensseite, sondern überwiegend Arbeitnehme- rInnenvertretungen und Gewerkschaften zu verdanken. Wenn wir uns die Vorstandspo- sitionen ansehen, platzt jede Illusion. In den 100 größten deutschen Unternehmen ließ sich 2007 nur eine Frau in Vorstandspositionen finden. Das ist ein Skandal, und das kann so nicht bleiben.
Wir müssen das Potential an hoch qualifizierten Frauen besser nutzen. Das Beispiel Norwegen zeigt, dass es funktionieren kann. Ein Staat, der seinen Verfassungsauftrag zur Gleichstellung ernst nimmt, kann viel erreichen. In weltweiten Vergleichen zur Gleichstellung belegt Norwegen Spitzenplätze. Erreicht wurde dies in den vergangenen 30 Jahren mit einem umfassenden System aus Quoten und aktiver Förderung. Seit An- fang 2006 muss eine neu gegründete norwegische Aktiengesellschaft eine Mindestquo- te an Frauen im Aufsichtsrat vorweisen. Bestehende Unternehmen hatten bis Ende 2007 Zeit, diese Vorgabe zu erfüllen. Und, sie haben es alle geschafft.
Wir können in Schleswig-Holstein viel von Norwegen und Skandinavien lernen. Daher freue ich mich, dass wir unseren Antrag gemeinsam mit dem SSW stellen. Die FDP wird sicherlich sagen: Wir wollen keine Quote. Aber liebe Kolleginnen und Kollegen, wo ist denn ihr alternativer Vorschlag? Die Vorschläge von CDU-Familienministerin Schrö- der zur Förderung von Frauen in der Führungsebene von Unternehmen sind viel zu kurz gedacht. Frauen stellen mehr als die Hälfte der Bevölkerung, warum soll da eine Quote bei 20 Prozent angesetzt werden?
Es geht auch anders: Herzlich begrüßen in der Fraktion derjenigen, die für eine moder- ne Gesellschaft stehen, möchte ich die Gruppe der CDU- und CSU-Frauen aus dem Bundestag. Ziel unseres Antrags ist, dass sich die Landesregierung auf Bundesebene, im Bundesrat und den entsprechenden Länderministerkonferenzen für eine sanktions- fähige Quotierungsregelung im Aktiengesetz einsetzt. Ziel ist, die Aufsichtsräte deut- scher Aktiengesellschaften bis 2015 verbindlich mit 50 Prozent Frauen zu besetzen.
Außerdem fordern wir Grünen endlich ein Gleichstellungsgesetz für die Privatwirtschaft. Aber unser Antrag lässt auch die Landesebene nicht aus der Pflicht. Bei der I-Bank und im Hochschulbereich besteht die Möglichkeit, aktiv die Gleichstellung von Frauen in Führungspositionen voran zu bringen. Gleiches gilt auch für die Beschäftigten im öffent- lichen Dienst. Das hat der dritte Gleichstellungsbericht gezeigt. Wir haben ihn auf grüne Initiative hin im Mai dieses Jahres in diesem Haus kritisch diskutiert. Sie werden sich erinnern. Wenn Ihnen unser Antrag zu ehrgeizig ist, dann stellen Sie uns ihr Konzept zur Gleichstellungspolitik vor. Die Gleichstellung ist noch lange nicht erreicht. Freiwillige Vereinbarungen und schöne Versprechen reichen nicht aus. Es gibt viel zu tun. Wir sollten uns in Schleswig-Holstein auf den Weg machen!

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