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07.07.10
12:53 Uhr
SPD

Bernd Heinemann zu TOP 23: Die Betreuung durch Hebammen muss sichergestellt werden

Presseinformation der SPD-Landtagsfraktion

Kiel, 07.07.2010 Landtag Es gilt das gesprochene Wort! Sperrfrist: Redebeginn aktuell
TOP 23, Erhalt der freiberuflichen wohnortnahen Geburtshilfe (Drucksache 17/654)

Bernd Heinemann:

Die Betreuung durch Hebammen muss sichergestellt werden

Wir stehen vor schwierigen Zeiten, wenn wir der Zukunft eine Chance geben wollen. Der demografische Wandel ist offensichtlich und die Rahmenbedingungen machen uns Sorgen und verlangen nach Einschnitten. Einer der Hoffnungsschimmer für eine gute Zukunft sind Frauen und Männer, die sich entscheiden, Kinder in unsere Welt zu setzen. Und weil wir darum wissen und diesen Eltern helfen wollen, Steine aus dem Weg zu rollen, bemühen wir uns zum Beispiel um die Optimierung der Kinderbetreu- ung.

Voraussetzung dafür bleibt aber die Bedingung, dass auch in Zukunft möglichst viele Kinder in unserem Land geboren werden. Nicht zuletzt deshalb sieht zum Beispiel das Mutterschutzgesetz den Anspruch auf eine umfassende Hebammen-Betreuung vor, und zwar vor, während und nach der Geburt. Besondere Ansprüche sind an Hausbetreuungen und Hausgeburten oder an Hilfen durch von Hebammen indizierte Geburtshäuser zu stellen.

Ich weiß nicht, ob ich je Vater von drei Kindern geworden wäre, wenn es nicht die Möglichkeit einer sanften und vor allem hoch qualifizierten Geburt mit Wunsch- und Wahlmöglichkeit durch eine freiberufliche Hebamme gegeben hätte.



Herausgeber: Landeshaus SPD-Landtagsfraktion Postfach 7121, 24171 Kiel Verantwortlich: Tel: 0431/ 988-1305/1307 E-Mail: pressestelle@spd.ltsh.de Petra Bräutigam Fax: 0431/ 988-1308 Internet: www.spd.ltsh.de -2-



Allein die enorme Kostensteigerung der Haftpflicht-Versicherungsbeiträge nach US-amerikanischem Standard zwingt immer mehr der bisher 700 Hebammen im Land zur Aufgabe ihrer freiberuflichen Tätigkeit. Schon ab diesem Monat ist damit zu rech- nen, dass mehr als 10 % der freien Hebammen keine Geburten mehr betreuen können und im nächsten Schritt stehen möglicherweise flächendeckend wohnortnahe kleine geburtshilfliche Abteilungen vor dem Aus.

Die Folgen kann man jetzt schon ahnen. Der durch biologische Gegebenheiten be- dingte Anteil von Kaiserschnitten in den Geburtskrankenhäusern ist von einst ca. 12 % auf inzwischen knapp 40 % gestiegen. Immer weniger Kinder kommen an Wochenen- den und Feiertagen zur Welt. Keine Schmerzen bei der Geburt, aber endlose Schmer- zen und Verwachsungsrisiken danach! Es muss dringend gehandelt werden – jetzt, meine Damen und Herren!

Mich hat allerdings die Antwort auf die Kleine Anfrage der Kollegin Ranka Prante schon sehr erstaunt. Klare Fragen werden mit einer Vorbemerkung oder mit abgewie- senen Zuständigkeiten beantwortet. Ob die Landesregierung Einfluss auf Verhand- lungspartner oder Vertragspartner nimmt, wurde von der Kollegin gar nicht gefragt. Die ungeschriebenen Antworten heißen doch schlicht: NEIN – wir nicht! Schade, sag ich da, denn an der Umsetzung des Mutterschutzes sind Sie ebenso interessiert wie am Engagement im Rahmen des Gesundheitsdienstgesetzes.

