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07.07.10
10:55 Uhr
Linke

Heinz-Werner Jezewski zur finanziellen Situation der Kommunen in S-H: "In die Ecke, Besen, Besen."

Presseinformation 199/10 Jannine Menger-Hamilton
Rede von Heinz-Werner Jezewski zu TOP 48 – Pressesprecherin
DIE LINKE Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Finanzielle Situation der Kommunen Landtag Düsternbrooker Weg 70 Sperrfrist Redebeginn. 24105 Kiel
Telefon: 0431 / 9 88 16 02 Es gilt das gesprochene Wort. Telefax: 0431 / 9 88 16 18 Mobil: 0160 / 90 55 65 09 Kiel, 07. Juli 2010 presse@linke.ltsh.de
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Heinz-Werner Jezewski zur finanziellen Situation der Kommunen in S-H: „In die Ecke, Besen, Be- sen.“
„Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen,
manchmal kann einem diese Landesregierung schon leid tun. So schön schien es doch im Herbst letzten Jahres. Eine Mehrheit – knapp zwar – aber immerhin. Endlich konnte man der eigenen Klientel einmal etwas Gutes tun. Frei nach Goethe: „Wie das Becken schwillt! Wie sich jede Schale voll mit Wasser füllt!“
Doch das Hochgefühl ist schnell verflogen, spätestens wenn mein einen Blick auf die Verhältnisse im Lande wirft. Was sich derzeit in den Kommunen Deutschlands abspielt ist mit 17 Prozent weni- ger Einnahmen und 5 Prozent mehr Ausgaben im ersten Quartal des Jahres gegenüber 2009 nur dürftig beschrieben. Allein was der Bund jetzt an „Sparprogramm“ aufsetzt führt zu weiteren Mehrausgaben bei den Kommunen, die in ihren Konsequenzen noch gar nicht abzusehen sind.
Zunächst wurde den Kommunen bereits die Halbierung der Städtebauförderung angetan, dann sol- len Kürzungen der Heizkostenzulage folgen und dann als „Schmankerl“ der Wegfall der Rentenzus- chüsse für Hartz-IV-Empfänger. Und als I-Tüpfelchen kommen noch Streichungen beim Wohngeld hinzu. Das wird zum einen den Ärmsten angetan, die sich kaum wehren können und nicht zur Klien- tel der schwarz-gelben Regierung gehören. Das wird aber auch den Kommunen angetan, die vorne und hinten nicht mit ihren Finanzen klar kommen, weil sie mangels Masse gar nicht damit klar- kommen können.
Ein funktionierendes Gemeindewesen aufrecht zu erhalten ist bei sinkenden Steuereinnahmen und gleichzeitig steigenden Ausgaben unmöglich. Im Ergebnis „spart“ der Bund so auf Kosten der Kom-