Ich gehe fest davon aus, dass Sie zum Versorgungsauftrag stehen. Ihr Einsatz für die Prävention ist uns allen hier im hohen Haus ohnehin bekannt, Herr Minister. Aller- dings: Wenn danach gefragt wird, wie Eltern ihren Anspruch auf Hebammen- Betreuung auch in Zukunft noch realisieren sollen, heißt Ihre Antwort sinngemäß: „Wat geit mi dat an!“ Ich bin mir sicher, dass Sie mögliche Eltern vor, während und nach der Geburt nicht allein lassen werden, Herr Minister Garg. -3-



Wir alle wollen sicher gemeinsam, dass der Kinderwunsch nicht durch fehlende He- bammenversorgung oder Reduzierung auf große Geburtskliniken im Keim erstickt!

Nicht die Tarife im Einzelnen, aber die Regelung der Berufstätigkeit der Hebammen und Entbindungspfleger ist weiterhin Ländersache und damit ist die Frage von möglichen Regressforderungen indirekt deutlich unser Thema. Wir müssen, außer immerhin der Berufsordnung der Hebammen und Entbindungspfleger und der Haf- tungssicherheit dieser Berufsgruppe, wenig beeinflussen. Sie sollten aber ermögli- chen, unterstützen und sicherstellen, dass es in Zukunft überhaupt noch Hebammen in ausreichender Zahl gibt, und damit junge Eltern ermutigen. Ihre Instrumente dafür kennen Sie selbst:

Ihren Einfluss in der Gesundheitsministerkonferenz in Hannover haben Sie genutzt und dies ist ein ermutigender Schritt Richtung Bund; danke dafür, Herr Minister.

Unabhängig davon sind aber auch eigene Programme oder zumindest Konzepte möglich, die wir auf den Weg bringen. Wir wollen die Erwartungen an unbesorgte und möglichst zahlreiche Geburten in diesem Land rechtfertigen, das ist sicher Partei übergreifend unbestritten. Auch der seit März 2007 mit den Landesgesundheitsbehör- den bestehende Meinungsbildungsprozess mit der Bundesregierung ist da sicher wei- terhin hilfreich.

An Ideen mangelt es wirklich nicht. So käme auf Bundesebene möglicherweise ein Si- cherungsfonds in Frage, an dem sich unterschiedliche Versicherungen und der Staat beteiligen könnten. Wir brauchen Impulse, Mut und den Rat von Verbänden und Kas- sen. Die Beteiligten werden Ihrer persönlichen Einladung an einen Runden Tisch si- cher auch schon im Sommer folgen, Herr Minister. -4-



Und bei dieser Gelegenheit können Sie sogar gleich noch eine Ungleichheit für unsere Beihilfeberechtigten aus dem Weg räumen, indem Sie dafür sorgen dass z. B. Beam- tinnen auf dem Verordnungsweg auch in den Genuss der erweiterten Hilfen rund um die Geburt kommen. Es geht auch hier schlicht um soziale Gerechtigkeit.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, machen wir den Menschen Mut zu mehr Geburten, zu mehr Kindern in Schleswig-Holstein!

Der zweite Teil meiner Rede sollte heißen: „Großen Teilen der freiberuflichen Hebam- men droht die Arbeitslosigkeit“ – leider fehlt mir die Zeit, diesen Teil des Problems auch noch ausreichend zu beleuchten.

Ich würde es begrüßen, wenn wir den Antrag mit einer Anhörung im Fachausschuss vertiefend behandeln, und erwarte ein zweigleisiges Vorgehen. Der Minister wirft sich schon mal vor die Hebammen und entwickelt Verbesserungsmöglichkeiten analog der Vereinbarungen von Hannover und wir stellen im Fachausschuss den weiteren Opti- mierungsbedarf fest. Ich bitte Sie um Unterstützung und beantrage die Überweisung unseres Antrages.