Diese und alle weiteren Presseinformationen der Fraktion DIE LINKE finden Sie auf http://www.linksfraktion-sh.de munen, und diese geben ihrerseits den Druck an die Bürger weiter. Nicht, weil sie das wollen, son- dern weil sie dazu gezwungen werden.
Ich sehe mich da mit Kommunalpolitikern aller Parteien einig und für bemerkenswert halte ich es, dass sogar Petra Roth als CDU-Oberbürgermeisterin und Vorsitzende des deutschen Städtetages diese Meinung teilt.
Höhere Gebühren, höhere Abgaben, weniger Leistungen! Am Ende will schwarz-gelb eigentlich nur hören, wie teuer und wie schlecht öffentliche Leistungen sind und dass die Privaten alles besser können. Das „Sparpaket“ der Landesregierung wird, wenn es denn verabschiedet wird, diese ka- tastrophalen Wirkungen noch verstärken. Auch das Land will auf Kosten der Kommunen „sparen“. Die Kommunen werden ausbluten und das Sparen wird zehntausende Arbeitsplätze kosten.
Rechnen sie doch mal hoch, was die kumulierten Sparanstrengungen des Bundes, der Landesregie- rung kosten: Das ist in Arbeitsplätzen zu beziffern, das was sie machen ist aktiver Arbeitsplatzaub- bau. Und auf jeden von dieser Landesregierung direkt vernichteten Arbeitsplatz kommen weitere: Bei der Industrie, bei den Kaufleuten und Dienstleistern, die weniger Umsatz haben werden.
Man spart an der Existenz der Bevölkerung und den Existenzen der Menschen in unserem Land. Da- zu kommen Steuermindereinahmen und Mehrausgaben für Arbeitslose. Ihr Sparpaket ist ein Exis- tenzvernichtungspaket.
Die Wahrheit ist, dass jeder ausgegebene Steuer-Euro Wie ein Multiplikator wirkt und mindestens das anderthalbfache an wirtschaftlicher Wirkung erbringt. Es ist einzig dummes und unbedarftes Gerede, von einem Ausgabenproblem zu reden. Um es ganz deutlich zu sagen:
Wir haben ein Einnahmeproblem und nichts anderes. Wer auf hunderte Milliarden an Steuerein- nahmen verzichtet und das bestreitet, der belügt die Menschen in unserem Land, einzig und allein um seine Klientel zufrieden zu stellen.
Das einzig sinnvolle ist es daher, die hohen Einkommen stark zu besteuern, um die Wirtschaftskraft in der Rezession zu stärken. Denn sinkende Staatsausgaben führen zu überpropotional sinkenden Staatseinnahmen. Was aber haben die Regierungen im Bund seit 1998 getan? Die Steuern für Großverdiener gesenkt: Das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 vom 14.8.2007 kostet die Kommunen im Lande im Jahr 2010: 32,7 Millionen Euro. Das Gesetz zur Schaffung einer Nachfolge- regelung und Änderung des Investitionszulagengesetzes 2007 vom 7.12.2008 kostet die Kommunen im Lande im Jahr 2011: 2,7 Millionen Euro. Jahressteuergesetz 2009 (JStG 2009) vom 19.12.2008 Diese und alle weiteren Presseinformationen der Fraktion DIE LINKE finden Sie auf http://www.linksfraktion-sh.de kostet die Kommunen im Lande im Jahr 2011: 9,3 Millionen Euro. Das „Konjunkturpaket I“ kostet die Kommunen im Jahre 2010 63,7 Millionen Euro.
Hinzu kommen die Einnahmeausfälle aus sonstigen Maßnahmen:
Das Gesetz zur Förderung von Familien und haushaltsnahen Dienstleistungen (Familienleistungsge- setz- FamLeistG) vom 22.12.2008 kostet 18,3 Milionen Euro. Gesetz zur Sicherung von Beschäfti- gung und Stabilität in Deutschland vom 2.3.2009 „Konjunkturpaket II“ kostet 2010 die Kommunen 33,8 Millionen. Das Gesetz zur Beschleunigung des Wirtschaftswachstums (Wachstumsbeschleuni- gungsgesetz) vom 22.12.2009 kostet die Kommunen 58,4 Millionen Euro.
Damit ist längst nicht Schluss. Zusammengenommen verlieren die Kommunen 2010 über 284 Mil- lionen, 2011 288 Millionen und 2012 260 Millionen, allein durch Bundesgesetze und das entspricht dann 6.000 Vollzeitstellen. Und jetzt soll das Sparprogramm des Landes kommen, das nochmal so viele Stellen kosten wird.
Seitdem die Politik der Steuersenkungen für Superreiche, der Ermutigung der Banker zum Betrug und der Fehlsteuerung der verbliebenen Mittel in wertlose Kreditpapiere 2008 an die Wand gefah- ren ist, geht schwarz-gelb zum wirtschaftspolitischen Amoklauf über. Die Landesregierung beab- sichtigt das Land und die Kommunen zu ruinieren, um eine vermeintlich schöne neue Wirtschafts- welt erstehen zu lassen. Langsam wird der Bevölkerung ihr Spiel aber klar:
Als Erstes Steuersenkungen für Superreiche seit der Regierung Schröder mit der Folge hoher Staats- verschuldung. Danach das Scheinargument, wir könnten uns den Sozialstaat nicht mehr leisten – es muss gespart werden. Gleichzeitig irrsinnige Transfers an Banker, die Millionen-Boni aus den Steu- ereinnahmen nach Hause schleppen. Allein bis Ende 2009 wurden 100 Milliarden an Banker ausge- zahlt.
Nun droht die Überschuldung und erneut kommt die Drohung, wir könnten uns leider den Sozial- staat nicht mehr leisten und die Kommunen nicht mehr leisten und die vielen Kreise nicht mehr leisten. Das Alles, meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen, wissen Sie doch längst selbst. Man hört und liest es doch, wenn Sie sich mit den Folgen Ihrer Sparanstrengungen beschäf- tigen. Der gute alte Gothe hat Ihren Gemütszustand so festgehalten: „Nein, nicht länger kann ichs lassen; will ihn fassen. Das ist Tücke! Ach! nun wird mir immer bänger! Welche Mine! welche Bli- cke!“

Diese und alle weiteren Presseinformationen der Fraktion DIE LINKE finden Sie auf http://www.linksfraktion-sh.de Aber glauben Sie nicht, dass irgendwann der alte Meister um die Ecke kommen würde. Stellen Sie sich auf die Straßen, reden Sie mit den Menschen, gehen Sie in die Kommunalparlamente und re- den Sie mit haupt- und ehrenamtlichen Kommunalpolitikern. Die alle werden Ihnen das Gleiche sa- gen: Ihr Kurs geht in die Irre, man will Sie nicht mehr, Schwarz-Gelb hat das kleine Bisschen Ver- trauen aus dem Herbst 2009 furios verspielt und steht heute ohne jeden Rückhalt innerhalb der Ge- sellschaft da.
Schauen Sie auf die Straße, wenn im September hier die nächsten Großdemonstrationen stattfin- den: Sie sind am Ende. Doch auch ich habe keine Hoffnung, dass Sie das einsehen werden. Am Ende wird wohl das Landesverfassungsgericht kommen müssen, um den guten Ausgang dieses Dramas zu erreichen. Denn am Ende wird – zumindest bei Goethe – ja doch noch alles gut:
In die Ecke, Besen, Besen! Seids gewesen.
Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.“



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